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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Gebäude hielten, das eine Druckerei beherbergte, deren Fensterläden für die Nacht geschlossen waren. Ohne Grey eines Blickes zu würdigen, sprang Stapleton aus der Kutsche und hämmerte an die Tür. Innerhalb von Sekunden tauchte Licht zwischen den Ritzen der Fensterläden auf, und die Tür öffnete sich. Stapleton murmelte der alten Frau, die im Eingang stand, etwas zu und schlüpfte hinein.
    Grey saß tief im Schatten, einen Schlapphut ins Gesicht
gezogen, um es zu verbergen. Die Mietdroschke war zwar ein klappriges Gefährt, doch in dieser Gegend fiel sie dennoch auf. Er konnte nur hoffen, dass Stapleton seinen Auftrag schnell genug erledigte, um ihnen Zeit zum Rückzug zu lassen, bevor ein neugieriger Straßenräuber beschloss, sein Glück zu versuchen.
    Ein Jauchewagen rumpelte stinkend vorbei, und er schloss das Fenster.
    Er war erleichtert, dass Stapleton ohne weitere Gegenwehr aufgegeben hatte; der Mann war mit Sicherheit schlau genug, um zu begreifen, dass das Schwert, das Grey ihm über den Kopf hielt, zweischneidig war. Zwar hatte Grey behauptet, nur zu Ermittlungszwecken im »Lavender House« gewesen zu sein, und der Einzige, der das Gegenteil beweisen konnte, war der junge Mann mit den dunklen Haaren - doch das wusste Stapleton ja nicht.
    Dennoch, wenn es zu widersprüchlichen Anschuldigungen zwischen ihm und Stapleton kam, gab es keinen Zweifel, wem man glauben würde, und das begriff Stapleton offensichtlich.
    Was er ebenso offensichtlich nicht begriff, war, dass Richard Caswell eine der Fliegen in Mr. Bowles’ Netz war. Grey hätte sein halbes Jahreseinkommen verwettet, dass diese fette kleine Spinne mit den vagen, blauen Augen den Namen jedes Mannes kannte, der je durch die Tür des »Lavender House« geschritten war - und wusste, was er dort getan hatte. Bei diesem Gedanken bildete sich ein eisiger Fleck in seinem Nacken, und er zog erschauernd seinen Umhang fester um sich, obwohl es eine milde Nacht war.
    Ein plötzliches Klatschen neben ihm am Fenster ließ ihn
auffahren und seine Pistole ziehen. Doch es war niemand da; nur der schmierige Abdruck einer Hand, deren mit Exkrementen verklebte Finger lange, dunkle Streifen auf der Scheibe gezogen hatten. Ein widerlicher Fäkalienklumpen rutschte zäh am Fenster hinunter, und das Feixen der Jauchefahrer vermischte sich mit dem Brüllen des Kutschers.
    Die Kutsche schwankte auf ihren Federn, als der Fahrer aufstand, und dann erscholl das Klatschen einer Peitsche, gefolgt vom überraschten Aufjaulen eines Mannes auf dem Boden. So vermied man es, Aufmerksamkeit zu erregen, dachte Grey grimmig und verkroch sich wieder auf seinem Sitz, als nun eine Salve von Fäkalien gegen die Seite der Kutsche rumpelte und die Jauchefahrer johlten und kicherten wie Magotaffen, während der Kutscher sich fluchend an die Zügel klammerte, um sein Gespann am Durchgehen zu hindern.
    Ein Klappern an der Tür der Kutsche ließ ihn erneut mit der Hand zur Pistole fahren, doch es war nur Stapleton, errötet und atemlos. Der junge Mann ließ sich gegenüber von Grey auf die Bank fallen und warf ihm ein Stück bekritzeltes Papier in den Schoß.
    »Nur zwei«, sagte er knapp. »Die Antioch segelt in drei Wochen von London ab; die Nampara übermorgen von Southampton. War es das, was Ihr wolltet?«
    Sobald der Kutscher hörte, dass Stapleton zurück war, nahm er die Zügel auf und rief seinen Pferden etwas zu. Diese konnten es nicht abwarten, dem Durcheinander zu entkommen, und stürzten vorwärts. Die Kutsche fuhr mit einem Satz an, und Grey und Stapleton landeten zusammen auf dem Boden.
    Grey befreite sich hastig, das Papier fest umklammert,
und kletterte auf seinen Sitz zurück. Neils Augen schimmerten vom Boden der Kutsche zu ihm auf, wo er auf Händen und Knien hin und her schwankte.
    »Ich habe gesagt - war es das, was Ihr wolltet?« Seine Stimme war kaum laut genug, um das Knarren der Kutschenräder zu übertönen, doch Grey hörte ihn sehr gut.
    »So ist es«, sagte er. »Ich danke Euch.« Er hätte eine Hand ausstrecken können, um Stapleton aufzuhelfen, tat es aber nicht. Der junge Mann erhob sich aus eigener Kraft, schwankte in der Dunkelheit und warf sich wieder auf seinen Sitz.
    Sie sagten nichts auf dem Weg in die Londoner Innenstadt. Stapleton lehnte sich zurück, die Arme vor der Brust verschränkt, den Kopf abgewandt, um aus dem Fenster zu starren. Es war Vollmond, und gedämpftes Licht fiel auf seine Adlernase und den sinnlichen, verwöhnten Mund darunter. Er war

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