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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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wenn man den Umweg über den Erstsemesterring nimmt.“
    Entnervt wandte sich Lars an Isobel. „Is? Was ist hier los?“
    „Sie lassen uns nicht rein.“
    Taya arbeitete sich mühsam die breiten, flachen Stufen hinauf. Cristof, der seine Schritte ihrem Tempo angepasst hatte, ging neben ihr her. Eine Fürsorglichkeit, die Taya zu schätzen wusste, ahnte sie doch, wie gern er schneller am Ziel gewesen wäre.
    Amcathra nahm keine Rücksicht auf die Krücken und eilte an den beiden vorbei.
    „Ist das jetzt die gesamte Gruppe?“, fragte er Lars, ehe sein Blick auf Victor fiel. „Ah, Mr. Kiernan! Natürlich – der Name kam mir gleich so bekannt vor.“
    „Leutnant!“ Victor wirkte leicht verunsichert.
    Lars stellte die beiden Frauen vor: „Isobel Vidoc und Emelie Wilkes, sie gehören auch zu unserer Abteilung. Wo ist Kyle?“, wollte er von Isobel wissen.
    Sie zuckte die Achseln.
    „Ich war bei seiner Wohnung, aber er ist nicht da.“
    „Em?“
    „Ich habe ihn auch nicht gesehen.“ Die feingliedrige Frau warf den Liktoren beunruhigte Blicke zu. „Was wird denn jetzt? Sind wir verhaftet?“
    „Vic?“, drängte Lars. „Irgendeine Spur von Kyle?“
    „Das haben mich die Streifen auch gefragt.“ Victor kratzte sich am Backenbart. „Ich habe ihn nicht gesehen. Das macht ihn wohl zum Hauptverdächtigen, was?“
    „Kyle?“ Lars war bestürzt. „Kyle ist doch kein Dieb!“
    „Ich weiß. Aber die Streifen wissen es nicht, und bis er auftaucht ...“
    Die Programmierer warfen einander mutlose, verzweifelte Blicke zu.
    „Erst einmal verdächtigt man euch alle“, meinte Cristof, als Taya und er schließlich oben angekommen waren. „Leutnant? Warum nehmen wir die Leute nicht gleich mit? Sie kennen sich hier aus und sind mit der Maschine vertraut. Vielleicht entdeckt einer von ihnen etwas, was uns entgehen würde.“
    „Ihr könnt mitkommen, aber nur, wenn ihr euch immer hinter mir haltet“, befahl Amcathra streng, ehe er das Gebäude betrat.
    Dort hatten sich schwarzgekleidete Studenten versammelt und sahen neugierig zu, wie die Gruppe den Flur passierte. An der Treppe, die hinunter zu den Labors der analytischen Maschinen führte, standen weitere Liktoren. Noch dazu hatte man hier eine Kette angebracht, an der ein Liktorensiegel und ein Hinweisschild Unbefugten den Zutritt verwehrten. Auch hier drängten sich Stundenten im Flur und beugten sich über das Geländer der Treppe, die in die Obergeschosse führte, beobachteten, wie die Kette ausgehakt wurde und die kleine Prozession sich auf den Weg in den Keller machte. Taya hörte, wie sie sich aufgeregt schnatternd über Alister unterhielten und Spekulationen darüber anstellten, was die Liktoren im Keller an Beweisen gegen ihn finden mochten.
    „Schon seltsam, dass der Universitätsbetrieb einfach so weiterläuft“, sagte sie leise und eigentlich auch nur, um sich von dem wachsenden Unmut über ihre Unbeweglichkeit abzulenken. Ständig irgendwelche Treppen mit Krücken bewältigen zu müssen war wirklich nicht der Traum ihrer schlaflosen Nächte! „Müsste nicht eigentlich die ganze Stadt in hellem Aufruhr sein?“
    „Der Rat ist erschüttert, aber Ondinium bleibt von den Ereignissen relativ unberührt.“ Amcathra hatte Taya gehört. „Darin liegt die Stärke der Stadt – aber auch ihre Schwäche.“
    „Wie das? Warum sprichst du von Schwäche?“
    „Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt in Ondinium niemanden, der nicht ersetzbar ist. Wir sind alle nur Rädchen in einem Uhrwerk – wie bei den Chronometern des Erhabenen Forlore. Das ist eine Stärke, läuft der Chronometer doch auch dann noch, wenn jedes einzelne Rädchen ausgetauscht wurde. Gleichzeitig ist es aber auch eine Schwäche, denn wie kann man jemanden respektieren, in dem man eigentlich nichts anderes sieht als ein Teilchen, das jederzeit ersetzbar ist? ‚Hier brauchen wir einen Geweihten ‘ , heißt es. Oder: ‚Geh, hol mir einen Liktor ‘ . Name und Person eines Mannes sind unwichtig.“
    „Vielleicht ist das der Grund, weswegen die Terroristen Bomben werfen“, meinte Taya nachdenklich. „Damit sich die Menschen an ihre Namen erinnern.“
    „Das sehe ich auch so – deshalb werfen Terroristen Bomben. Weil man sie nicht gelehrt hat, das Leben zu achten. Wie kann ein Mann in einer Stadt, die aufgrund ihres Kastensystems wie ein Uhrwerk funktioniert, lernen, das Leben zu achten?“
    „Du bist ein Philosoph, Leutnant.“ Am Fuß der Treppe angekommen, lehnte sich Taya an die

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