Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
auf dem Hocker um und gaffte Scanlon an, der mit den Schultern zuckte und lächelte, aber ansonsten schwieg.
    »Ich denke, meine Familie - allesamt gute Protestanten seit den Zeiten König Henrys - wäre außer sich«, sagte Trevelyan mit einem schwachen Lächeln. »Und möglicherweise ist es ja nicht völlig legal. Aber harte Zeiten erfordern nun einmal drastische Maßnahmen - und sie ist Katholikin. Es war ihr Wunsch zu heiraten, bevor …« Seine Stimme erstarb, als er die Frau auf dem Bett ansah. Sie war jetzt unruhig; ihre Glieder zuckten unter der Bettdecke, und ihr Kopf wand sich gequält auf dem Kissen.
    »Nicht mehr lange«, sagte Scanlon leise, als er seine Blickrichtung sah.
    »Bis was geschieht?«, fragte Grey, der sich plötzlich vor der Antwort fürchtete.
    »Bis das Fieber zurückkehrt«, erwiderte der Apotheker mit leicht gerunzelter Stirn. »Es ist ein Tertianfieber - es kommt, geht vorbei und kehrt dann am dritten Tag zurück. Und dann wieder von vorn - und wieder. Gestern war sie reisefähig, doch wie Ihr ja seht …« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Chinarinde für sie; eventuell hilft sie.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Grey förmlich zu Trevelyan, der als Erwiderung ernst den Kopf neigte. Grey räusperte sich.
    »Vielleicht wärt Ihr ja dann so freundlich, mir zu erklären, wie Reinhardt Mayrhofer den Tod gefunden hat,
wenn nicht durch Eure Hand. Und wie genau diese Papiere in Euren Besitz gelangt sind?«
    Trevelyan saß einen Moment da und atmete langsam, dann hob er das Gesicht dem Licht der Fenster entgegen und schloss die Augen wie ein Mann, der die letzten Sekunden seines Lebens vor der Exekution in vollen Zügen genießt.
    »Dann muss ich wohl am Anfang beginnen«, sagte er schließlich immer noch mit geschlossenen Augen. »Und das ist der Nachmittag, an dem ich Maria zum ersten Mal erblickt habe. Das war letztes Jahr am 8. Mai bei einem von Lady Bracknells Nachmittagssalons.«
    Der Hauch eines Lächelns huschte über sein Gesicht, als sähe er den Anlass erneut vor sich. Er öffnete die Augen und betrachtete Grey mit gelassener Offenheit.
    »Ich gehe nie zu solchen Anlässen«, sagte er. »Niemals. Aber ein Herr, mit dem ich geschäftlich zu tun hatte, hatte mich zum Mittagessen ins ›Beefsteak‹ begleitet, und wir stellten fest, dass wir mehr zu besprechen hatten, als sich ohne Eile in der Dauer eines Mittagessens unterbringen ließ. Als er mich daher einlud, ihn zu seiner nächsten Einladung zu begleiten, habe ich es getan. Und … sie war dort.«
    Er öffnete die Augen und blickte hinüber zum Bett, wo die Frau lag, reglos und gelb.
    »Mir war nicht klar, dass so etwas möglich ist«, bemerkte er und klang beinahe überrascht. »Wenn irgendjemand mir gegenüber so etwas angedeutet hätte, hätte ich ihn verächtlich angeblafft - und doch …«
    Er hatte die Frau in der Ecke sitzen gesehen, und ihre Schönheit war ihm aufgefallen - mehr allerdings noch
ihre Traurigkeit. Es sah dem Ehrenwerten Joseph Trevelyan nicht ähnlich, sich von Gefühlen überwältigen zu lassen - weder von seinen eigenen noch denen anderer -, und doch zog ihn der heftige Schmerz, der ihre Gesichtszüge zeichnete, ebenso sehr an, wie er ihn verstörte.
    Er hatte sie nicht angesprochen, war aber auch nicht imstande gewesen, die Augen lange von ihr abzuwenden. Das war aufgefallen, und seine Gastgeberin hatte ihm bereitwillig erzählt, dass die Frau Maria Mayrhofer war, die Frau eines unbedeutenden österreichischen Adligen.
    »Oh, bitte geht zu ihr und sprecht mit ihr«, hatte ihn die Gastgeberin gedrängt, aus deren Verhalten mit jedem Blick, den sie auf ihren schönen, leidenden Gast warf, freundliche Sorge sprach. »Dies ist ihr erster Ausflug in die Gesellschaft seit ihrem traurigen Verlust - ihr erstes Kind, die Arme -, und ich bin sicher, dass ein wenig Aufmerksamkeit ihr gut tun wird!«
    Er hatte das Zimmer durchquert, ohne die geringste Ahnung zu haben, was er sagen oder tun sollte - die Sprache der Kondolenz war ihm fremd, und in gesellschaftlicher Konversation war er nicht versiert; sein Metier waren Geschäfte und Politik. Und doch, als seine Gastgeberin sie einander vorgestellt hatte und gegangen war, hatte er sich dabei ertappt, dass er die Hand, die er geküsst hatte, immer noch festhielt und in sanfte braune Augen blickte, in denen seine Seele ertrank. Und ohne einen weiteren Gedanken oder ohne jedes Zögern hatte er gesagt: »Gott steh mir bei, ich liebe Euch.«
    »Sie hat gelacht«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher