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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Koelle
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an dem Fernseher herum, den sie kaum benutzt hatte. Wer brauchte das, wenn es Meer und Himmel gab und warmen Sand unter den Fußsohlen. So alt wie befürchtet war der Apparat nicht. Als Jakob zurückkehrte, war er hochzufrieden, als er die richtige Buchse für das Kabel entdeckte, das er mitgebracht hatte.
    „Das müsste klappen. Gib her, die Kassetten.“
    „Und Anna-Lisa?“
    „Schläft. Ich habe ihr einen Zettel hingelegt, falls sie aufwacht. Sie hat nachts keine Angst, sie ist es gewöhnt, dass ich manchmal fischen bin.“
    Sie hätten den Film genauso gut bei Jakob ansehen können, denn in dem Moment, als die Aufnahmen über den Schirm flimmerten, verschwanden die alten Mauern von Naurulokki um sie herum und sie flogen mit den Wildvögeln, waren frei in der großartigen, zerbrechlichen Landschaft von Meer, Wald, Wiesen und Bodden.
    Die von Joram gewählte Perspektive aus den Baumkronen war einzigartig. Mal sah man die Vögel von unten, scheinbar oder wirklich nahe, sah sie unter abendlichen Wolken fliegen oder im Regen; im nächsten Moment blickte man wie die Vögel von oben herab auf den Waldboden, sah die Regentropfen unter sich fallen, fallen, schließlich auf den Blättern zerstäuben oder in Pfützen auflösen.
    Dann wieder musste Joram auf eine der Kiefern an den Dünen geklettert sein, ein andermal in eine Silberpappel. In einem Rahmen heller Blätter oder Nadeln, die Tau oder Raureif trugen, sah man Schwäne tief über das Meer fliegen, Möwen in der Brandung planschen, den Kormoran nach Fischen tauchen und Schwalben über dem Dünenkamm nach Mücken jagen, war Zeuge, wie Kraniche im Sonnenaufgang über einer nebligen Wiese ihre Formation ordneten. Zwischendurch aber lag Joram auch mit der Kamera rücklings im Sand, denn man spähte durch Strandgras, das im Wind tanzte, von unten an den langen Beinen eines Kranichs herauf dem Vogel in die Augen. Zwischendurch gab es stille Einstellungen nur von Wind, der in den Sand zeichnete, von einer Muschel in der Brandung, von einsamen Stränden im Morgendunst, von Treibholz, halb versunken.
    Joram hatte keinen Kommentar zu den Aufnahmen gesprochen, auch keine Musik hinterlegt. Er ließ den Wind erzählen, das Meer rauschen, branden, flüstern, die Pappelblätter rascheln, den Sand rieseln, Frösche auf den Boddenwiesen quaken, und natürlich waren über allem immer wieder die Dialoge der Wildgänse und das markante, melancholisch-heisere Rufen der Kraniche. Zusammen wob alles eine großartige Musik um die bewegten Bilder, vergänglich und ewig zugleich, eine Melodie, auf der man reisen, fliegen, getragen werden konnte und die einen ebenso wieder auf die Erde holte in dem unwiderruflichen Wissen, dass man hier und nur hier so lebendig und dermaßen zuhause sein konnte.

    Jakob und Carly saßen schweigend, als das zweite Band durchgelaufen war. Schließlich räusperte sich Jakob.
    „Donnerwetter! Er war nicht nur in Bezug auf Holz ein Künstler.“
    Auch Carly hatte Schwierigkeiten, ihre Stimme wiederzufinden. Ihr eigener Körper kam ihr für einen Moment schwer und fremd vor, so unterwegs war sie gewesen.
    „Was für ein Vermächtnis. Das sollte die Welt sehen, nicht nur wir.“
    „Ich könnte es behutsam schneiden – nur ein paar ganz kleine Fehler waren drin, einmal ist der Kamerariemen drauf, einmal lief die Aufnahme aus Versehen. Möglicherweise kennt Elisa einen ortsansässigen Verlag, der interessiert wäre. Wenn dein Professor als Erbe der Rechte einverstanden ist, natürlich.“
    „Das ist er mit Sicherheit.“
    Es klopfte.
    „Papa, Carly, macht auf!“
    „Anna-Lisa!“ Carly sprintete zur Tür. „Ist was passiert?“
    „Nö, ich kann nur nicht schlafen. Was macht ihr da?“
    „Komm her, Kleines. Ich muss dir was sagen.“ Jakob zog sie auf seinen Schoß und erzählte ihr vorsichtig von Jorams Tod.
    „Ich hab doch gesagt, er ist mit den Gänsen oder den Kranichen fortgeflogen. Er hat es gemacht wie die Schmetterlinge. Er hat seinen Kokon im Baum gelassen und ist weggeflogen.“
    Verblüfft sahen sich Carly und Jakob an. Es klang so einfach und gar nicht falsch.
    Und so leicht.
    „Welche Vögel mochte Joram am liebsten, die Gänse oder die Kraniche, weißt du das, Anna-Lisa?“
    „Auf jeden Fall die Kraniche. Aber er hat die Holzgans gemacht, weil das mit einem Kranich nicht gegangen wäre. Sie sind zu schlank, hat er gesagt, das wäre nicht stabil und man könnte nicht drauf sitzen.“
    „Ich mach uns einen Kakao“, sagte Carly.
    Während

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