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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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Krankenwagen kam. Erst nachdem man ihn fortgebracht hatte, wurde mir die Tragweite dessen klar, was da gerade geschehen war. Ich kehrte zurück nach Amiens und zog Erkundigungen ein. In Paris gibt es jemanden, der recht begabt im Fälschen von Dokumenten ist. Und so ließ ich die nötigen Papiere anfertigen.«
    »Ich bin erstaunt über Ihre Geistesgegenwart.«
    »Ich stand unter Schock. Erst später hatte ich Gelegenheit, alles genau zu durchdenken. In einer Krise handelt man einfach nur.«
    »Ich weiß.«
    »Und dann, Jahre später, suchte er mich in Boston auf. Natürlich hatte er keine Ahnung, dass ich es war, der ihn gerettet hatte. Bis dahin hatte ich mich von ihm ferngehalten, auch wenn ich versucht hatte, über sein Leben auf dem Laufenden zu bleiben. Doch wenn ich auf ihn zugegangen wäre, hätte ich ihm verraten müssen, dass ich ihn hergeholt hatte. Und dann hätte er mich bitten können …«
    »Worum bitten?«
    »Ihn zurückzuschicken.«
    »Das können Sie?«
    »Ich glaube, ja.« Er biss sich auf die Lippe. »Ich weiß es.«
    »Lassen Sie mich raten. Als Sie bemerkt haben, wie einsam er ist, haben Sie auch Geoff hergeholt, damit er ihm Gesellschaft leistet. Und später Arthur Hamilton.«
    »Bei Hamilton war es recht schwierig, weil ich den genauen Ort nicht kannte. Ich habe jahrelang herumexperimentiert. Außerdem habe ich noch einige andere geholt, die ich in den Geschichtsbüchern immer bewundert hatte und die als vermisst galten, da ihre Leichen nie gefunden worden waren. Warum sie nicht retten?, habe ich mir gedacht.«
    »Aber wie?«, platzte ich heraus. »Wie funktioniert es? Sie sitzen einfach da und konzentrieren sich, und dann passiert es?«
    Hilflos zuckte er mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ganz so ist es nicht. Offenbar müssen bestimmte Elemente aufeinandertreffen. Zum Beispiel muss ich genau an derselben Stelle stehen wie die betreffende Person zum Zeitpunkt der Krise. Daran ist nicht zu rütteln.«
    »Zeitpunkt der Krise?«
    »Der Moment, in dem die historischen Aufzeichnungen über einen Menschen abreißen«, erklärte er unwirsch. »Außerdem muss ich einen Gegenstand aus dem Besitz der Person bei mir haben. In Julians Fall hatte ich seinen letzten Brief nach Hause eingesteckt, ohne mir etwas dabei zu denken. Die Familie hatte ihn mir zu Forschungszwecken geliehen. Bei den anderen musste ich mich auf die Suche nach derartigen Objekten machen, nachdem mir klar geworden war, dass sie eine Rolle spielten.«
    »Und was sonst noch? Das kann doch nicht alles sein.«
    »Nun, vermutlich muss auch eine Form der persönlichen Verbindung bestehen. Die Person muss einen Bezug zur Moderne haben.«
    »Aber welchen Bezug hatte Julian zum Jahr 1996?«
    »Vielleicht den, dass es Sie gibt.«
    »Er kannte mich doch gar nicht.«
    »Er würde Sie wiedererkennen. Falls die Zeit wirklich so flexibel und gewissermaßen ein Kreislauf ist, war es vielleicht nicht wichtig, ob er Ihnen begegnen würde.«
    Ich lehnte mich zurück und ließ das auf mich wirken. »Haben Sie mit jemandem darüber gesprochen? Mit einem Physiker vielleicht? Sie können doch nicht einfach ganz allein Löcher in den Zusammenhang zwischen Zeit und Raum reißen wie ein Voodoo-Priester.«
    Er schwieg eine Weile. »Ich kann es nicht erklären und weiß nicht, woran es liegt. Warum ich diese Fähigkeit besitze und wie ich sie erworben habe. Auch nicht, ob ich der Einzige bin. Es ist nun einmal so.«
    »Also«, sagte ich nachdenklich, »lassen Sie mich eines klarstellen. Wenn ich mich ins Jahr 1916 zurückversetzen lasse und verhindere, dass Julian an dieser Patrouille teilnimmt, könnte er bleiben, wo er war? Oder besser, wann er war?«
    »Keine Ahnung. Das ist eine interessante Frage.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ob es Ihnen gelingen würde, den Lauf der Geschichte zu ändern. Wir wissen, dass er in unsere Zeit gekommen ist. Ist es möglich, dass Sie in seine zurückgehen und die Ereignisse beeinflussen? Es wäre ein großes Risiko für Sie und für ihn.«
    »Aber wäre es das Risiko nicht wert, wenn er sonst stirbt?«
    »Das kann ich nicht sagen«, erwiderte er. »Wie lautet die Antwort auf die ethische Frage? Gibt es überhaupt eine? Das Schwirren der Flügel eines Kolibris …«
    »Würden Sie es für mich tun? Falls wir nach unserer Landung in Manchester erfahren, dass sie ihn umgebracht haben. Würden Sie mich zurückversetzen?«
    »Was würden Sie dann tun?«
    »Ihn suchen und ihn überreden, seinen Plan aufzugeben.«
    »Ihnen ist

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