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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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hirnverbrannter Hornochse?«
    »Befehl vom Baron, Tiff.«
    »Vom Baron? Aber der Baron ist – «
    »Am Leben. Er ist seit drei Stunden wieder da. Anscheinend sind sie die ganze Nacht durchgefahren. Und es gehen Gerüchte um.« Er senkte den Blick auf seine Stiefel. »Wir wurden … wir wurden, also, wir wurden hier raufgeschickt, um das Mädchen zu suchen, das du für die Feen geraubt hast. Tut mir leid, Tiff.«
    »Geraubt? Geraubt? «
    »Das hab ich nie behauptet, Tiff.« Der Feldwebel wich einen Schritt zurück. »Aber, na ja, man hört so allerlei Geschichten. Und wo Rauch ist, da ist doch auch Feuer, oder nicht?«
    Geschichten, dachte Tiffany. Ja, genau, es war einmal eine böse alte Hexe … »Und du meinst, das trifft auch auf mich zu? Brenne ich schon, oder qualme ich noch?«
    Der Feldwebel trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, dann setzte er sich ins Gras. »Hör mal, ich bin doch bloß ein einfacher Feldwebel, okay? Der junge Baron hat mir einen Befehl gegeben, ja? Und sein Wort ist Gesetz, richtig? «
    »Da unten mag sein Wort Gesetz sein, aber hier oben gilt, was ich sage. Schau mal dahin. Ja, da drüben. Was siehst du?«
    Er folgte ihrem ausgestreckten Zeigefinger und wurde noch um einige Nuancen bleicher. Die alten gusseisernen Räder und der Kanonenofen waren trotz der Schafherde, die ringsherum zufrieden vor sich hingraste, deutlich zu erkennen. Er sprang auf, als hätte er auf einem Ameisennest gesessen.
    »Ganz recht«, sagte Tiffany nicht ohne Genugtuung. »Oma Wehs Grab. Erinnerst du dich noch an sie? Man sagt ihr nach, sie sei eine weise Frau gewesen, aber wenigstens hatten die Leute genug Anstand im Leib, bessere Geschichten über sie zu erfinden! Ihr wolltet tatsächlich die Erde aufgraben? Mich wundert nur, dass Oma nicht aus der Erde steigt, um euch gehörig in den Hintern zu beißen! Du gehst jetzt mit deinen Männern ein Stück weit den Hügel runter, und ich regel hier, was es zu regeln gibt, verstanden? Wir wollen doch nicht, dass noch irgendwer nervös wird.«
    Der Feldwebel nickte. Was blieb ihm auch anderes übrig? Während die Wachen mit ihrem bewusstlosen Kameraden in der Mitte abmarschierten, gaben sie sich alle Mühe, ihren ungeordneten Rückzug nicht allzu sehr wie die hastige Flucht aussehen zu lassen, die er in Wirklichkeit war. Tiffany kniete sich neben Rob Irgendwer und sagte mit gesenkter Stimme: »Hör zu, Rob, ich weiß Bescheid über die Geheimgänge.«
    »Was fürn elender Hundsfott hat dir das denn verraten?«
    »Ich bin die Hexe der Hügel, Rob«, antwortete Tiffany besänftigend. »Muss ich denn nicht über die Geheimgänge Bescheid wissen? Ihr seid Größte, und kein Größter würde jemals in einer Behausung schlafen, die nur einen Eingang hat. Stimmt’s?«
    Der Größte beruhigte sich allmählich wieder. »Och doch, da is was dran.«
    »Dürfte ich dann bitte vorschlagen, dass du jetzt Amber herholst? Niemand rührt euren Hügel an, versprochen.«
    Nach einem letzten kurzen Zögern verschwand Rob Irgendwer im Eingangsloch. Das konnte eine Weile dauern, also nutzte Tiffany die günstige Gelegenheit, um den Feldwebel zurückzurufen und mit ihm gemeinsam die Waffen der Wachen aufzusammeln. Als Rob wieder auftauchte, wurde er von einer sehr großen Gruppe Größter und der Kelda begleitet. Sowie von einer etwas bockigen Amber, die im Tageslicht nervös blinzelte und »Oh, Potzblitz!« rief.
    Tiffany setzte ein künstliches Lächeln auf und sagte: »Ich bringe dich wieder nach Hause, Amber.« Im Stillen fügte sie hinzu: »Na, wenigstens habe ich mir ein ›Ist das nicht schön?‹ verkniffen.«
    Amber funkelte sie an. »Ich geh da nich wieder hin, und zwar nie nich«, verkündete sie. »Du kanns mich mal am Tüffel tuten!«
    Ich versteh dich gut, dachte Tiffany. Aber weil ich nun mal inzwischen als Erwachsene durchgehe, muss ich leider auch wie eine daherreden.
    »Überleg doch mal, was du deinen Eltern antust. Sie sind sicher ganz traurig und niedergeschlagen.«
    Der verächtliche Blick des Mädchens ließ sie zusammenzucken.
    »Niedergeschlagen? Die Einzigste, die hier niedergeschlagen wird, bin ja wohl ich, und zwar von dem alten Lumpenhund, meinem Vater.«
    »Und wenn ich mitkomme? Vielleicht kann ich ihm ja helfen, sich zu ändern«, bot Tiffany ihr an, obwohl es ihr schwerfiel. Doch das Bild der schwieligen Finger mit den Pusteln von dem Brennnesselsträußchen ließ sie noch immer nicht los.
    Diesmal konnte Amber sich nicht mehr beherrschen. Sie lachte

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