Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
Platz zum Ausruhen.«
»Und ich bin eine schlechte Gastgeberin, da ich ihm nichts dergleichen angeboten habe.« Averil atmete hörbar aus. »Dann lass uns gehen. Zusammen.«
Er äußerte keine Einwände. Trotz ihres Ärgers über ihn hatte sie seit einem Jahr zum ersten Mal wieder das Gefühl, als würde die Welt sich in ihrer richtigen Umlaufbahn befinden. Gereint stand hinter ihr. Endlich war sie wieder wirklich sicher.
Kapitel 20
er Junge des Myrddins wirkte auf den ersten Blick wie jeder andere adlige Page, aber um ihn umgab ein merkwürdiger Schimmer. Er erinnerte an ein Wildvolkwesen, obwohl Averil noch keinem begegnet war, das so menschenähnlich aus-ah.
Er oder es sprach nicht, als sie höflich grüßte. Er erhob sich von der Bank und verbeugte sich, dann bedeutete er ihr mit einer Handbewegung, ihm zu folgen. Er bewegte sich so schnell, dass sie Mühe hatten zu folgen, dennoch verloren sie ihn nie ganz aus den Augen. Averil versuchte, sich auf all die Kehren und Flure zu konzentrieren.
Zu ihrer Überraschung verließen sie den Palast nicht, obwohl er ihr plötzlich seltsam und fremdartig erschien. Sie waren in eine Art Anderswelt gelangt, oder vielleicht befanden sie sich in einem Zeitstrudel. Die Luft schien schwer, fast wie Wasser; sie bewegten sich langsam hindurch, im verzögerten Tempo eines Traumes.
Sie verließen ein Labyrinth aus Korridoren und erklommen eine Wendeltreppe. Sie war aus Eschenholz gemacht, und die Macht, die darin schlummerte, erinnerte Averil an die alten Geschichten über den Weltbaum, der vor dem Fall der Schlange in den Nordländern gestanden hatte. Es gab hier weder Glas noch Eisen noch andere Metalle. Alles war aus Holz. Die Tür am oberen Ende der Treppe, vor der sie stehen blieben, um nach dem Aufstieg zu verschnaufen, wurde mit Holzzapfen zusammengehalten; kein einziger Nagel war zu sehen, nichts aus Metall oder Stein.
Der Raum hinter der Tür war rund und hoch, ein Turmzimmer, und während Treppe und Tür nur aus Holz bestanden, war hier alles aus Stein. Auch in diesem Raum schimmerte nicht das kleinste bisschen Glas; die hohen, schmalen Fenster hatten weder Glas noch Läden und ließen die Luft frei hereinströmen. Die Säulen, von der die Deckenkuppel gehalten wurde, waren steinerne Skulpturen und bildeten Eichbäume, Eschen und Weißdorn ab. Averil hätte schwören können, dass sich etwas zwischen den Ästen herumschlängelte.
Sie sah Schlangen in allen Astgabeln. Dies waren nur kahle Steinbäume, die eine Kuppel stützten wie das Himmelsgewölbe. In der Tat war in der Mitte ein Stück Himmel zu sehen, ein Kreis aus verschwommenem Grau. Es war ein seltsamer kahler Raum ohne Feuerstelle oder Möbelstücke, doch das Merkwürdigste war, dass es nicht kalt war. Sie konnte den Kuss des Regens auf den Wangen spüren, als sie die Fenster passierte, und ein Graupelschauer prasselte auf die Kuppel nieder, aber die Luft war warm und lieblich. Sie roch wie ein Wald im Frühling.
Wenn sie die Augen schloss, konnte sie Sonnenschein auf ihrem Gesicht fühlen und den Duft von Gräsern und Blumen riechen. Das Prasseln des Schneeregens wurde zum sanften Geplätscher eines Baches.
Sie hätte diese Welt derjenigen vorgezogen, die ihre Augen ihr zeigten, aber es war nicht ihre Art, vor der Wahrheit zurückzuschrecken, wie absonderlich sie auch sein mochte. Sie öffnete die Augen und erblickte den Mann, der am anderen Ende der Halle stand, kaum auszumachen im dämmerigen Licht und dem aufsteigenden Nebel.
Der Anblick löste Widerwillen in ihr aus. Er war ein großer, breitschulteriger Mann in schlichter, dunkler Kleidung. Sie verscheuchte den Nebel mit einem Zauberwort und einer Handbewegung und schleuderte ein Hexenlicht hinterher.
Dann erkannte sie den Mann, der dastand und sie anlächelte, als wäre er stolz auf ihr kleines Zauberkunststück. Sein Anblick erschreckte sie; sie trat hastig zurück in Gereints sichere Nähe.
Instinktiv umschloss er sie mit seinen Armen. Seine Überraschung und plötzliche Freude sprudelte durch ihren Körper. »Messire Perrin! Ihr seid also der Magier der Königin?«
»Ich bin der Falke auf der Bergspitze«, erwiderte der Magier. Er wirkte genauso erfreut wie Gereint.
Averil konnte ihre Wiedersehensfreude nicht teilen. Bei ihrem letzten Zusammentreffen mit diesem Mann — sie bezweifelte, ob man ihn überhaupt so bezeichnen konnte — hatte er für die überlebenden Ratter Gastgeber gespielt, weit weg in den Wildländern. Er war so voll von
Weitere Kostenlose Bücher