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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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die Suche nach Hunslett. Ich hatte ihm ein paar Worte zu sagen.
    Aber ich kam nie dazu. Er war nicht an Bord. Ich durchsuchte die ›Firecrest‹ von vorn bis hinten, auch keine Anzeichen eines plötzlichen Verlassens waren zu finden, keine Essensüberreste auf dem Tisch im Salon oder ungewaschenes Geschirr in der Küche. Keinerlei Anzeichen eines Kampfes, alles war sauber und in bester Ordnung. Alles war so, wie es sein sollte. Nur Hunslett war nicht da.
    Etwa eine oder zwei Minuten lang saß ich zusammengekrümmt auf der Bank im Salon und versuchte mir zu erklären, warum er nicht da war. Aber zu dieser Zeit war ich nicht in der Lage, mir überhaupt über irgend etwas klarzuwerden. Dann ging ich wieder an Deck, um das Dinghi und den Außenbordmotor an Bord zu bringen. Diesmal gab es keinerlei Vertuschungsmanöver. Abgesehen davon, daß ich in meinem derzeitigen Zustand dazu physisch auch gar nicht in der Lage gewesen wäre, war die Zeit für dieses Versteckspiel vorüber. Ich ließ die Luft aus dem Dinghi und verstaute es zusammen mit dem Außenbordmotor in dem hinteren Schrank. Und falls jemand an Bord kommen würde, um danach zu suchen? Falls jemand an Bord kommen würde, um sich hier umzusehen, würde ihn als erstes eine Kugel empfangen; es war mir ganz egal, ob er behaupten würde, ein hoher Polizeioffizier oder der höchste Zollbeamte des Landes zu sein. Auf jeden Fall würde ich ihm zuerst einmal eine Kugel verpassen, vielleicht in den Arm oder ins Bein, und dann würde ich mir hinterher seine Erklärungen anhören. Falls es sich dabei um einen meiner Freunde von der ›Nantesville‹ handeln würde oder von der Klippe dort unten, dann würde er die Kugel durch den Kopf bekommen.
    Ich ging wieder nach unten. Ich war krank. Der Hubschrauber lag auf dem Boden des Meeres. Der Pilot mit ihm. Seine Brust durch die Maschinengewehrgeschosse auseinandergerissen. Mir war übel. Ich zog mich aus, trocknete mich ab, und diese kleine Betätigung nahm mir das letzte bißchen Kraft, das ich noch hatte. Das Rennen, Fallen und Stolpern durch den dunklen Wald, dann das Dinghi wiederzufinden, es aufzublasen und über die verdammten von Seegras überwachsenen Steine zu schleppen, hatte mich meine letzte Kraft gekostet. Man erwartete von mir, daß ich fit war, und das alles hätte mich nicht so fertig machen dürfen. Ich war krank, aber die Krankheit saß in meinem Herzen und in meinem Gehirn, nicht in meinem Körper.
    Ich ging in meine Kabine und zog mir mühsam frische Sachen an, wobei ich auch den Seidenschal nicht vergaß. Der regenbogenfarbene Bluterguß im Nacken, den Quinn mir beigebracht hatte, war jetzt angeschwollen und hatte sich ausgebreitet, so daß ich den Schal bis fast zu den Ohrläppchen hochbinden mußte, um ihn zu verstecken. Ich sah in den Spiegel. Es hätte mein eigener Großvater sein können, der mir entgegenblickte. Mein Großvater auf dem Totenbett. Mein Gesicht hatte den erschöpften wächsernen Ausdruck, den man normalerweise mit Sterbenden in Verbindung bringt. Das einzige Blut darin waren die zahllosen Kratzer, die die Fichtennadeln hinterlassen hatten. Ich sah aus wie jemand, der von einem Ausschlag befallen ist, und fühlte mich wie jemand, den die Beulenpest heimgesucht hat.
    Ich sah nach, ob die Luger und die Liliput (ich hatte beide in den wasserdichten Beutel zurückgetan, nachdem ich Dubh Sgeir verlassen hatte) noch in Ordnung waren. Sie waren es. Dann goß ich mir im Salon einen großen Whisky ein. Er lief durch meine Kehle wie ein Frettchen, das in einem Kaninchenbau verschwindet. Die müden roten Blutkörperchen kamen langsam wieder auf die Beine. Es schien mir wahrscheinlich, daß sie, wenn ich ihnen noch etwas mehr von dieser Medizin zukommen ließe, wieder ganz munter würden. Ich griff gerade nach der Flasche, als ich das Geräusch eines ankommenden Motors hörte. Ich stellte die Flasche zurück ins Regal, machte die Lichter im Salon aus, obgleich man sie durch die samtenen Vorhänge nicht hätte sehen können – und ging hinter der offenen Salontür in Stellung.
    Ich war ziemlich sicher, daß diese Vorsichtsmaßnahmen überflüssig waren. Höchstwahrscheinlich war es Hunslett, der vom Ufer zurückkehrte. Aber warum hatte er dann nicht das Dinghi genommen, das noch immer hinten angehängt war? Vielleicht war es irgend jemand, der Hunslett, aus dem Grund, den er für wichtig hielt, dazu überredet hatte, an Land zu gehen, und der ihn jetzt wieder zurückbrachte.
    Die Maschine des

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