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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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kläglich scheiterte, kaum eine Spur in den Stein zu ritzen vermochte.
    Den Maya galt Schokolade als das Getränk der Edlen, und Jade war ihr Schmuckstein - sie besaßen kein Gold, und das Ideal menschlicher Schönheit bestand in einem künstlich verflachten Schädel und schielenden Augen.
    Ich war inzwischen an der Pyramide angelangt und blickte an der gewaltigen Masse des Gebäudes empor, während ich den Platz davor überquerte. Mein Ziel war die höher gelegene Schotterstraße in der direkten Linie der nördlichen Treppe, auf der ich die gefiederte Schlange hatte hinabkriechen sehen, bis sie in Richtung des Zenote in der Erde verschwunden war.
    Auf den Stufen von Gebäuden wie der Pyramide sahen die Menschenmengen, die sich zu zeremoniellen Anlässen versammelten, ihre weltlichen und geistlichen Führer in ausgefallenen Kostümen Rituale von oft bizarrer Symbolik vollziehen - ein Häuptling, der sich den Stachel eines Rochen in den Penis stach, um Blut abzuzapfen, während sich seine Frau eine dornenbesetzte Schnur durch die Zunge zog. Bei anderen Gelegenheiten sahen sie, wie Gefangene enthauptet oder wie ihnen das Herz herausgerissen wurde, oder man bog ihnen das Rückgrat nach hinten, band sie und rollte sie die beinahe senkrechten Stufen der Pyramide hinab.
    Ich kam an der Stelle vorbei, wo Goldbergs Torso in der Nacht seiner Ermordung gelandet war, der erste Mensch in tausend Jahren, der ein solches Schicksal erlitt.
    Es war so warm, dass ich reichlich schwitzte und Moskitos anlockte, die wie Miniaturausgaben von Kamikazefliegern in mein Gesicht schwirrten. Aber wenigstens waren meine Beine bedeckt, und ich hatte die Enden der Hose als zusätzlichen Schutz noch in die Socken gestopft.
    Ich blieb stehen, um aus der Wasserflasche zu trinken, die ich in eine Seitentasche meines Rucksacks gesteckt hatte. Die Moskitos erinnerten mich wieder an das Madengeschwür, das sich so offenkundig schnell bei Deirdre entwickelt hatte. War eine Mutation der Dermatobia aufgetreten? Eine sich schneller entwickelnde Spezies, die auch Ken befallen hatte? Das war wilde Spekulation. Und es erklärte die Lähmung nicht, wie sie Maria beschrieb. Irgendein wissenschaftlicher Beweis musste her, und mein Ziel war es, mit einer Wasserprobe aus dem Zenote zu beginnen.
    Der Tzompantli, die Schädelplattform, befand sich nun zu meiner Linken und dahinter der Ballspielplatz. In der Ferne, irgendwo in der Umgebung des Platzes, hörte ich Stimmen. Ich hielt an und versuchte, einzuschätzen, ob sie auf mich zukamen oder sich entfernten. Es waren tiefe, männliche Stimmen, und sie schienen zu meiner Erleichterung an Ort und Stelle zu bleiben. Ich entschied, dass es sich wahrscheinlich um Aufseher handelte, die an der Arenamauer rauchten und ein Schwätzchen hielten. Und für den Fall, dass sie plötzlich ausschwärmten, hielt ich mich auf der im Schatten liegenden Seite des Schotterwegs, der zum Heiligen Brunnen führte. Die Stimmen wurden leiser, die nächtlichen Geräusche des Urwalds gewannen die Oberhand, und bald fühlte ich mich vollkommen allein auf meinem Weg zu der uralten Wunde in der Haut der Erde.
    Dann verbreiterte sich der Weg vor mir, und ich war nahe am Rand eines gähnenden Schlundes der Finsternis. Ringsum herrschte Stille in den Bäumen. Die Insekten, die ohne Unterlass gelärmt hatten, seit ich das Hotel verlassen hatte, blieben in der näheren Umgebung des Brunnens stumm.
    Ängstlich darauf bedacht, nicht auszugleiten, näherte ich mich dem Rand und blickte hinab. Tief unten spiegelte sich der Mond im vollkommen reglosen Wasser. Ich hatte bislang kaum Gebrauch von meiner Taschenlampe gemacht, aber nun knipste ich sie an, und im selben Moment erhob sich in der Ferne Jubel, gefolgt von Applaus.
    Als ich mich in die Richtung des Ballspielplatzes umwandte, sah ich Lichtschein am Himmel über den Bäumen. Mir kam der Gedanke, dass die Aufseher wohl Fußball spielten und dass ich mich beeilen sollte, weil das Spiel jeden Moment zu Ende sein konnte, und den Geräuschen nach würde es dann nur so von ihnen wimmeln auf dem Gelände.
    Ich fand einen Felsvorsprung, an den ich mich von unserem Tauchgang noch erinnerte und der ein Stück weit vom Rand des Brunnens über das Wasser ragte. Von dort richtete ich die Maglite nach unten, und der Strahl dehnte sich zu einem Kreis von rund drei Metern Durchmesser aus, wo er auf die Oberfläche traf. Dieses Mal flitzten jedoch keine Silhouetten von Fledermäusen über den Zenote.
    Ich legte die

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