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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schenkten ihm Gnade.
    Eine Stunde später waren sie in der Dunkelheit zurückgekehrt, und er hatte von Hectors Tod erfahren.
    Die Kerze tropfte schon seit einiger Zeit. Es lag noch eine auf dem Tisch, doch er machte keine Anstalten, danach zu greifen. Stattdessen starrte er vor sich hin, als die Flamme erlosch, und trank seinen Wein in der stickigen Dunkelheit weiter.
     
    Er erwachte mit stechendem Kopfschmerz, irgendwann in den dunklen Stunden vor der Dämmerung. Einen verwirrenden Moment lang hatte er keine Ahnung, wo er war - oder mit wem. Ein warmes, feuchtes Gewicht lag an ihn geschmiegt, und seine Hand ruhte auf nackter Haut.
    Möglichkeiten stoben in seinem Kopf auf wie ein aufgescheuchter Wachtelschwarm und verschwanden dann, als er tief Luft holte und billiges Parfum, teuren Wein und weiblichen Moschus roch. Mädchen. Ja, natürlich. Die schottische Hure.
    Er lag einen Moment benebelt still und versuchte, sich in der unvertrauten Dunkelheit zu orientieren. Da - ein dünner, grauer Strich markierte das Fenster mit seinen geschlossenen Läden, einen Hauch heller als die Nacht im Inneren. Tür … wo war die Tür? Er wandte den Kopf und sah ein schwach flackerndes Licht auf den Dielenbrettern, das erschöpfte Leuchten einer tropfenden Kerze im Flur. Er erinnerte sich vage an einen Aufruhr mit Stampfen und Gesang aus der unteren Etage, doch das hatte jetzt aufgehört. Das Bordell war der Stille anheim gefallen, obwohl es ein merkwürdiges, unangenehmes Schweigen war wie
der unruhige Schlaf eines Betrunkenen. Apropos … er bewegte seine Zunge und versuchte, seinen staubtrockenen, klebrigen Schleimhäuten so viel Speichel zu entlocken, dass er schlucken konnte. Sein Herz schlug mit einer unangenehmen Beharrlichkeit, die seine Augäpfel anschwellen zu lassen schien, sodass sie sich mit jedem Schlag schmerzhaft vorwölbten. Er schloss hastig die Augen, aber das half auch nicht.
    Es war warm und stickig im Zimmer, doch ein schwacher Luftzug vom geschlossenen Fenster her berührte seinen Körper, ein kühler Finger, der ihm die Haare auf Brust und Beinen zu Berge stehen ließ. Er war nackt, erinnerte sich jedoch nicht, sich ausgezogen zu haben.
    Sie lag auf seinem Arm. Mit langsamen Bewegungen löste er sich von dem Mädchen, achtsam, um sie nicht zu wecken. Er blieb kurz auf dem Bett sitzen und umklammerte seinen Kopf mit einem lautlosen Stöhnen, dann erhob er sich mit großer Vorsicht, damit er ihm nicht noch abfiel.
    Himmel! Was hatte er sich dabei gedacht, so viel von diesem höllischen Gesöff zu trinken? Es wäre besser gewesen, einfach mit dem Mädchen zu schlafen, dachte er, während er sich tastend seinen Weg durch das Zimmer bahnte, begleitet von Explosionen aus gleißend weißem Licht, das das Innere seines Schädels erhellte wie ein Feuerwerk über der Themse. Sein suchender Fuß stieß an das Tischbein und er tastete sich blind darunter vor, bis er das Nachtgeschirr fand.
    Etwas erleichtert, aber immer noch furchtbar durstig, stellte er es wieder auf den Boden und suchte nach Krug und Waschschüssel. Das Wasser im Krug war warm und
hatte einen schwachen Metallgeschmack, doch er trank es so gierig, dass es ihm über Kinn und Brust lief, bis seine Eingeweide gegen die lauwarme Flut zu protestieren begannen.
    Er wischte sich mit der Hand über das Gesicht und verrieb die Feuchtigkeit auf seiner Brust, dann öffnete er die Fensterläden und atmete die kühle, graue Luft in tiefen, erschauernden Zügen ein. Besser.
    Er wandte sich um, um nach seinen Kleidern zu suchen, begriff jedoch etwas verspätet, dass er nicht ohne Quarry gehen konnte. Die Vorstellung, das Haus nach seinem Freund zu durchsuchen, Türen aufzureißen und schlaftrunkene Huren mit ihren Kunden zu überraschen, war mehr, als er in seinem gegenwärtigen Zustand ertragen konnte. Nun, bei Tagesanbruch würde die Puffmutter mit Harry kurzen Prozess machen. Ihm blieb nichts anderes übrig als zu warten.
    Wenn er schon warten musste, konnte er das genauso gut im Liegen tun; seine Eingeweide rumorten auf ominöse Weise, und seine Beine fühlten sich schwach an.
    Das Mädchen war ebenfalls nackt. Sie lag zusammengerollt auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm, glatt und kühl wie ein Stint auf dem Hackblock eines Fischhändlers. Er kroch vorsichtig auf das Bett und ließ sich neben ihr nieder. Sie bewegte sich murmelnd, erwachte aber nicht.
    Die Luft war viel kühler jetzt, wo die Dämmerung nahte und die Fensterläden einen Spaltbreit offen standen.

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