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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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sagte Lyra. »Willst du das zuerst, oder soll ich dir zuerst einen neuen Verband anlegen? Ich tue, was du willst. Und in der Speisekammer sind Eier, nur Baked Beans kann ich nicht finden.«
    »In Häusern wie diesem gibt es keine Baked Beans. Verband zuerst. Kommt hier irgendwo heißes Wasser aus dem Hahn? Ich möchte mich waschen. Ich kann es nicht ausstehen, überall mit diesem … Zeug bedeckt zu sein.«
    Lyra ließ heißes Wasser einlaufen, und er zog sich bis auf die Unterhose aus. Er war zu schwach und schwindlig, um deshalb verlegen zu sein, aber Lyra war es peinlich, und sie ging hinaus. Er wusch sich, so gut er konnte, und trocknete sich dann mit den Geschirrtüchern ab, die an einer Schnur am Herd hingen.
    Lyra kam mit einigen Kleidern für ihn zurück, einem Hemd, einer Leinenhose und einem Gürtel. Er zog sie an, und Lyra riss ein frisches Geschirrtuch in Streifen und machte ihm wieder einen festen Verband. Sie machte sich große Sorgen wegen seiner Hand, denn die Wunden bluteten immer noch stark, und der Rest der Hand war dick geschwollen und rot. Doch da Will nichts sagte, sagte sie auch nichts.
    Sie machte Kaffee und toastete einige Scheiben altbackenes Brot, dann trug sie beides in den großen Salon auf der Vorderseite des Hauses, von dem man über die Stadt blickte. Als Will gegessen und getrunken hatte, fühlte er sich etwas besser.
    »Frag doch das Alethiometer, was wir als Nächstes tun sollen«, schlug er vor. »Hast du es überhaupt schon etwas gefragt?«
    »Nein«, sagte sie. »Ab jetzt tue ich nur noch das, was du willst. Ich wollte es gestern Abend fragen, habe es aber nicht getan. Und ich frage es auch erst, wenn du willst.«
    »Dann frag es jetzt«, sagte er. »In dieser Welt hier ist es nicht weniger gefährlich als in meiner. Da ist einmal Angelicas Bruder. Und wenn –«
    Er brach ab, weil Lyra angesetzt hatte etwas zu sagen, doch verstummte sie im selben Moment wie er. Dann gab sie sich einen Stoß.
    »Will, gestern ist etwas passiert, das ich dir nicht sagen wollte. Ich hätte es tun sollen, aber es passierten so viele andere Dinge. Entschuldigung …«
    Und sie erzählte ihm, was sie durch das Turmfenster gesehen hatte, während Giacomo Paradisi Will verbunden hatte: wie Tullio von den Gespenstern angefallen worden war, wie Angelica zu ihr hinaufgesehen und sie hasserfüllt angestarrt hatte und wie Paolo ihr gedroht hatte.
    »Weißt du noch unsere erste Unterhaltung mit ihr? Ihr kleiner Bruder erzählte, was die Kinder taten. Er sagte: ›Er will –‹, und Angelica ließ ihn nicht ausreden, sondern gab ihm eine Ohrfeige, erinnerst du dich? Ich wette, er wollte sagen, dass Tullio das Messer wollte und dass die Kinder deshalb hergekommen waren. Denn wenn sie das Messer hätten, wären sie gerettet, sie brauchten auch als Erwachsene keine Angst vor den Gespenstern zu haben.«
    »Wie sah er aus, als er angefallen wurde?«, fragte Will, und zu Lyras Erstaunen beugte er sich vor und sah sie eindringlich an.
    »Er …« Sie versuchte, sich ganz genau zu erinnern. »Er begann die Steine an der Wand zu zählen. Es sah aus, als taste er sie ab … Aber er konnte die Gespenster nicht aufhalten. Und dann interessierte ihn das auch nicht mehr, und er hörte auf. Und dann bewegte er sich überhaupt nicht mehr.« Als sie Wills Gesicht sah, fragte sie: »Warum?«
    »Weil … weil die Gespenster vielleicht aus meiner Welt kommen. Wenn sie dafür verantwortlich sind, dass Leute sich so benehmen, würde es mich überhaupt nicht wundern, wenn sie aus meiner Welt kämen. Wenn das erste Fenster, das die Leute von der Zunft öffneten, in meine Welt führte, hätten die Gespenster durch dieses Fenster hereinkommen können.«
    »Aber in deiner Welt gibt es doch keine Gespenster! Du hast doch nie von ihnen gehört, oder?«
    »Vielleicht heißen sie nur nicht Gespenster. Vielleicht haben wir einen anderen Namen für sie.«
    Lyra verstand nicht, was er meinte, wollte aber nicht weiter in ihn dringen. Seine Wangen waren gerötet und seine Augen glänzten fiebrig.
    »Wichtig ist jedenfalls, dass Angelica mich an diesem Fenster gesehen hat«, fuhr sie fort und wandte sich ab. »Sie weiß jetzt, dass wir das Messer haben, und wird es den anderen Kindern erzählen. Sie wird uns die Schuld daran geben, dass ihr Bruder von den Gespenstern angegriffen wurde. Tut mir Leid, Will, ich hätte es dir früher sagen sollen. Aber da waren so viele andere Dinge …«
    »Ist gut«, sagte er, »ich glaube nicht, dass es einen

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