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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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für diese gefährliche Sache. Masél un b’róche. Glück und Segen.«
     

    11.
    Die Geschichte
     
    Capitol Hill, 19.02 Uhr
     
    Carlton hätte sich nie träumen lassen, dass er sich einmal mit einer weiblichen Untergebenen außerhalb des Büros treffen würde. Noch dazu abends. Und noch dazu in einer Bar. Das gehörte sich einfach nicht. Andererseits musste er sich eingestehen, dass ihm seine neue Kollegin Erika ganz und gar nicht gleichgültig war.
    Außerdem hatte sie dieses Treffen vorgeschlagen, hatte Zeit und Ort bestimmt. Carlton wusste nicht einmal, warum sie ihn sehen wollte, aber sie hatte am Telefon ganz aufgeregt geklungen.
    Wie immer kam er zu spät. Schnee fiel in dichten Flocken auf sein weißes 1958er Cadillac Eldorado Biarritz Kabriolett, dem er den Spitznamen »The Shark« gegeben hatte, »der Hai«. Während Carlton die kurze Strecke zwischen Main Justice Building und Capitol Hill zurücklegte, ließ er sich von Sinatra berieseln. Andere Wagen rutschten und schlitterten im Schneematsch, doch der Shark schlängelte sich unbehelligt durch den dichten Verkehr: Carlton hatte zu Winteranfang vorsorglich Betonblöcke in den Kofferraum gepackt. An einer Straßenecke entdeckte er einen Parkplatz und trat hart aufs Gaspedal. Er hatte stets großes Glück mit Parklücken, auch wenn sie meist zu klein für seinen Straßenkreuzer waren.
    Carlton schloss den Wagen ab, schob die Hände in die Manteltaschen und beugte sich vor, um keinen Schnee ins Gesicht zu bekommen. Dann ging er an einer Gruppe von Obdachlosen vorbei, die in schmutzige Decken gehüllt auf dem Bürgersteig saßen, viel zu verfroren, um zu betteln. Carlton zog einen Fünfdollarschein aus der Tasche und reichte ihn einem der Männer, sprach dabei ein stilles Gebet. Die meisten Einwohner Washingtons hatten sich schon an den täglichen Anblick von Obdachlosen in den Straßen gewöhnt, Carlton jedoch nicht. Es verblüffte ihn immer wieder, dass es sie in der reichsten, mächtigsten Hauptstadt der Welt überhaupt gab. Er schüttelte den Kopf und stapfte weiter.
    Aus dem Hawk and Dove drang der typische Kneipengeruch nach Hamburgern, Bier und Zigaretten. Der »Hawk«, wie die Leute vom Capitol Hill ihn zu nennen pflegten, war brechend voll mit den üblichen Verdächtigen: Behördenangestellte, Praktikanten, Berater und jene Lobbyisten, die noch keinen Zutritt zu den Wasserlöchern der Mächtigen erhalten hatten, den Nobelrestaurants La Colline und The Monocle. Carlton entdeckte Erika an der Bar. Im Gegensatz zur übrigen Klientel wirkte sie frisch und anständig. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Erika winkte und schwenkte einladend ein Glas Weißwein.
    »Wie geht’s?«, fragte Carlton, während er sich zwischen die lärmenden Zecher an der Theke quetschte.
    »Super. Ich liebe diese Kneipe. Sie ist so … wie soll ich sagen? Politisch.«
    »Sie haben eine gute Wahl getroffen. Eine meiner Lieblingskneipen in D. C.« Er hätte Erika jetzt eigentlich darauf hinweisen müssen, dass es unter den Mitarbeitern des Ministeriums nicht üblich war, sich nach Feierabend privat in Kneipen zu treffen. Aber er freute sich viel zu sehr, sie zu sehen, und so bestellte er sich stattdessen seinen Lieblingsdrink.
    »Bombay Sapphire und Tonic. Mit viel Eis und Zitrone, bitte.«
    »Sie wundern sich vielleicht, dass ich Sie gebeten habe, mich hier zu treffen, aber ich wollte Sie allein sprechen. Sie hatten ja gesagt, wie ängstlich Jarvik darauf bedacht war, dass die Sache ein Ende haben sollte, nachdem Sie den Vergleich erwirkt hatten.«
    Der Vergleich? Carlton war ein wenig enttäuscht, dass Erika ihn aus beruflichen, nicht aus privaten Gründen hatte treffen wollen. Sofort wurde er ganz Anwalt. »Sie lernen schnell.«
    »Nachdem Sie mir alles erzählt hatten, sah ich eine Anzeige in einer Zeitschrift. ›Ein Diamant ist Schönheit – den Slogan kennen Sie doch?«
    »Kenne ich.«
    »Die Anzeige war von der Waterboer Mine in Südafrika. Ich hab Nachforschungen über dieses Unternehmen angestellt, und es war so interessant, dass ich … nun, irgendwie daran kleben geblieben bin. War völlig hin und weg. Eigentlich wollte ich nur kurz ein paar Dinge recherchieren, und dann war ich plötzlich sechs Stunden lang damit beschäftigt.« Große grüne Augen lächelten Carlton über das Weinglas hinweg an. »Ich dachte, ich kläre Sie mal auf.«
    Eine gehetzte Kellnerin mit hochtoupierten Haaren unterbrach sie und geleitete sie an einen eben frei gewordenen Tisch.

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