Das mechanische Herz
sich, eine für Cristof anzündete. Dann zogen die beiden los. Laut klapperten die schweren Stiefel über den gekachelten Boden.
Bei der Treppe angekommen, die hinauf zu Alisters Büro führte, legte Taya Cristof warnend die Hand auf den Arm. „Halt!“, befahl sie. „Seht Euch das an!“
Auf einer Stufe lagen Erdklumpen. Cristof nahm einen davon auf, um ihn zwischen den Fingern zu zerkrümeln, ehe er einen Blick auf seine Stiefelsohlen warf.
„Auch wir hinterlassen eine Spur. Könnte die Erde hier von den Ikariern stammen, die bei der Evakuierung des Turms geholfen haben?“
„Ich glaube nicht. Jeder Ikarier wäre auf einem der Balkone gelandet, und dort liegt keine Erde. Vielleicht hat ein Liktor den Dreck mit hereingeschleppt.“
„Von den Angestellten im Turm kann es niemand gewesen sein. Die kommen mit der Drahtfähre herauf, und die legt direkt im Turm an.“ Cristof runzelte die Stirn. „Vielleicht sind während der Rettungsarbeiten Leute draußen herumgelaufen. Ich wüsste aber nicht warum.“ Er zog die Handschuhe aus und stopfte sie sich in den Gürtel, ehe er die Nadelpistole aus einer Tasche seines Fliegeranzugs hervorholte.
Taya verzog angewidert das Gesicht. „Ich bin froh, dass Ihr mir damit nicht beim Fliegen ins Bein geschossen habt!“ Oder beim Küssen.
„Die Pistole ist gesichert.“ Cristof richtete die Pistolenmündung auf den Boden und legte einen Hebel neben dem Abzug um.
„Erschießt mir bloß keinen unschuldigen Liktor, der hiergeblieben ist, um den Turm zu bewachen!“
„Ich werde mich vorsehen.“ Cristof schob sich an ihr vorbei die Treppe hinauf, immer wieder unwillig murrend, wenn einer seiner Flügel an der Wand des Treppenaufgangs entlangschabte. Er war es noch nicht gewohnt, „geflügelt“ zu denken. Taya, die ihm dicht auf den Fersen war, bewegte sich wesentlich geschickter durch die Treppenaufgänge und Flure.
Die Tür zu Alisters Büro war nicht abgeschlossen. Cristof drückte sie auf, warf einen Blick hinein und ließ Taya eintreten. Er folgte ihr.
„Eigentlich sieht es aus wie ...“ Taya blieb stehen, als ihr Blick auf einen leeren Fleck am Boden fiel. „Da drüben fehlt etwas.“
„Eine Schachtel?“ Cristof beugte sich über die kleine rechteckige Stelle und schob die Papiere daneben beiseite. „Kaum Staub. Was immer hier lag wurde erst vor kurzem entfernt. Kannst du dich erinnern, was es war?“
Taya sah sich die Bücher und Papiere, die den leeren Fleck umgaben, aus der Nähe an, konnte sich aber leider nicht mehr genau daran erinnern, wie dieser Teil des Zimmers ausgesehen hatte, als sie das letzte Mal hiergewesen war. Sie hatte sich an jenem Tag fast ausschließlich auf Alister konzentriert und nicht viel Zeit damit verbracht, sich umzuschauen. „Mal sehen. Was haben wir hier? Sitzungsprotokolle des Rates. Zwei Bücher über die Wirtschaftstheorie Si’siers, ein Buch über – was? Über Reptilien im Schwemmland Donweyrs? Moment – die Bücher wurden von Autoren geschrieben, deren Namen mit ,M ‘ beginnen. Also liegt hier der Buchstabe ,M ‘ ! ,M ‘ – wie mechanisches Herz.“
Cristof drehte sich langsam im Kreis, sah sich um. „Wenn der Stapel da ,M ‘ ist, wo liegt dann ,L ‘ ?“
„,G ‘ ist da drüben.“ Sie deutete auf die Stelle, wo sie die Büste Abatha Cardiums abgesetzt hatte.
Cristof warf mit den Flügeln einen Bücherstapel um. Leise fluchend sammelte er die Folianten wieder ein und sah sich um. „Überall Ordner – aber nichts, was aussieht wie der Labyrinthcode.“
„,P ‘ – ,P ‘ steht für Programm!“ Taya hatte einen Schrank entdeckt, der dem in Alisters Arbeitszimmer ähnelte. Auch er war nicht verschlossen. Sie riss die Tür auf.
Reihenweise Schachteln, alle sauber beschriftet. Nicht eine schien zu fehlen.
„Vielleicht ist das Programm in einer dieser Schachteln.“
Sie machten sich auf die Suche, prüften die Zahlen, die in die Karten gestanzt waren.
„Der offizielle Name war ja nicht LC. Wie hieß er noch gleich?“
„SZ? Sicherheitszugang?“
„Aber wenn er Programme unter ihrem richtigen Namen ablegte und nicht unter den Spitznamen, dann liegt das mechanische Herz auch nicht unter ,M ‘ , und wir würden es nicht erkennen, selbst wenn es hier wäre.“ Taya verspürte leise Panik.
„In seinem Arbeitszimmer zu Hause hatte er es unter M abgelegt.“ Cristof ließ sich auf die Hacken zurücksinken. „Hier drin sehe ich es nicht, also war es wahrscheinlich wirklich in der Schachtel, die
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