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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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wollen, aber dann war David umgekippt und ihm war der Mut geschwunden. Die plötzliche Zerbrechlichkeit des Jungen hatte ihn vollkommen eingenommen. Dabei hätte es keinen besseren Augenblick geben können, um die eigenen Schwächen aufzudecken. Daran hatte er aber nicht gedacht und jetzt stand ihm diese Aufgabe immer noch bevor.
    Er hatte es gewusst: Sobald er erst mal die Wahrheit akzeptierte, dass er in David verschossen war, würde alles unweigerlich seinen Lauf nehmen. Genau so war es gekommen. Merlin konnte sich einfach nicht mehr gegen sein Gefühl wehren, egal, wie oft er sich sagte, dass es eigentlich unmöglich war, sich in jemanden zu verlieben, den man erst seit so kurzer Zeit kannte. Oder verwechselte er Verliebtsein mit Begehren? Nein, das konnte es nicht sein, auch wenn er natürlich schon daran gedacht hatte, wie es denn sein würde, mit David Sex zu haben. Es war viel mehr dieses Gefühl, ihm nah zu sein, alles von ihm mitbekommen zu wollen. Seit gestern kam noch der Beschützerinstinkt hinzu. David machte ihn einfach neugierig, wie er dort morgens auf der Bank saß und über irgendwas nachdachte. Er selbst nahm sich nie Zeit, um mal in Ruhe nachzudenken. Meist war er beim Sport, wenn es etwas zu Grübeln gab. So wie gestern. Das war für ihn Entspannung. Allerdings hatte er gestern nicht über das nachgedacht, was ihn eigentlich zum Sport getrieben hatte.
    Merlin drehte sich mit einem Ruck um. Kaum hatte er gestern sein Laufband bestiegen, war ihm David auf der anderen Straßenseite aufgefallen. Wie eine Erscheinung hatte er auf dieser Parkbank gesessen. Merlin wunderte sich eh immer, was das kleine Stück Park an diesem hässlichen Verkehrsknotenpunkt sollte. Aber David hatte sich offenbar nicht gefragt und einfach gesetzt. Manchmal war es Merlin fast vorgekommen, als hätte er zu ihm hinaufgeschaut. Als David dann aber schließlich gegangen war, wollte Merlin schon abspringen und hinterher. Aber er hätte auf jeden Fall zu lange gebraucht. Außerdem wusste er nicht, ob David ihn nicht vielleicht ein wenig aufdringlich finden würde. Er hatte jedenfalls keine Lust, durch ein solches Verhalten auffällig zu werden. Wahrscheinlich benahm er sich ohnehin schon auffällig genug. Wenn Merlin da an die Zigarettenaktion dachte, konnte er nur den Kopf schütteln. Das würde jeder Trottel als Anmache entlarven. Ein Grund mehr, gleich im Bett liegen zu bleiben, bis es zu spät war. Zu spät, um mit David zur Schule zu gehen. Denn genau das hatte er sich für heute vorgenommen. Er wollte ihm endlich die Wahrheit über sich sagen. Zumindest erschien ihm das gestern abend vor dem Einschlafen ein ganz vernünftige Idee zu sein. Heute morgen sah die Welt aber wieder anders aus. Welcher Idiot kam schon auf die Idee, jemandem hochbrisantes Zeug an den Kopf zu knallen, bevor er mit ihm stundenlang an einem Tisch sitzen musste? Er überlegte wirklich, ob sein Outing tatsächlich so gut geplant war. Würde es nicht viel lockerer sein, wenn er nach der Schule auf dem Heimweg darüber sprach? So wie gestern. Wieder ärgerte er sich, dass er die Möglichkeit hatte verstreichen lassen. Nein, er wollte es endlich hinter sich bringen.
    Merlin rollte sich aus dem Bett und taumelte ins Bad. Natürlich hatte er Angst, dass David es seltsam aufnehmen könnte - vor allem, wenn er das im Zusammenhang mit der Zigarrettenaktion sah. Aber so schlimm würde es schon nicht werden. Merlin konnte immer noch sagen, dass er das Ganze gar nicht so beabsichtigt hatte. Das wäre nicht mal gelogen. Er begann sich zu waschen. Wenn Linda und seine Mutter recht behielten, würde David sich vielleicht sogar freuen, einen schwulen Gesprächspartner zu haben - vielleicht auch mehr ... Merlin brach den Gedanken ab. Das ging zu weit. Warum sollte sich David freuen? Selbst wenn er schwul war, konnte es ihm doch vollkommen egal sein, wenn jemand anderes seine sexuellen Vorlieben teilte. Ihn selbst kümmerte es doch auch nicht, wenn andere schwul waren. Kein Grund zur Freude. Das war schlichtes Wunschdenken von ihm. Er wollte, dass sich David freute, dass er sich ebenfalls outete und sie gemeinsam die Schule schwänzen konnten. Merlin lachte auf. Jetzt wurde es wirklich wild. Er stieg unter die Dusche.
    Seine Mutter schlief noch, als er zwanzig Minuten später die Treppe hinunterstieg. Er trank noch ein Glas Milch, dann verließ er das Haus. Wann war er zuletzt so früh aus dem Haus gegangen? Merlin nahm sich vor, David als erstes zu fragen, warum er

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