Das mechanische Herz
gehüllt vor, dann wäre sein Verhalten normal und passend. Aus was für einer Familie er wohl stammen mochte? Er schien sich viel von seinem demikanischen Erbe bewahrt zu haben.
„Welche Farbe hat Mr. Deuses Haar?“
„Braun“, antwortete Lars nach kurzem Zögern. „Braunes Haar, blaue Augen. Ungefähr durchschnittliche Größe und Gewicht.“
Mr. Deuse? Das musste wohl Kyle sein.
„Hatte er einen Schlüssel zu diesem Raum?“
„Ja.“
„Eine Menge Leute haben braunes Haar“, protestierte Isobel, die selbst wie Amcathra blond und demikanischer Abstammung war. „Dass du ein braunes Haar gefunden hast, bedeutet doch noch lange nicht, dass Kyle die Maschine gestohlen hat.“
„Wo war Mr. Deuse letzte Nacht?“
„Er hat die Wache zusammen mit uns anderen verlassen.“
„Ist jemand von euch mit ihm nach Hause gegangen?“
Ein Chor aus verneinenden Stimmen.
Amcathra stand auf, um seine Spurensuche fortzusetzen, wobei er um die Stelle, die er sich eben so genau angesehen hatte, einen Bogen machte.
„Was hast du gefunden?“, fragte Taya, die es vor Neugier nicht mehr aushielt. Aber Amcathra schüttelte nur den Kopf und suchte weiter.
Endlich schien er zufrieden. Er winkte den anderen zu, den Türeingang zu räumen, und schloss hinter sich ab.
„Jetzt hätte ich gern eure Schlüssel zu diesem Raum.“ Er streckte die Hand aus. Einer nach dem anderen lösten die Programmierer ihre Schlüssel von den jeweiligen Schlüsselbunden und ließen sie in seine Hand fallen. Mit leisem Klirren verschwanden sie in seiner Hosentasche.
„Erhabener, Ikarierin, ihr bleibt bitte. Alle anderen können gehen, wobei klar sein dürfte, dass ihr in Ondinium bleibt, wo wir euch jederzeit erreichen können, sollte das notwendig sein.“
„Was hast du da drinnen gesehen?“, wollte nun auch Lars wissen.
„Zeichen.“ Mehr wollte der Liktor nicht sagen.
„Taya? Wir sind im EO. Du sagst doch Bescheid, wenn du irgend etwas erfährst?“, bat Lars.
„Wenn es mir möglich ist.“ Taya stützte sich auf nur eine Krücke, um dem kräftigen Mann, neben dem sie sich wie eine Puppe vorkam, den Arm tätscheln zu können. „Ich versuche es, Lars, ich werde mir alle Mühe geben.“
Nachdem die Programmierer verschwunden waren, die noch im Gehen immer wieder besorgte Blicke nach hinten geworfen hatten, wandte sich Cristof an Amcathra.
„Kyle hat uns geholfen, Alisters Programm zu verstehen, herauszufinden, wozu es in der Lage ist und was er damit vorhaben könnte. Mir schien er ein ehrlicher Mann zu sein.“
„Ich fürchte, die Räuber könnten Deuse gezwungen haben, ihnen zu helfen“, sagte Amcathra. „Ich habe auf dem Boden Blut und braune Haare entdeckt. Beides könnte auf eine Kopfwunde hindeuten.“
Taya holte tief Luft. „Ob er wohl noch am Leben ist?“
„Wenn sie ihn umgebracht hätten, dann wäre seine Leiche wohl hier im Raum gefunden worden.“
„Also eine Entführung. Das würde erklären, warum niemand ihn finden kann.“ Taya wäre am liebsten losgerannt und hätte den Programmierern Bescheid gesagt, konnte sich aber denken, dass Amcathra diese Information nicht ohne Grund verschwiegen hatte.
„Laut Lars ist Kyle eines der Gruppenmitglieder, die in der Lage wären, die Maschine wieder zusammenzubauen und einzurichten.“ Cristofs Augen hinter den Brillengläsern waren schmal geworden. „Außerdem ist der Mann jetzt, da Alister im Gefängnis sitzt Leiter der Gruppe. Ein guter Fang für Alzana.“
„Noch ist nicht klar, dass Alzaner dahinterstecken.“
„Wer sonst würde denn so etwas tun?“ Cristof nahm die Brille ab, um sie energisch zu putzen. „Solange wir nicht mehr wissen, werde ich die Räuber Alzaner nennen. Sie haben Kyle abgefangen und ihn gezwungen, die Tür zum Maschinenraum aufzuschließen. Vielleicht zwangen sie ihn sogar, die Maschine auseinanderzunehmen.“
„Es war nicht wenig Blut dort am Boden. Gut möglich, dass er versucht hat, Widerstand zu leisten, und sie ihn bewusstlos geschlagen haben.“
Prompt sah Taya den liebenswürdigen jungen Programmierer in einer Blutlache am Boden liegen. Ihr wurde ganz übel bei der Vorstellung.
„Sie haben die Kisten gepackt und sie die Treppe hinauf nach draußen geschleppt. Was sagte Victor vorhin in bezug auf einen Wagen?“ Cristof sah Taya fragend an.
„Er sagte, die Diebe hätten die Kisten entweder per Hand über den Campus zum Tor schleppen oder aber einen Wagen kommen lassen müssen, was einen Umweg bedeutet hätte. Über
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