Das magische Portal - Weltennebel
einer dicken Eichenholztür.
»Vielleicht sollte ich vorausgehen«, meinte Hauptmann Torgal und hielt sein gezogenes Schwert in der Hand.
»Ich dachte, niemand konnte hier herein«, erwiderte Darian abwesend und öffnete die Tür. Es war stockdunkel. Muffige, abgestandene Luft, ähnlich wie in einem Museum, schlug ihm entgegen. Als eine Ratte über Darians Füße huschte, zuckte er zusammen.
Torgal befahl zwei Dienern, Fackeln zu entzünden, und geisterhaft hallten die Schritte der beiden Männer in der Finsternis wider. Hier und da flammten ihre Fackeln auf, konnten den großen Raum jedoch nicht ganz erhellen. Erst als weitere Fackeln und große Kerzen in geschmiedeten Kandelabern entzündet worden waren, drang deren Licht langsam auch in die entlegenen Winkel der Eingangshalle vor. Der Boden war von einer dicken Staubschicht bedeckt, hier und da lagen sogar noch halb verrostete Waffen oder Kleidungsstücke herum. Stumme Zeugen der Gräueltaten, die vor langer Zeit an diesem Ort verübt worden waren. Ein dicker Kloß bildete sich in Darians Kehle, als er sich auszumalen versuchte, wie der Überfall auf seine Familie stattgefunden hatte, doch es überstieg seine Vorstellungskraft.
»Richtet eines der Zimmer so her, dass der König es bewohnen kann«, befahl Torgal mit seiner festen, dunklen Stimme, und die Diener huschten rasch die breite Treppe am Ende der Halle hinauf. Der Hauptmann stand unentschlossen vor dem jungen König, der alles stumm musterte.
»Es wird nicht lange dauern«, versicherte Torgal.
»Ich will mir die Burg ansehen.«
Torgal hielt Darian am Arm fest. »Es ist spät, Ihr solltet bis morgen warten. Es könnte …«, der Hauptmann zögerte sichtlich es auszusprechen, »… euch ein unangenehmer Anblick erwarten.« Zunächst stutzte Darian, dann aber erinnerte er sich daran, dass es vor fünfundzwanzig Jahren grausame Kämpfe gegeben hatte und Torgal ihn wohl vor dem Anblick möglicherweise herumliegender Skelette bewahren wollte. Dennoch nahm Darian ohne auf Torgals Worte zu achten eine Fackel und ging auf eine weitere große Tür zu. Der Hauptmann folgte ihm eilig.
Als Darian die hölzerne Tür aufstieß, hallte es unheimlich durch das ganze verlassene Gebäude. Darian stand im Thronsaal, und der Hauptmann entzündete rasch die alten Kerzen, die noch an den Wänden hingen. Die kleinen Flammen flackerten heftig, denn eines der Fenster, welche zum Meer zeigten, war eingeschlagen worden, und man konnte das Donnern der Wellen hören. Das spärliche Kerzenlicht verursachte tanzende Schatten und enthüllte verdorrte Blätter, die auf den dick mit Staub bedeckten Marmorfliesen lagen.
Wie in Trance ging Darian auf den Thron zu, der aus Holz geschnitzt, kunstvoll gearbeitet und mit silbernen Applikationen verziert war. Mit einer Hand strich er über die Lehne, ohne sich jedoch hineinzusetzen.
Hauptmann Torgal fand einige alte Holzscheite und entzündete diese im großen offenen Kamin. Dann zog er einen der schweren, staubigen Vorhänge vor das kaputte Fenster, woraufhin der Wind ein wenig abgehalten wurde.
Stumm und von starken Emotionen überflutet schritt Darian an der Wand entlang. In großen Bilderrahmen hingen Ölgemälde von Männern und Frauen in edlen Kleidern, manche von ihnen saßen auf Pferden, manche auf dem Thron. Auch Schlachtenszenen aus vergangenen Tagen waren darunter.
»Sind das meine Vorfahren?« Beim Klang seiner Stimme zuckte Darian unwillkürlich zusammen. In dem großen Raum hallte sie unnatürlich laut.
Torgal trat neben Darian und deutete auf ein Gemälde, welches einen Kampf mit gewaltigen, klobigen Wesen zeigte, die derbe Gesichter und eine grünlich-graue Haut hatten. »Das war Euer Großvater Isarius bei einer Schlacht gegen Trolle. Man sagt von ihm, dass er sich vor nichts und niemandem fürchtete. Er war immer einer der Ersten, die in den Kampf gezogen sind.« Torgals Finger wanderte weiter zum nächsten Bild, auf dem ein großer Mann mit dunkelblonden Haaren zu sehen war. Er stand neben einer dunkelhaarigen Frau, die ein Baby im Arm hielt. »Dies ist Euer Vater mit seiner ersten Frau. Das Kind ist Atorian.«
Stumm versuchte Darian etwas von sich selbst in dem Bild seines Vaters zu erkennen. Die Haarfarbe und vielleicht auch etwas von den Gesichtszügen ähnelten ihm. Darians Blick wanderte weiter. Auf dem folgenden Gemälde befand sich die Ölzeichnung einer Frau, die auf dem Rücken eines Pferdes saß. Sie trug ein dunkelgrünes Kleid und hatte ihre hellbraunen
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