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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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lässt es an ihm ziehen. Wie den anderen fehlt auch ihr der Unterkiefer, ihre Zähne sind gezogen. Ihr Stöhnen klingt jämmerlich und hohl.
    »Ihr Name war Kyra«, sagt er. »Sie dachte, das wäre das ewige Leben.« Er schiebt sie von sich, mit einer beinahe sanften Berührung. Ich möchte mich übergeben.
    »Was tust du da, Elias? Töte es einfach«, sage ich wieder. Es macht mir Angst, ihn so zu sehen. »Du hast gesagt, du bist kein Souler. Ich dachte, du glaubst nicht an das, was sie machen.« Ich wage mich weiter heran und mache mich bereit, das Ding selbst zu töten, wenn er es nicht tun will.
    Er bewegt sich so schnell, dass Blicke nicht folgen können. Er packt sie, drückt seine Finger in ihre Wangen und dreht sie um, bis sie mir gegenübersteht. Ich stolpere zurück und umklammere mein Messer fester. Mein Herz hämmert, es pocht heftig an meinen Schläfen, und das Atmen fällt mir schwer. Obwohl diese Mudo angeblich nicht anstecken, traue ich ihm nicht.
    Ich traue Elias nicht.
    Das Stöhnen des Mudo-Mädchens hängt in der Luft, ihre Qual ist beinahe mit Händen zu greifen. »So sind wir in Wirklichkeit alle«, sagt er. »Das ist alles, was wir je sein werden. Hüllen. Fleisch. Existieren.«
    Ich starre auf das Mädchen, denke an mein eigenes blondes Haar, das ihrem so ähnlich ist, denke, dass ich mich damit nie besonders hübsch fand. Für Catcher habe ich alles Mögliche versucht, um das Beste daraus zu machen. Ich schlinge die Arme um die Brust und umfasse meine spitzen Ellenbogen. »Ich bin überhaupt nicht wie sie«, flüstere ich.
    Ich warte darauf, dass er mir sagt, wie recht ich habe, dass er von mir nie so denken könnte wie von den Mudo. Doch er sagt nichts, sondern zieht die Klinge nur scharf und tief durch die Kehle der Mudo und schneidet ihr das Rückgrat durch. Behutsam legt er sie auf den Boden und kniet sich neben sie.
    Die Nacht wird wieder, wie sie vorher war, und ich schaue zurück Richtung Brücke. Wo mag Catcher sein? War es die richtige Entscheidung, hierherzukommen? Die Bäume auf der anderen Seite des Flusses zittern und stöhnen, ich muss mir auf die Lippen beißen, damit meine Zähne nicht klappern. Elias so zu sehen … alles an den letzten Augenblicken macht mir Angst. Ich dachte, ich würde allmählich anfangen, diesen Jungen zu verstehen. »Du glaubst doch nicht wirklich an dieses Souler-Zeug, oder?«, frage ich ruhig. Er soll Nein sagen. Ich brauche es, dass er Nein sagt.
    Er schaut mich aus dem Augenwinkel an und seufzt, dann geht er in die Hocke. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, sagt er. Seine Stimme ist so schwer, so traurig, dass ich einen Schritt auf ihn zugehe.
    »Sie sind tot«, flüstere ich. »Es sind Monster. Sie wollen uns nur töten und essen und anstecken.«
    Er schüttelt den Kopf, streckt die Hand aus, um das Gesicht der Mudo zu berühren, zieht sie aber wieder zurück. Ich winde mich, bin entsetzt, wie man einen von denen berühren wollen kann, auch wenn er tot ist. »Und was geschieht dann mit dem, was sie einmal waren?«, fragt er.
    »Das ist weg. Sie sind genau wie alle anderen, die sterben«, erwidere ich. Ich will nicht denken, die Mudo könnten irgendetwas anderes sein als Monster. Was würde das bedeuten? Dass noch etwas von dem, was sie einmal waren, in einem Körper gefangen ist, der nichts weiter will, als uns zu vernichten? Dass wir jedes Mal, wenn wir einen Mudo töten, eine Seele auslöschen? Ich lehne es ab, so etwas zu glauben.
    »Woher willst du das wissen?«, fragt er einfach.
    »Weil es so ist«, sage ich, lauter als beabsichtigt. Meine Schultern verkrampfen sich. Ich will seine Argumente nicht hören, will den Gedanken nicht zulassen, dass ich mich irgendwie irren könnte. Denn eines steht fest: Die Mudo sind tot. Von dem, was sie einmal waren, ist nichts übrig.
    Elias kommt zu mir. »Ich weiß nicht, ob es so leicht sein kann«, sagt er.
    In mir wallt eine Frustration auf, die sich wie ein Ausschlag auf Brust und Nacken ausbreitet. »Sie sind tot«, erwidere ich bestimmter. »Sie sind infiziert, sie sterben – und irgendetwas bringt sie dazu herumzustolpern und uns zu jagen. Aber das sind nicht sie. Wenn sie sterben, ist alles weg, was sie einmal waren. Es …«, ich suche nach dem richtigen Wort. »Es verschwindet einfach.«
    »Und was ist mit den Breaker?«, fragt er. »Warum sind sie anders, nur weil keine anderen Ungeweihten in der Nähe sind, wenn sie sich wandeln? Woher wissen sie das?«
    »Keine Ahnung – das ist einfach

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