Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou
Warnung.«
»Und wovor wird mit solch einem drastischen Attentat gewarnt? Es sind ein Dutzend Menschen dabei umgekommen!«
»Angeblich werden seit einiger Zeit die verabredeten Schmiergelder von den Franzosen nicht mehr gezahlt. Dabei handelt es sich um einige Millionen Euro. Und wenn das Militär dahintersteckt, dann warten sehr hochgestellte Leute aus der Regierung auf das Geld.«
»Die Bombe explodierte vor dem Ingenieurbüro, das Hariri gehört. Verteilt er die Schmiergelder?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Ali. »Aber es könnte schon sein, dass er dafür zuständig ist.«
Jacques schüttelte den Kopf. Das klang absurd. Aber vielleicht regelte man in diesem Land solche Dinge mit Gewalt, und da der Bus der Franzosen eindeutig Ziel der Bombe gewesen war, kann es wirklich ein Schreckschuss in Richtung Frankreich gewesen sein. Kommt euren Zusagen nach! Bei solchen Milliardenverträgen ging es immer, und zwar wirklich immer um Bestechung mit hohen Summen.
Der ehemalige französische Außenminister Roland Dumas, den er einmal bei einem Essen mit Margaux im Restaurant »Lipp« getroffen hatte, als die mit dem ehemaligen Vertrauten von Präsident Mitterrand ein Hintergrundgespräch führte, erzählte eine besonders absurde Geschichte:
Frankreich verkaufte zwei Fregatten an Taiwan. Er, Außenminister Dumas, sperrte sich strickt gegen das Geschäft, weil er fürchtete, es würde die Beziehungen zur kommunistischen Volksrepublik China auf lange Zeit belasten. Aber Präsident François Mitterrand stimmte dem Vertrag auf Drängen von Premierminister Michel Rocard zu. Und es gab keine Verstimmung mit Peking, weil die kommunistische Partei dort hundert Millionen Dollar Schweigegeld aus dem Geschäft erhielt. Hundert Millionen, die in der Kaufsumme versteckt und von Taiwan bezahlt worden waren.
Und in den Milliarden, die im TGV -Geschäft zwischen Frankreich und Marokko fließen, werden sicherlich im Kaufpreis auch einige Millionen versteckt sein, die an Würdenträger in Marroko gehen sollten. Aber wie glaubwürdig waren Ali und seine angeblichen Quellen?
»Wenn das richtig ist, dann ist Ihre Information sehr viel wert«, sagte Jacques. »Ich frage mich, wie wir weiterkommen. Ich müsste mit Ibrahim Rossi sprechen und am liebsten mit Hariri selbst. Aber wie komme ich an den ran?«
»Können Sie sich vorstellen, dass meine Recherche zehntausend Euro wert ist?«, fragte Ali.
Das Geschacher stimmte Jacques unwirsch. Aber das durfte er Ali gegenüber nicht zeigen. Das sei sehr viel Geld, murmelte er, das könne er allein nicht entscheiden, und solch eine hohe Summe trage er auch nicht bei sich.
»Ich könnte Ihnen noch weiter helfen«, sagte Ali, »denn durch meine Quelle beim DST weiß ich, wo Hariri und Rossi sich heute treffen, um über die Folgen des Attentats zu sprechen. Auch die wissen ja, was hinter der Bombe steckt.«
»Ist Rossi von der Polizei wieder freigelassen worden?«
»Gestern Abend noch. Für fünftausend Dirham. Es liegt ja auch wirklich nichts gegen ihn vor.«
Für ihn hatte Jil zehnmal so viel gezahlt, dachte Jacques.
»Ich könnte Sie dorthin führen. Aber dabei riskiere ich, ins Fadenkreuz der Hintermänner des Attentats zu geraten. Ich müsste mich schon einige Monate absetzen können.«
Jacques nickte. Eine Paketlösung, wie er es nannte, könnte natürlich reichlicher entlohnt werden.
(K)ein Unfall
G egen vier Uhr kühlte es am Fuß des Atlasgebirges ein wenig ab.
Brahim hatte den Wagen im Schatten eines hohen Eukalyptusbaumes geparkt. Jacques und Ali saßen an einem Plastiktisch im »Café moderne« an der BP -Tankstelle eines kleinen Ortes und warteten.
Etwa zwei Kilometer entfernt führte eine Palmenallee von der verstaubten Landstraße in die Orangenhaine von Hariris Schwiegervater. Mitten in der vierzig Hektar großen Plantage stand eine alte Kasbah. Drei Stockwerke hoch, ein Quadrat mit je einem Turm an den Ecken. Nur Schießscharten nach außen.
»Hariri wohnt auf dem Gelände in einer modernen Villa, die er für sich und seine Frau dort gebaut hat«, sagte Ali. »Mit Pool und allem westlichen Luxus. Kennen Sie eigentlich die Geschichte seiner Frau?«
Jacques schüttelte den Kopf. Zwischen vier und fünf Uhr sollte Ibrahim Rossi sich mit Georges Hariri treffen. Dann wollte Jacques ihnen einen Besuch abstatten.
»Eine sehr schöne Frau«, sagte Ali, »als junges Mädchen hat sie in Paris studiert und war verlobt mit einem reichen Mann. Vielleicht kennen Sie seinen Namen.
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