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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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oder sich aus Angst vor dem Tod vor seinen Pflichten drückt.«
    »Angst vor dem Tod? Julian, es steht absolut fest!«
    »Wenn die Kugel für mich bestimmt ist, ist das ein Grund mehr, mich ihr zu stellen.«
    »Es ist keine Kugel, sondern eine Granate.«
    »Und was ist mit dem Mann, der an meiner Stelle stirbt? Was soll ich seiner Familie schreiben?«
    »Und was ist mit dem Brief an Ihre Familie?«, gab ich verzweifelt zurück, da mir inzwischen klar war, wie sehr ich mich verschätzt hatte. »Bitte glauben Sie mir. Sie werden sterben. Wirklich, Julian. Das können Sie mir nicht antun.« Ich rutschte vom Bett und warf mich vor ihm auf die Knie. »Bitte hören Sie auf mich. Was kann ich sonst noch sagen oder tun?«
    Er griff nach meinen Händen, stand auf und zerrte an mir. »Nicht, Kate. Nicht. Mein kleiner Engel, was reden Sie da? Sie wissen doch, dass ich das nicht tun kann. Wenn Sie mich kennen, wie Sie es behaupten, muss Ihnen klar sein, dass ich die Last nicht auf jemand anderen abwälzen darf.«
    »Nein«, murmelte ich tonlos. »Selbstverständlich nicht. Was habe ich mir bloß dabei gedacht, es Ihnen einfach so zu erzählen und den Rest wegzulassen? Das konnte nicht funktionieren.«
    »Den Rest?«
    Im fahlen Dämmerlicht, das durch das Fenster hereinfiel, lag sein regloses Gesicht im Schatten, so dass ich ihm nichts entnehmen konnte. »Hören Sie«, sprach ich weiter. »Ich weiß, dass Sie heute mit Geoff, Arthur und Ihren Colonels verabredet sind. Aber könnten Sie mir bitte einen Gefallen tun?«
    »Was immer Sie möchten«, erwiderte er leise.
    »Könnten Sie zu mir kommen, wenn Sie zurück sind? Ich habe keine … vermutlich ist unsittlichen das richtige Wort … Absichten, sondern will nur mit Ihnen reden, denn ich habe Ihnen noch etwas zu sagen, das ziemlich schwierig zu erklären ist.«
    Er musterte mich so eindringlich, dass ich errötete.
    »Bitte«, flüsterte ich in sein Schweigen hinein. »Wenn Sie ahnen würden, wie weit ich gereist bin und welche Strapazen ich auf mich genommen habe, um Sie zu finden.«
    »Aber warum?«, beharrte er. »Warum? Ich bin ein Fremder für Sie.«
    »Wäre es sehr unfair von mir, Ihnen zu versprechen, dass ich es Ihnen später erzähle?« In der Dämmerung standen wir so dicht beieinander, dass ich kaum zu atmen wagte, weil ich befürchtete, dass sein Geruch meinen Untergang bedeuten würde. »Heute Abend, wenn Sie zurückkommen? Denn es ist wirklich ziemlich kompliziert.«
    Er hob die rechte Hand und ließ sie wieder sinken. »Kate«, sagte er in leisem, eindringlichem Ton, »ich schicke Warwick und Hamilton eine Nachricht und sage ab. Der Regen hat aufgehört. Wir könnten zusammen zu Abend essen. Einverstanden?«
    »Sie werden Verdacht schöpfen. Und dann ist mein guter Ruf ruiniert.«
    »Ich werde behaupten, mir sei nicht gut und ich müsse das Bett hüten.«
    »Ich habe nichts Passendes anzuziehen«, warnte ich ihn.
    »Das spielt keine Rolle. Sie sehen reizend aus.«
    »Mir könnte auch wieder übel werden.«
    »Dann besorge ich Ihnen eine Schüssel. Bitte, Kate.« Kühner geworden, hob er wieder die Hand und streifte meinen Ellbogen.
    »Ist Ihnen klar, dass man Ihnen nichts abschlagen kann?«, meinte ich.
    Er grinste breit und strahlend.
    »Also gut, Captain Ashford«, seufzte ich. »Abgemacht.«

9
    J ulian stand in einem Lichtstrahl im hinteren Teil des Ballettstudios und erwartete mich, die Arme verschränkt und ein merkwürdiges Lächeln auf den Lippen.
    »Eigentlich sind Besucher hier nicht erlaubt«, schimpfte ich, um zu verbergen, dass mein Herz bei seinem unerwarteten Anblick einen Satz machte. Obwohl ich in den letzten beiden Tagen fast ununterbrochen an ihn gedacht hatte, überraschte mich die Wirklichkeit immer wieder.
    »Ich habe die Empfangsdame überredet, eine Ausnahme zu machen«, erwiderte er und trat einen Schritt vor, um mich auf die Lippen zu küssen. Die anderen Tänzerinnen, die an uns vorbeiströmten, sahen sich neugierig um. Und neidisch.
    »Das kann ich mir denken«, seufzte ich. »Wie viel hast du gesehen?«
    »Nur die letzten zehn Minuten«, versicherte er und zog dann auf die für ihn typische hinreißende Art die Mundwinkel hoch. »Genug, um dir aufs Neue zu verfallen.«
    »Oh, verschone mich. Ich bin wahrscheinlich die Schlechteste im Kurs. Die anderen tanzen ohne Pause, seit sie etwa drei sind. Ich habe erst letztes Jahr wieder angefangen und hatte fast alles vergessen.«
    Immer noch lächelnd, schüttelte er fast unmerklich den

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