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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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nicht, sondern kramte nur seinen Schlüssel hervor – was tat er damit zwischen den Leben? – und zog die Tür weit auf, um mich vorangehen zu lassen.

    Das Innere des Hauses war kühl und dunkel, nur einzelne Lichtstrahlen drangen durch Risse in den Fensterläden. Abgesehen von der Treppe und einem zweiten Raum im hinteren Teil – einer Küche? – nahm das Wohnzimmer das ganze Erdgeschoss ein. Weiße Tücher flatterten über riesigen Möbelstücken, viel mehr, als in einem einzigen Wohnzimmer stehen sollten.
    Ich wollte danach fragen, aber Sam legte einen Schalter um, und Licht ergoss sich auf den Parkettboden. Ich blinzelte, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen.
    »Zieh die Tücher herunter und leg sie erst einmal in eine Ecke«, sagte er. »Ich sorge dafür, dass oben ein Zimmer für dich bereit ist.« Er ließ die großen Taschen neben der Tür stehen und ging mit meinem Rucksack die Wendeltreppe hinauf. Eine L-förmige Galerie überblickte diesen Teil des Wohnzimmers, abgeschlossen von einem dünnen Holzgeländer. Er sah noch einmal nach mir, bevor er aus meinem Sichtfeld verschwand.
    Vorsichtig, für den Fall, dass etwas Zerbrechliches unter den Laken verborgen war, zog ich die Stoffbahnen aus synthetischer Seide beiseite und fand Bücherschränke, Regale, Stühle und irgendeine Art von Ständer. Die Möbel bestanden alle aus hartem, poliertem Holz, die Zierstücke waren aus Obsidian, Marmor und Quarz. Sam hatte mir erzählt, dass er diese Handwerke erlernt hatte, und ich war mir nicht sicher gewesen, warum er sich die Mühe gemacht hatte. Es schien eine Menge Arbeit zu sein. Aber jetzt, da ich die glänzenden Kurven eines steinernen Würgers, die zierlich herausgearbeiteten Federn dieses Sperlingsvogels sah, verstand ich es.
    Es war wunderschön, und wenn ich irgendwo für fünftausend Jahre leben würde, würde ich es auch gerne anschauen wollen.

    Andererseits hatte er gesagt, dass einige Menschen diese Dinge beruflich anfertigten. Er konnte sie kaufen, wenn er wollte. Was war dann sein Beruf? Ich würde ihn fragen, wenn er zurückkam.
    Sobald ich an den Wänden ringsum alles enthüllt hatte, wandte ich mich der Mitte des Raums zu, wo etwas besonders Unförmiges stand.
    Das Tuch glitt von einem großen Stück Ahornholz, über eine Reihe von Tasten, und rutschte von einem Hocker.
    Ein Flügel. Ein echter.
    Meine Brust schnürte sich zusammen, und ich wollte zu Sam hinaufrufen und fragen, warum er es mir nicht gesagt hatte, aber ich hatte meine Aufgabe noch nicht vollendet. Es gab vielleicht noch weitere Schätze.
    In einer schwindelnden Benommenheit bewegte ich mich durch das Wohnzimmer und enthüllte Dinge, die ich nur als Zeichnungen in meinen Lieblingsbüchern gesehen hatte. Eine große Harfe. Eine Orgel. Ein Cembalo. Einige Kästen mit verschiedenen Instrumenten, deren Abbild jeweils in das polierte Holz graviert war. Die meisten von ihnen kannte ich nicht, aber ich konnte die Violine identifizieren, ein weiteres – größeres – Saiteninstrument und ein langes, mit einem Rohrblatt und komplizierten Klappen aus Metall. Eine Klarinette?
    Wie wunderbar! Hatte er eine Nachricht in die Stadt geschickt und einen Freund gebeten, diese Dinge herzubringen, nur weil er wusste, dass sie mir gefallen würden? Ich konnte mir nicht vorstellen, warum, aber es würde zu Sam passen. Er war so nett zu mir, tat immer Dinge, nur um mich glücklich zu machen.
    Ich schlenderte zu dem Klavier zurück und streckte die Finger nach den Tasten aus Ebenholz und vergilbtem Elfenbein aus, die im Licht schimmerten. Aber das Instrument gehörte
mir nicht. Im letzten Moment riss ich die Hand zurück und presste sie auf mein klopfendes Herz.
    Ein richtiger Flügel. Es war das Schönste, was ich je gesehen hatte.
    »Gefällt er dir nicht?« Sams Stimme, in der ein ärgerlicher Ton mitschwang, kam von der Galerie.
    Ich zuckte zusammen und sah zu ihm hoch, dabei hatte ich Mühe, die Flut von Fragen zu beherrschen, die mir auf der Zunge lag.
    »Oder fühlt es sich für dich falsch an?«
    »Fingerabdrücke.« Das Erste, was mir einfiel. »Ich wollte nichts beschmieren.«
    Sein Tonfall wurde leichter, als er die Treppe herunterkam und mit den Fingern über das Geländer strich. »Spiel etwas.« Er hatte sich das Gesicht gewaschen und ein frisches Hemd angezogen, aber er war noch immer erhitzt von dem langen Marsch. Oder vielleicht von etwas anderem, denn er war nicht derjenige gewesen, der draußen gekeucht hatte. »Du kannst ihn

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