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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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meinen Mann umgebracht hat, werter Sir.«
    Die Stimme aus dem Bett war leise und heiser und hatte nur den Hauch eines fremdländischen Akzentes, doch die Männer fuhren alle drei zusammen, erschrocken, als sei es ein Trompetenstoß gewesen. Maria Mayrhofer lag auf der Seite, das wirre Haar über das Kissen gebreitet. Ihre Augen waren riesig, glasig vom steigenden Fieber, doch leuchtend vor Intelligenz.
    Trevelyan begab sich augenblicklich zu ihr und kniete sich an ihre Seite, um ihre Wange und Stirn zu befühlen.
    »Scanlon«, sagte er, und ein bittender Unterton mischte sich unter seinen Kommandoton.
    Der Apotheker trat sofort neben ihn, berührte sie sanft unter dem Kinn und blickte ihr in die Augen - doch sie wandte den Kopf von ihm ab und schloss die Augen.

    »Im Moment geht es mir gut«, sagte sie. »Dieser Mann -«, sie machte eine Handbewegung in Greys Richtung, »wer ist er?«
    Grey erhob sich, behielt umständlich das Gleichgewicht, als das Deck unter ihm schwankte, und verbeugte sich vor ihr.
    »Ich bin Major John Grey, Madam. Ich bin von der Krone beauftragt, in einer Angelegenheit zu ermitteln -« Er zögerte, unsicher, wie - oder ob - er es ihr erklären sollte. »Einer Angelegenheit, die in gewissem Zusammenhang mit Eurem eigenen Schicksal steht. Habe ich recht verstanden, dass Ihr gesagt habt, Ihr hättet Herrn Mayrhofer umgebracht?«
    »Ja, das habe ich.«
    Scanlon hatte sich zurückgezogen, um sein Höllengebräu zu prüfen, und sie ließ den Kopf wieder zurückrollen, um Grey anzusehen. Sie war zu schwach, um den Kopf vom Kissen zu heben. Und doch lag etwas Stolzes in ihrem Blick - beinahe herausfordernd, trotz ihres Zustandes -, und er ahnte plötzlich, was es war, das Trevelyan so angezogen hatte.
    »Maria …« Trevelyan legte ihr warnend die Hand auf den Arm, doch sie beachtete ihn nicht und hielt ihren Blick gebieterisch auf Grey gerichtet.
    »Was spielt es für eine Rolle?«, fragte sie. Ihre Stimme war leise, aber kristallklar. »Wir sind jetzt auf dem Wasser. Ich spüre die Wellen, die uns tragen; wir sind entkommen. Das ist doch dein Reich, nicht wahr, Joseph? Die See ist dein Königreich, und wir sind in Sicherheit.« Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie Grey beobachtete, und er bekam ein sehr merkwürdiges Gefühl.

    »Ich habe eine Nachricht hinterlassen«, glaubte Grey sagen zu müssen. »Mein Aufenthaltsort ist bekannt.«
    Das Lächeln nahm zu.
    »Es ist also bekannt, dass Ihr nach Indien unterwegs seid«, sagte sie spöttisch. »Glaubt Ihr auch, dass man Euch dorthin folgen wird?«
    Indien. Die Dame hatte Grey nicht gestattet, sich in ihrer Gegenwart zu setzen, doch er tat es dennoch. Die Nachgiebigkeit seiner Knie lag zwar auch im Schwanken des Schiffes und den Nachwirkungen der Quecksilbervergiftung begründet - mehr noch allerdings in der Neuigkeit, wie ihr Zielort lautete.
    Während er noch gegen das trunkene Gefühl ankämpfte, war sein erster Gedanke Erleichterung, dass er jene dahingekritzelte Notiz an Quarry zuwege gebracht hatte. Wenigstens werden sie mich nicht als Deserteur erschießen, wenn - oder besser, falls - mir irgendwann die Heimkehr gelingt . Er schüttelte kurz den Kopf, um ihn klar zu bekommen, dann setzte er sich gerade hin und biss die Zähne aufeinander.
    Es war nicht zu ändern, und momentan blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Pflicht zu Ende zu führen, so gut er konnte. Alles Weitere musste er der Vorsehung überlassen.
    »Wie dem auch sei, Madam«, sagte er bestimmt. »Es ist meine Pflicht, die Wahrheit über Timothy O’Connells Tod herauszufinden - und alles, was möglicherweise damit zusammenhängt. Wenn es Euer Zustand erlaubt, würde ich gern hören, was immer Ihr mir sagen könnt.«
    »O’Connell?«, murmelte sie und verdrehte den Kopf unruhig auf dem Kissen, die Augen halb geschlossen. »Ich kenne diesen Namen, diesen Mann nicht. Joseph?«

    »Nein, Liebste, es hat nichts mit dir, mit uns zu tun.« Trevelyans Ton war beruhigend, doch seine Augen durchforschten beklommen ihr Gesicht. Als er von ihm zu ihr blickte, konnte auch Grey es sehen; ihr Gesicht wurde deutlich blasser, als presste ihr irgendeine Kraft das Blut aus der Haut.
    Ganz plötzlich lagen graue Schatten in den Mulden ihrer Knochen; die volle Kurve ihres Mundes verblasste und verkrampfte sich, bis ihre Lippen fast verschwanden. Auch ihre Augen schienen zurückzuweichen, wurden stumpf und verschwanden in ihrem Schädel. Trevelyan sprach auf sie ein; Grey

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