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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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Traum ist.«
    »Das hier?«
    »Du. Ich. Das hier. So habe ich noch nie empfunden. Es ist, als würde ich dich bis ins Innerste kennen, und gleichzeitig kenne ich dich überhaupt nicht. Und wenn du so verrückte Sachen sagst, obwohl wir noch nicht einmal …«
    »Noch nicht einmal was?«
    »Du weißt schon.« Ich spürte, wie mir die Röte gnadenlos in die Wangen stieg. »Uns noch nicht einmal geküsst haben.«
    Er lachte auf. »Nun, und wessen Schuld ist das? Der Atem riecht nach Kaffee. Ach herrje! Außerdem habe ich dich letzte Nacht geküsst. Und heute Morgen.«
    »So habe ich es nicht gemeint.«
    Kurz herrschte Schweigen. Im nächsten Moment schoss das Auto über drei verstopfte Fahrspuren hinweg zur Ausfahrt und blieb dort ruckartig stehen. »Was machst du da?«, rief ich und klammerte mich an den Sitz. Geländewagen und Transporter sausten empört hupend an uns vorbei.
    »Ich küsse dich«, antwortete er. Und dann umfassten seine großen Hände mit den schlanken Fingern mein Gesicht, und er senkte seine Lippen auf meine.
    O Gott, endlich. Eine sanfte Berührung, warm und zum Hineinsinken weich, Zimt, Rosinen und noch etwas anderes, unbeschreiblich Köstliches. O Gott, ich wollte mehr. Doch er hielt sich zurück, eine aufreizende Selbstbeherrschung, die überhaupt nichts von einem ersten Kuss hatte. Nicht die Spur von Unbeholfenheit, und er wusste genau, was er tat, als die Spitze seiner samtweichen Zunge meine ganz zart streifte. O Gott, das Gefühl durchzuckte mich wie ein Stromstoß. Sanft stützten seine Hände meinen Kopf, seine Finger spielten mit den feinen Härchen an meinen Schläfen. Ich fühlte mich leichter als Luft, so dass nur noch Julians Hände und Lippen mich am Boden hielten. Ich schob die Finger unter sein Sakko und klammerte mich, um den Kontakt zur Wirklichkeit nicht zu verlieren, an seinen Körper unter den dünnen Schichten von Hemd und Unterhemd. »Kate«, stöhnte er, die Lippen auf meinen, und rückte näher an mich heran. Ich schlang den anderen Arm um ihn und wäre in meinem verzweifelten Bedürfnis, ihm nah zu sein, beinahe auf seinen Sitz hinübergeklettert.
    Er hielt inne. Sein schwerer Atem berührte die Haut an meinem Schlüsselbein, seine Hände umfassten noch immer meine Wangen, und der warme Geruch seines Haars stieg mir in die Nase.
    »Wow«, sagte ich. Ich konnte meinen eigenen Puls rasen hören. »Viel geübt?«
    Als er den Kopf hob und mich ansah, war sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. »Ganz und gar nicht.«
    »Dann bist du offenbar ein Naturtalent«, erwiderte ich und fuhr mit dem Daumen seine Unterlippe entlang. Er schloss die Augen und küsste ihn.
    Das Gellen einer Lkw-Hupe durchschnitt gnadenlos die knisternde Luft um uns herum. »O mein Gott«, rief ich, »wir riskieren hier unser Leben!«
    Lachend und mit einer letzten Liebkosung meiner Wange machte er sich los. »Du wolltest einen Kuss«, erinnerte er mich.
    »Ich meinte doch nicht jetzt, in dieser Sekunde.« Ich drehte mich um und sah, dass sich eine Masse von Fahrzeugen auf uns zuwälzte.
    Seine Hand wanderte zum Schaltknüppel. »Mir war es das Risiko wert.« Nach einem raschen Blick in den Rückspiegel ließ er die Kupplung kommen, so dass wir vom Straßenrand wieder in den fließenden Verkehr hineinschossen, als hätte sich die Verheißung einer zukünftigen Möglichkeit nicht gerade in eine unverrückbare Tatsache verwandelt.
    Wir nahmen die Ausfahrt Brooklyn Bridge und fuhren an der City Hall vorbei zum Broadway und zur Wall Street, wo wir mit einem theatralischen Aufheulen des Motors vor dem Sterling-Bates-Gebäude hielten. »Was für ein Auto ist das eigentlich?«, fragte ich.
    »Ein Maserati«, erwiderte er grinsend.
    »Und ich habe meiner Mom gerade erklärt, dass du nicht protzig bist.«
    Ein Zwinkern. »Ein Mann muss sich ab und zu auch einmal etwas gönnen.« Er stieg aus, ging um das Auto herum und hielt mir die Tür auf, während ich noch meine Sachen zusammensuchte. Als ich mich hochwuchten wollte, spürte ich seine Hand am Ellbogen.
    »Danke«, sagte ich schüchtern und sortierte meine Habe.
    »Gern geschehen.« Er stand einfach nur da und musterte mich. Sein Lächeln war einer Miene gewichen, die eher wehmütig als glücklich wirkte.
    Als ich bemerkte, dass ich auf seinen Mund starrte, räusperte ich mich. »Weißt du was?«, begann ich und nestelte am Tragegurt meiner Laptoptasche. »Wir waren auch noch nie richtig verabredet.«
    »Soll ich dich um acht abholen?«
    »Tut

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