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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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pflegen. Wenn Sie so wollen, waren wir zwei Außenseiter, die geglaubt haben, sie wären gleich. Das sehe ich heute. Leider hat Roland es als Erster erkannt. Und das ist die ganze Wahrheit. Ich bin die Hexe, er ist der Baron. Sie werden die Baronin sein und sollten sich keine Gedanken darüber machen, wenn sich der Baron und die Hexe gut verstehen. Es ist zum Nutzen aller. Und mehr gibt es zu diesem ›Thema‹ nicht zu sagen. Falls dieser Begriff nicht überhaupt viel zu hoch gegriffen ist. Es ist allerhöchstens der Geist von einem Thema.«
    Lätitias Züge hellten sich auf, als wäre das Licht der aufgehenden Sonne darüber gehuscht.
    »So, das war meine Wahrheit, und jetzt würde ich gern die Ihre hören. Aber wie wäre es, wenn wir uns woanders weiterunterhalten? Ich habe Angst, dass jeden Moment die Wachen reingestürmt kommen und mich irgendwo einsperren, wo ich nicht wieder rauskomme.«
     
    Tiffany schaffte es, Lätitia mit auf den Besen zu nehmen. Als er sich sanft von den Burgzinnen erhob, legte sich die zappelige Unruhe des Mädchens und verwandelte sich, während sie über das Dorf hinwegglitten und schließlich auf einem Feld landeten, in verzücktes Staunen.
    »Haben Sie die ganzen Fledermäuse gesehen?«, fragte sie.
    »Ja, wenn man nicht so schnell ist, schwirren sie gern um den Besen herum«, antwortete Tiffany. »Eigentlich sollte man meinen, dass sie ihm aus dem Weg fliegen würden. Na ja. So, Fräuleinchen, hier sind wir ganz unter uns. Und jetzt erzählen Sie mir, wie Sie es hinbekommen haben, dass mich die Leute hassen.«
    Lätitia stand die Angst ins Gesicht geschrieben.
    »Nein, ich will Ihnen nichts tun«, sagte Tiffany. »Sonst hätten Sie es schon längst gemerkt. Aber ich möchte mein Leben wieder in den Griff bekommen. Sagen Sie mir, was Sie getan haben.«
    »Ich hab den Straußentrick angewendet«, antwortete Lätitia wie aus der Pistole geschossen. »Das nennt sich Antipathiemagie: Man bastelt sich eine Figur von der Person, die man nicht leiden kann, und steckt sie kopfüber in einen Eimer Sand. Es tut mir leid, es tut mir so leid …«
    »Ja, ja, das sagten Sie schon. Von diesem Trick habe ich noch nie etwas gehört. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    Bei mir hat es trotzdem gewirkt, dachte sie. Dieses Mädchen ist keine Hexe, und was sie da auch immer ausprobiert hat, war keine echte Magie. Und trotzdem hat es bei mir gewirkt.
    »Wenn es Zauberei ist, muss es ja auch gar keinen Sinn ergeben«, sagte Lätitia hoffnungsvoll.
    »Doch. Ganz ohne geht es leider nicht.« Tiffany blickte zu den aufgehenden Sternen hinauf.
    »Ich habe den Trick jedenfalls aus dem Buch Zauberei für Liebende von Anathema Gezieferlos, falls Ihnen das weiterhilft. «
    »Vorne drauf ist ein Bild von der Autorin, nicht wahr? Wie sie auf einem Besen sitzt?«, sagte Tiffany. »Wie sie falsch rum auf einem Besen sitzt, wie ich anmerken könnte. Der noch nicht mal einen Sicherheitsgurt hat. Und ich habe auch noch nie eine Hexe kennengelernt, die eine Schutzbrille trägt. Und dass sie ihre Katze auf dem Besen mitnimmt, daran darf ich gar nicht erst denken. Ihr Name ist auch erfunden. Ich habe das Buch im Boffo-Katalog gesehen. Es ist Schrott. Firlefanz für versponnene Gören, die glauben, man bräuchte bloß einen sündteuren Stab mit einem draufgepappten Halbedelstein, um zaubern zu können. Nichts für ungut, aber da kann man sich genauso gut den erstbesten Stock aus einer Hecke klauben und behaupten, er wäre ein Zauberstab.«
    Lätitia ging wortlos bis zur Hecke, die das Feld von der Straße trennte. Wer ein bisschen sucht, findet unter einer Hecke immer einen brauchbaren Stock. Sie fuchtelte ein bisschen damit herum, und er zog eine leuchtend blaue Linie hinter sich her.
    »So ungefähr?«, fragte sie. Eine Zeitlang herrschte tiefe Stille, unterbrochen nur gelegentlich vom Schrei einer Eule oder – aber nur für den, der mit einem wirklich guten Gehör ausgestattet war – dem Flattern der Fledermäuse.
    »Ich finde, es wird langsam Zeit, dass wir uns mal richtig unterhalten«, sagte Tiffany schließlich. »Was meinst du?«

11
    Fegefeuer für Hexen
    »Ich hab dir doch erzählt, dass ich schon immer Hexe werden wollte«, sagte Lätitia. »Du hast ja keine Ahnung, wie schwierig das ist, wenn deine Familie in einem riesigen Schloss wohnt und so alt ist, dass sogar das Wappen einen Bart hat. Dagegen kommt man natürlich kaum an. Nimm mir

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