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Das Menue

Titel: Das Menue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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sprang vor, packte die Lampe und drehte sie zu seinem früheren Vernehmer herum. »Wo ist hier das nächste Klo?«, fragte er.
     
    Die Sonne ging über Brooklyn auf. Manch einer mag nun glauben, die Dächer leuchteten romantisch golden. Soll er doch. Ein junger Mann auf einem Balkon hoch über den Straßen glaubte es jedenfalls ganz bestimmt nicht. Elvis Aaron Presley trank Bourbon und starrte den neuen Tag geistesabwesend an. Der Balkon erstreckte sich vor einem fantastischen Penthouse über einem Appartementblock aus schwarzem Glas und Stahl, der verblüffend einer gigantischen, aufrecht stehenden Gitarre ähnelte. Elvis hatte das Gebäude selbst entworfen und war der einzige Bewohner. In der Tiefgarage standen zahlreiche Wagen, Vans und Motorräder. Die Stockwerke zwischen Tiefgarage und Penthouse wurden von einer außergewöhnlichen Vielfalt von Paraphernalien eingenommen. Es gab genügend Waffen, um ein ganzes Regiment auszurüsten und einen ansehnlichen militärischen Coup zu beginnen. Uniformen, Kostüme, Anzüge und Verkleidungen. Verpflegung, Ortungsapparate, Computer. Eine Turnhalle, ein Solarium, einen Indoor-Pool von olympischen Dimensionen. Alles unter strengster Überwachung. Es gab Videokameras, Laserfallen, druckempfindliche Bodenplatten und Schallsensoren. Alle möglichen Arten von verrücktem Zeugs. Die Arbeit der vergangenen fünfzehn Jahre und noch ein paar mehr. Und was nutzte das alles jetzt?
    Elvis seufzte und nahm einen weiteren Schluck. Eine Stimme in seinem Kopf, die alles andere als sein Gewissen war, sagte: »Also hattest du einfach nicht den Mumm dazu, Chef, wie?«
    Elvis nahm einen letzten Schluck, erhob sich von seinem weißen Liegestuhl, und füllte sein Glas nach. »Einen Menschen kaltblütig über den Haufen fahren?«
    »Keinen Menschen, Chef, ganz gewiss keinen Menschen.«
    »Ich schätze, ich habe gekniffen, wie?«
    »Das ist das Lampenfieber, Chef, sonst nichts. Beim nächsten Mal erwischst du ihn.«
    »Wir suchen seit 1958 nach ihm, und jetzt, wo wir ihn haben, da bringe ich es nicht…«
    »Du wirst ihn schon noch erwischen, Chef. Es ist deine göttliche Mission, oder nicht?«
    »Sicher. Aber vielleicht soll es einfach nicht sein?«
    »Selbstverständlich soll es sein! Du hast die Zukunft gesehen. Du weißt, dass Wayne L. Wormwood der leibhaftige Teufel ist. Er wird die Welt 1999 in die Luft jagen. Jedenfalls dann, wenn du ihn nicht aufhältst.«
    »Aber kann ich ihn aufhalten? Kann ich einen Menschen töten? Ich kann es nicht!«
    »Der Bursche an der Grand Central Station ist bestimmt anderer Meinung.«
    »Das war nicht meine Schuld.«
    »Er ist trotzdem tot.«
    »Vielleicht, wenn ich vorher mit Wormwood reden würde.«
    »Meine Güte, Chef! Jetzt mach aber halblang!«
    »Nein, wirklich! Ich habe eine neue Chance bekommen. Ich habe mich geändert!«
    »Er will sich aber nicht ändern! Er ist der Antichrist! Der durch und durch böse Bube. Der terminale Stinker. Er will Präsident werden. Er will aufrüsten. Er wird den roten Knopf drücken. Du weißt das.«
    Elvis ließ den Kopf hängen. Er wusste es tatsächlich. »Wie kommt es eigentlich, dass ich nicht vom Drehbuch abgewichen bin, wie die Phnaargs das wollten? Ich wäre inzwischen längst selbst Präsident.«
    Zum ersten Mal schien der Zeitkohl keine Antwort zu wissen.
    »Nun, wie kommt’s?«
    »Du hattest diese Offenbarung, wenn ich mich recht entsinne.«
    »War wie eine Stimme in meinem Kopf. Wenn ich mich recht entsinne.«
    »Nun, ich weiß jedenfalls nichts davon, Chef. Falls du das meinst.«
    »Bestimmt nicht, wie?«
    »Kopf hoch, Chef.« Plötzlich klang der Zeitkohl ganz vergnügt. »Du wirst es schon richten, Chef. Habe ich dich nicht all die Jahre jung und hübsch gehalten? Vertrau mir. Was hältst du davon, wenn ich deine erogenen Zonen ein wenig aufmuntere?«
    »Du wirst dich von meinen erogenen Zonen fern halten. Ich muss nachdenken, und das verdammt ernsthaft. Und damit meine ich: ich. Leg dich ein wenig schlafen, Kumpel.«
    »Verstanden, Chef.«
     
    Die Sonne war inzwischen vollständig über dem Miskatonic River aufgegangen. Die New-England-Landschaft strahlte im Licht des neuen Tages. Unterhalb der großen Universität erstreckte sich das Grasland bis hinunter zum alten Arkham, das mit seinen Giebeldächern und den schiefen, kopfsteingepflasterten Straßen, die sich zwischen ihnen hindurchwanden, aussah wie eine in Dunst gehüllte Geisterstadt.
    Hoch oben auf einem Hügel, doch im Schutz einer Reihe

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