Das Mörderschiff
vornherein respektable und vertrauenswürdige Bürger.
»Aber Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir uns ein wenig umsehen?« Die Stimme des dunkelhaarigen Zollbeamten klang bedauernd. »Die Leitungen sind unterbrochen, und Sie wissen ja …« Seine Stimme verlor sich, und er lächelte. »Wenn Sie die Räuber wären – es ist mir völlig klar, daß es eine Chance eins zu einer Million ist, aber trotzdem – wenn wir das Boot nicht durchsuchten – Sie wissen ja, dann könnten wir uns morgen einen Job suchen. Es ist nur eine Formalität.«
»Ich möchte natürlich auf keinen Fall, daß das passiert, Mr. …«
»Thomas. Ich danke Ihnen. Darf ich die Schiffspapiere sehen? Ah, besten Dank.« Er gab sie an den jüngeren Mann weiter. »Einen Augenblick, ach ja, das Steuerhaus. Könnte Mr. Durran in Ihrem Steuerhaus die Papiere kopieren?«
»Gewiß. Aber wäre es hier nicht bequemer für ihn?«
»Wir sind modernisiert, Sir, wir haben einen transportablen Fotokopierapparat, der jetzt zu jeder Ausrüstung gehört. Dazu muß es nur dunkel sein. Wie gesagt, keine fünf Minuten. Können wir in Ihrem Laboratorium mit der Suche anfangen?«
Hatte er das Ganze als Formalität bezeichnet? Nun, in einem Punkt hatte er recht: Wenn es sich um eine Durchsuchung handelte, so war es die ungewöhnlichste, die ich je erlebt habe. Fünf Minuten nachdem er in das Steuerhaus gegangen war, kam Durran zu uns zurück, und dann machten er und Thomas sich an die Durchsuchung der ›Firecrest‹, so als ob sie sich auf der Suche nach dem Kohinoor befanden. Zumindest am Anfang. Jedes einzelne Stück, ob es zur maschinellen oder elektrischen Einrichtung des Schiffes gehörte, mußte ihnen erklärt werden. Sie schauten in jeden Schrank und in jede Schublade. Sie durchsuchten die Taue und Fender in dem großen hinteren Verschlag am Ende des Laboratoriums, und ich dankte Gott dafür, daß ich nicht meiner ursprünglichen Idee gefolgt war, das Schlauchboot nebst Motor und Taucheranzug dort zu verstecken. Sie untersuchten sogar die hintere Toilette. Als ob ich dumm genug wäre, den Kohinoor dort hineinzuwerfen.
Den größten Teil der Zeit verbrachten sie im Maschinenraum, und es lohnte sich auch, diesen zu betrachten. Alles sah nagelneu aus und glänzte. Zwei große Dieselmaschinen mit je einhundert PS, ein Dieselgenerator, ein Radiogenerator, Heiß- und Kaltwasserpumpen, eine Zentralheizungsanlage, große Öl- und Wassertanks und zwei lange Reihen aufgeladener Batterien. Thomas schien sich ganz besonders für die Batterien zu interessieren.
»Sie verfügen über eine Menge Reservekraft, Mr. Petersen«, sagte er. Er hatte mittlerweile meinen Namen herausgefunden, wenngleich es nicht der war, auf den ich getauft worden war. »Wofür all diese zusätzliche Kraft?«
»Wir haben längst nicht genug. Möchten Sie diese beiden Maschinen mit der Hand starten? Wir haben acht Elektromotoren im Laboratorium, die wir benutzen, wenn wir im Hafen liegen. Und dann können wir weder die Maschinen noch die Generatoren laufen lassen, damit sie uns den nötigen Strom liefern. Dadurch würden viel zuviel Störungen auftreten. Das alles beansprucht sehr viel Kraft.« Ich zählte jetzt an den Fingern auf. »Dann sind da noch die Zentralheizung, die Heiß- und Kaltwasserpumpen, Radar, Radio, die automatische Steuerung, ein elektrischer Kran für das Boot, der Hebekran, das Echolot, Navigationslichter, der Kocher …«
»Schon gut, schon gut.« Er war jetzt ganz freundlich geworden. »Wissen Sie, Boote sind eigentlich nicht mein Fall. Lassen Sie uns jetzt nach vorn gehen. Ist Ihnen das recht?«
Eigenartigerweise war die Inspektion nun schnell beendet. Im Salon war es Hunslett gelungen, die Polizisten von Torbay dazu zu bringen, die Gastfreundschaft, der ›Firecrest‹ zu akzeptieren. Polizeimeister MacDonald war zwar nicht gerade jovial geworden, aber auf jeden Fall sehr viel menschlicher als zu dem Zeitpunkt, an dem er an Bord gekommen war. Wachtmeister MacDonald wirkte nicht so entspannt. Er sah ausgesprochen mürrisch aus. Vielleicht war er nicht damit einverstanden, daß sein alter Herr sich mit Männern, die möglicherweise Verbrecher waren, gemein machte.
Wenn die Untersuchung des Salons schon oberflächlich war, dann war das, was in den beiden vorderen Kabinen geschah, einfach eine Farce. Als wir wieder im Salon waren, sagte ich:
»Es tut mir leid, wenn ich etwas kurz angebunden war, meine Herren, aber ich schlafe nun einmal gern. Noch einen Drink,
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