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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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verschwörerisch die Stimme und sagte: »Ich glaube, unser Fräulein Proper kann dich nicht besonders gut leiden, mein Kind.«
    »Sie findet mich unhygienisch«, antwortete Tiffany. »Weshalb man darum heutzutage so viel Wind macht, habe ich nie ganz verstanden.«
    »Im Grunde ist nicht viel dabei«, sagte Tiffany. »Ich muss dafür bloß so oft wie möglich meine Hände ins Feuer halten. «
    »Wie bitte? Du hältst deine Hände ins Feuer ?«
    Schon tat es ihr leid, dass sie überhaupt davon angefangen hatte, denn jetzt würde der alte Mann nicht eher Ruhe geben, bis sie es ihm gezeigt hatte. Seufzend trat sie vor den Kamin und nahm einen großen eisernen Schürhaken aus dem Ständer. Sie konnte allerdings nicht leugnen, dass sie den Trick manchmal ganz gern vorführte, besonders vor einem so dankbaren Publikum. Aber sollte sie es auch tatsächlich tun? Andererseits, warum nicht? Der Feuertrick war nicht sonderlich kompliziert, die Schmerzen hielten wunderbar das Gleichgewicht, und dem Baron blieb auch nicht mehr sehr viel Zeit.
    Aus dem kleinen Brunnen in der hinteren Ecke des Zimmers holte sie einen Eimer Wasser. Darin schwammen auch ein paar Frösche, die Tiffany rücksichtsvollerweise gleich wieder zurückplumpsen ließ. Wer kocht schon gerne Frösche? Es wäre auch ohne den Wassereimer gegangen, aber mit ihm als Requisit war die gesamte Vorführung um einiges wirkungsvoller. Tiffany räusperte sich theatralisch. »Sehen Sie, gnädiger Herr? Ich habe hier ein Schüreisen und einen Eimer mit kaltem Wasser. Kaltes Schüreisen, kaltes Wasser. Und jetzt… halte ich mit der linken Hand das Eisen und strecke die rechte Hand ins Feuer, wo es am heißesten ist: so!«
    Der Baron hielt den Atem an, während ihre Rechte von Flammen umlodert wurde und die Spitze des Schüreisens in ihrer Linken plötzlich rot aufglühte.
    Nachdem sie den Baron gebührend beeindruckt hatte, tauchte Tiffany den Schürhaken ins Wasser, und sofort schoss eine Dampfwolke aus dem Eimer empor. Dann stellte sie sich vor den Baron und zeigte ihm ihre Hände, die vollkommen unversehrt waren.
    »Aber ich habe sie doch brennen sehen!«, rief der Baron. »Sehr schön! Gut gemacht! Steckt doch bestimmt ein Trick dahinter, oder?«
    »Es ist eher eine Fähigkeit. Ich habe meine Hand ins Feuer gehalten und die Hitze in das Eisen geschickt. Die Hitze wurde einfach nur weitergeleitet. Was da gebrannt hat, waren abgestorbene Hautschuppen, Schmutzteilchen und dieses ganze unsichtbar kleine, grässlich bissige Geziefer, das unhygienische Menschen manchmal an den Händen haben …« Sie hielt inne. »Stimmt etwas nicht, gnädiger Herr?« Er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Herr Baron? Fehlt Ihnen etwas?«
    Der alte Mann sprach, als läse er aus einem unsichtbaren Buch vor: » Die Häsin läuft ins Feuer. Die Häsin läuft ins Feuer. Das Feuer, es verschlingt sie; sie brennt nicht. Das Feuer, es liebt sie, sie brennt nicht. Die Häsin läuft ins Feuer. Das Feuer, es liebt sie, sie ist frei… Jetzt fällt mir alles wieder ein! Wie konnte ich es nur vergessen? Wie konnte ich wagen , es zu vergessen? Ich hatte mir geschworen, mich für immer und ewig daran zu erinnern. Aber die Zeit vergeht, und die Welt füllt sich mit Sachen, die verlangen, dass man sich an sie erinnert, die erledigt werden wollen, die einem die Zeit rauben, die sich ins Gedächtnis drängen. Und man vergisst dabei, was wirklich wichtig ist, man vergisst die Dinge, um die es eigentlich geht.«
    Tiffany erschrak. Ihm strömten Tränen über das Gesicht.
    »Ich erinnere mich an alles«, flüsterte er mit schluchzender Stimme. »An die Hitze! An die Häsin!«
    Plötzlich flog die Tür auf, und Fräulein Proper kam herein. Was dann geschah, dauerte nur einen Augenblick, aber Tiffany kam er vor wie eine ganze Stunde. Der misstrauische Blick der Pflegerin fiel zuerst auf sie und das Schüreisen in ihrer Hand, danach auf den in Tränen aufgelösten alten Mann und auf die Dampfwolke, dann gleich wieder zu Tiffany, die das Eisen losließ, noch einmal zu dem alten Mann und schnell wieder zu Tiffany, als das Eisen mit einem Scheppern, dessen Echo um die ganze Welt ging, in die Feuerstelle fiel. Fräulein Proper holte tief Luft – wie ein Wal, kurz bevor er auf den Meeresgrund abtaucht – und schrie: »Was um alles in der Welt haben Sie mit ihm gemacht? Verschwinden Sie, raus mit Ihnen, Sie … Sie … Sie … Ausgeburt!«
    Tiffany fand ihre Sprache schnell wieder, und auch die passende

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