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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Lippen.
    »Das ist kein schlechtes Gesöff«, sagte sie und klang ein wenig verdutzt. »Aus Mrs. Magdas Privatvorrat - deutscher Wein, aye. Dann gebt uns noch ein Glas, und ich erzähl’s Euch, wenn Ihr es so unbedingt wissen wollt.«
    Er gehorchte und füllte auch sein eigenes Glas nach. Es war ein guter Wein; so gut, dass er einem Magen und Glieder erwärmte, ohne den Verstand übermäßig zu vernebeln.
Er spürte, wie die Anspannung, die er seit dem Betreten des Bordells in Hals und Schultern gehabt hatte, unter seinem wohltätigen Einfluss allmählich schwand.
    Auf die schottische Hure schien er ähnlich zu wirken. Sie nippte mit einer grazilen Gier, die sie ihr Glas zweimal leeren ließ, während sie ihre Geschichte erzählte - eine Geschichte, die sie, wie er aus den zahlreichen Nebensächlichkeiten und dramatischen Anekdoten schloss, schon öfter erzählt hatte. Doch alles in allem war sie ganz simpel; da sie sich nach Culloden und Cumberlands Verwüstungen in den Highlands nicht mehr ernähren konnten, war ihr überlebender Bruder zur See gegangen, und sie und ihre Mutter waren nach Süden gezogen und hatten um ihr tägliches Brot gebettelt, wobei sich ihre Mutter dann und wann zu der Maßnahme gezwungen gesehen hatte, ihren Körper zu verkaufen, wenn die Bettelei nichts brachte.
    »Dann hat sie sich mit ihm eingelassen«, sagte sie und zog bei dem Wort eine mürrische Grimasse, »in Berwick.« Er war ein englischer Soldat namens Harte gewesen, der frisch aus der Armee entlassen war und sie »in seinen Schutz« genommen hatte - eine Formulierung, die Harte in die Tat umsetzte, indem er Nessies Mutter in einer kleinen Kate unterbrachte, wo sie seine Armeekameraden ganz bequem und zurückgezogen unterhalten konnte.
    »Er hat gesehen, welchen Profit er damit machen konnte, also ist er dann und wann auf die Jagd gegangen und mit einem armen Mädchen zurückgekommen, das er halb verhungert auf der Straße gefunden hatte. Er hat ihnen freundlich zugeredet, ihnen Schuhe gekauft und sie wieder rund gefüttert, und bevor sie wussten, was ihnen
geschah, haben sie dreimal pro Nacht die Beine für die Soldaten breit gemacht, die ihren Ehemännern eine Kugel durch den Kopf gejagt hatten - und innerhalb von zwei Jahren konnte Bob Harte vierspännig umherkutschieren.«
    Vielleicht war es ja in etwa die Wahrheit - vielleicht auch nicht.
    Da er keinen Grund hatte, sich selbst etwas vorzumachen, war es Grey klar, dass der Beruf einer Hure sich auf Lügen aufbaute. Und wenn man einer Hure schon grundsätzlich nicht glauben konnte, auch wenn darüber nie gesprochen wurde, dann konnte man wohl erst recht kein großes Vertrauen in ihre Worte setzen.
    Dennoch, es war eine faszinierende Geschichte - was ja auch beabsichtigt war, dachte er zynisch. Doch er unterbrach sie nicht; abgesehen davon, dass er ihr Vertrauen gewinnen musste, wenn er Informationen von ihr bekommen wollte, war es schlicht und ergreifend so, dass er es genoss, sie reden zu hören.
    »Als wir Bob Harte begegnet sind, war ich nicht älter als fünf«, sagte sie und hielt sich die Faust vor den Mund, um einen Rülpser zu unterdrücken. »Er hat gewartet, bis ich elf war - als ich angefangen habe zu bluten -, und dann…«Sie hielt inne und kniff die Augen zu, als suchte sie nach Inspiration.
    »Und dann hat Eure Mutter, die Eure Tugend schützen wollte, ihn gemeuchelt, um Euch zu verschonen«, meinte Grey. »Natürlich hat man sie festgenommen und gehängt, woraufhin Ihr Euch durch die Umstände gezwungen saht, genau jenes Schicksal auf Euch zu nehmen, vor dem sie Euch durch ihr Opfer bewahren wollte?« Er hob sein
Glas, prostete ihr ironisch zu und lehnte sich auf seinem Sessel zurück.
    Zu seiner großen Überraschung brach sie in Gelächter aus.
    »Nein«, sagte sie und wischte sich mit der Hand über die Nase, die ganz rot geworden war, »aber das ist gar nicht so schlecht. Besser als die Wahrheit, aye? Ich werd’s mir merken.« Sie hob ihr Glas und erwiderte die Geste, dann legte sie den Kopf zurück und leerte es.
    Er griff nach der Flasche und stellte fest, dass sie leer war. Verblüfft merkte er, dass die andere ebenfalls leer war.
    »Ich hole noch mehr«, sagte Nessie prompt. Sie hüpfte vom Bett und war zur Tür hinaus, bevor er Protest einlegen konnte. Er sah, dass sie das Messer zurückgelassen hatte; es lag auf dem Tisch neben einem zugedeckten Korb. Als er sich hinüberbeugte und das Tuch hob, entdeckte er, dass es ein Gefäß mit einer

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