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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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einfach so, als kämen wir von irgendeinem anderen Ort in ihrer Welt. Gut, dass hier keine Erwachsenen sind. So können wir kommen und gehen, ohne dass uns jemand bemerkt. Aber in meiner Welt musst du genau tun, was ich dir sage. Und zuerst wäschst du dich. Du musst sauber aussehen, sonst fällst du auf. Wir müssen immer unauffällig sein, egal wo wir hingehen. Wir müssen aussehen, als gehörten wir so selbstverständlich dazu, dass man uns gar nicht bemerkt. Wasch dir also jetzt die Haare. Im Badezimmer ist Shampoo. Danach suchen wir dir andere Kleider.«
    »Aber ich weiß nicht wie«, sagte Lyra. »Ich habe mir noch nie die Haare gewaschen. In Jordan hat das die Haushälterin getan und danach brauchte ich es nicht mehr zu tun.«
    »Dann musst du es eben herausfinden«, sagte er. »Wasch dich einfach ganz. In meiner Welt sind die Menschen jeden  falls sauber.«
    »Hmmm«, sagte Lyra und stieg die Treppe hinauf. Von ihrer Schulter funkelte Will böse das Gesicht einer Ratte an, aber er erwiderte den Blick ungerührt.
    Ein Teil von ihm wollte durch den stillen, sonnigen Morgen wandern und die Stadt erkunden, ein anderer zitterte vor Angst um seine Mutter, und ein weiterer war noch wie benommen vor Entsetzen darüber, dass er jemanden umgebracht hatte. Und über allem lag wie ein Schatten die Aufgabe, die er vor sich hatte. Aber Beschäftigung tat gut, und während er auf Lyra wartete, räumte er in der Küche auf, wischte den Boden nass und leerte den Müll in den Eimer, den er in der Gasse draußen gesehen hatte.
    Dann holte er die grünlederne Schreibmappe aus der Einkaufstasche und sah sie verlangend an. Sobald er Lyra gezeigt hatte, wie man durch das Fenster nach Oxford gelangte, würde er zurückkommen und nachsehen, was in der Mappe war. Bis dahin versteckte er sie unter der Matratze des Bettes, in dem er geschlafen hatte. In dieser Welt war sie sicher.
    Als Lyra nass und sauber herunterkam, machten sie sich gemeinsam auf die Suche nach einigen Kleidern für sie. Sie fanden ein Kaufhaus, heruntergekommen wie alles andere, mit Kleidern, die Will ziemlich altmodisch vorkamen, und sie suchten für Lyra einen karierten Rock und eine grüne, ärmellose Bluse mit einer Tasche für Pantalaimon aus. Lyra weigerte sich, Jeans zu tragen, und sie glaubte Will nicht, als er ihr sagte, dass die meisten Mädchen das taten.
    »Das sind Hosen, du Idiot«, sagte sie, »Ich bin doch ein Mädchen.«
    Er zuckte die Schultern; der karierte Rock sah unauffällig aus, und das war die Hauptsache. Bevor sie gingen, ließ Will einige Münzen in die Kasse hinter der Theke fallen.
    »Was tust du da?«, fragte Lyra.
    »Zahlen. Man muss bezahlen, was man einkauft. Tut man das in deiner Welt nicht?«
    »In dieser hier jedenfalls nicht! Ich wette, die anderen Kin  der bezahlen nichts.«
    »Mag sein, aber ich tue es.«
    »Wenn du anfängst, dich wie ein Erwachsener aufzuführen, holen dich die Gespenster«, sagte sie, unsicher, ob sie ihn schon ärgern durfte oder noch vor ihm Angst haben musste.
    Im Tageslicht sah Will, wie alt und zum Teil baufällig die Gebäude im Herzen der Stadt waren. Löcher in der Straße waren nicht repariert worden, Fenster waren zerbrochen, der Putz bröckelte. Und doch begegnete einem auf Schritt und Tritt die Schönheit und Pracht vergangener Tage: Durch Tor  bögen blickten sie in weitläufige, grün zugewucherte Höfe, und einige größere Gebäude sahen aus wie Paläste, auch wenn die Treppen zerborsten waren und die Türrahmen lose in den Wänden hingen. Es sah so aus, als würden die Einwohner von Ci’gazze ihre Häuser lieber endlos reparieren, als sie abzureißen und neue zu bauen.
    Sie kamen zu einem Turm, der allein auf einem kleinen Platz stand. Er war das älteste Bauwerk, dass sie bis dahin gesehen hatten: ein einfacher, von Zinnen bekrönter, vierstöckiger Turm. Wie er da so stumm in der hellen Sonne stand, er  regte er ihre Neugier, und beide fühlten sich unwillkürlich zu der halb offenen Tür am oberen Ende einer breiten Treppe hingezogen; sie sagten einander aber nichts davon, sondern gingen zögernd weiter.
    Als sie zu dem breiten Boulevard mit den Palmen kamen, ließ Will Lyra nach einem kleinen Eckcafe Ausschau halten, vor dem auf dem Gehweg grüngestrichene Metalltische standen. Lyra fand es sofort. Im Tageslicht sah es kleiner und schäbiger aus, aber es war dasselbe Cafe mit der zinkverkleideten Theke, der Espressomaschine und dem nur halb aufgegessenen Risotto, das jetzt in der

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