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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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Gesichter. Die Zwillinge klettern langsam am Gerüst der Achterbahn herunter. Cira und Blane hacken auf den Körper von jemandem ein, mit dem sie befreundet waren, während ein anderer Junge seinen Bauch hält und sich übergibt.
    Die Nacht besteht nur noch aus Blut, Schluchzen, Ansteckung und dem Gleißen des Mondes auf aufblitzenden Klingen. Ich würge bei dem schmatzenden Geräusch, wieder und wieder und immer wieder stechen sie zu. Hysterie streckt ihre Finger nach mir aus. Alles ist außer Kontrolle. Ich will weinen, zusammenbrechen, Ohren und Augen schließen und so tun, als würde all das nicht geschehen.
    Ich muss so weit weg von hier wie irgend möglich.
    Aber niemand sonst ist weggelaufen.
    »Ich kann dich nicht zurücklassen«, sage ich zu Catcher, obwohl ich flüchten will. Ich will vergessen, was geschehen ist, die Treppe zu meinem Zimmer hinaufsteigen und mich unter meiner Decke zusammenrollen, wo es sicher ist. Wo es immer sicher war. Aber ich kann doch nicht alle zurücklassen. »Sie wissen, dass ich hier war, sie werden …«
    Er schüttelt den Kopf, schneidet mir das Wort ab.
    Im tiefsten Inneren spüre ich den Schrei, ich merke, wie er alles in mir verdrängt, was ich eben noch gewesen bin. Ich kann nicht aufhören, Catchers Schulter anzustarren, kann den Klang der zuschnappenden Zähne des Breaker nicht aus den Ohren verdrängen.
    »Was wird aus dir?«
    »Geh nach Hause«, sagt er nur. So als hätten seine Lippen meine nie gestreift. Als wäre ich nichts und niemand für ihn.
    Ich möchte auf die Knie fallen und meinen Mund auf die Wunde pressen, möchte die Ansteckung in mich aufnehmen, um die Leere zu füllen, die um sich zu greifen scheint.
    Aber ich tue es nicht. Ich starre nur den Biss an und denke, dass ich zu früh ausgeholt habe. Wenn ich doch gewartet hätte. Wenn ich doch nicht so ängstlich gewesen wäre. Ich hatte gewusst, dass ich warten musste, und ich hatte es nicht gekonnt. Es ist meine Schuld, dass er infiziert ist.
    »Und was ist mit Cira?«, frage ich. »Ich kann sie nicht zurücklassen.« Ich taste nach ihrer Halskette. Sie hätte uns schützen sollen und hat es nicht getan.
    Er schüttelt den Kopf, doch Verzweiflung brodelt in mir. Ich rufe meiner Freundin zu: »Cira!« Sie schaut mich an, und sogar von hier kann ich die Blutspritzer auf ihrem Gesicht sehen. Mit einem Messer in der Hand steht sie vor dem verstümmelten Körper des toten Jungen, sie hält es so fest, dass ihre Fingerknöchel im Mondschein weiß leuchten.
    Ich winke, damit sie herüberkommt. Aber sie scheint mich gar nicht zu sehen. »Cira!«, rufe ich noch einmal. »Cira, komm her.«
    Sie schreit und stößt die Klinge immer wieder in die Leiche des Jungen. Als ob sie ihn dafür bestrafen könnte, dass er sich angesteckt hat, dass er zum Breaker geworden ist.
    Meine Halsmuskeln zucken, und ich presse mir die Hände auf den Mund, meine Finger bohren sich in die Wangen, die Augen tränen. Ich wimmere.
    Catcher lenkt meine Aufmerksamkeit zurück auf sich. »Bitte, Gabry«, sagt er nur. Seine Stimme ist so voller Schmerz, dass es mich schier zerreißt. Ich schaue zu den anderen, sie haben die Köpfe in die Hände gelegt, die Gesichter tränenverschmiert, lautes Weinen dringt aus ihren Mündern.
    »Tu es für mich«, sagt Catcher.
    Es ist, als würde er mir die Erlaubnis geben, das Einzige zu tun, wonach es mich wirklich drängt. Ich drehe mich um und renne und lasse die anderen hinter mir. Zurück durch die Ruinen laufe ich, in die Schatten hinein und wieder hinaus, verstecke mich vor der Miliz, bis ich auf die Barriere treffe und mit den Fäusten dagegenhämmere. Meine Fingerknöchel sind wund gescheuert, trotzdem hämmere ich gegen das alte, morsche Holz, das so dick ist, dass es jedes Geräusch schluckt.
    Als hätte die Barriere Schuld an allem, was passiert ist. Und vielleicht ist es auch so, denke ich, lasse mich auf den Boden sinken und schließe die Augen. Wir hätten diese Grenze niemals überschreiten dürfen.
    Immerzu sehe ich Catcher vor mir, das ganze Blut. Tränen stauen sich hinter meinen Lidern, können den Erinnerungen jedoch nicht die Schärfe nehmen, die mit solcher Heftigkeit in mir wüten.
    Beinahe drehe ich mich um. Beinahe gehe ich wieder zurück. Wenn ich weggehe, lasse ich sie doch im Stich, und das ist nicht fair. In der Ferne höre ich die Miliz, die brüllend auf den Vergnügungspark zu läuft. Die Glocken in der Stadt läuten immer noch in langsamer Regelmäßigkeit. Mein Herz schlägt

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