Das Monstrum
sagte Hazel. Das wäre überhaupt kein Problem, und die Presseleute würden Amnesie als völlig natürlich ansehen. Unter den Umständen.
(ja aber das ist nicht das Problem)
Wieder waren es viele Stimmen, die wie eine sprachen. Sie wirkten mit einer seltsamen Mischung aus Worten und Bildern zusammen. Das Problem war, die Dinge waren inzwischen so weit gediehen, dass niemand mehr in die Stadt kommen durfte außer Leuten, die ganz schnell hindurchfuhren … und die meisten von ihnen konnte man mit falschen Baustellenschildern und Umleitungen fernhalten. Auf gar keinen Fall aber wollte man in Haven eine Horde von Reportern und Kameramännern haben. Der Rathausturm würde auf den Filmen nicht zu sehen sein; es war ein Gedankendia, im Grunde nicht mehr als eine Halluzination. Nein, alles in allem war es besser, David Brown dort zu lassen, wo er war. Eine Weile würde es ihm noch gut gehen. Sie wussten wenig über Altair-4, aber sie wussten, dass die Zeit dort mit einer anderen Geschwindigkeit ablief – auf Altair-4 war weniger als ein Jahr vergangen, seit die Erde aus der Sonne herausgeschleudert worden war. David Brown war also im Grunde genommen erst eben dort eingetroffen. Natürlich konnte er sterben; seltsame Mikroben konnten in seinen Organismus eindringen, eine seltsame Speicherratte von Altair-4 konnte ihn fressen, oder er konnte ganz einfach an den Folgen des Schocks sterben. Wahrscheinlich würde er aber am Leben bleiben, und selbst wenn er starb, wäre es nicht besonders wichtig.
Ich habe das Gefühl, der Junge könnte uns noch gut zupasskommen, sagte Kyle.
(wie)
Als Ablenkung.
(was meinst du damit)
Kyle wusste nicht genau, was er damit meinte. Es war nur ein Gefühl: Wenn Haven wieder ins Rampenlicht gerückt wurde – so wie Ruth es mit der Explosion ihrer verdammten Puppen versucht hatte, die so viel besser funktioniert hatten, als sie sollten –, dann konnten sie David Brown vielleicht zurückholen und irgendwo absetzen. Wenn das auf die richtige Weise geschah, gewannen sie hier vielleicht wieder ein wenig Zeit. Zeit war immer ein Problem. Zeit zum »Werden«.
Kyle verlieh diesen Vorstellungen nicht in zusammenhängender Weise Ausdruck, aber die anderen nickten beifällig zu seinen losen Gedanken. Es konnte nicht schaden, David Brown sozusagen noch eine Weile hinter der Bühne warten zu lassen.
(lasst es Marie nicht wissen – ihr »Werden« ist noch nicht weit genug fortgeschritten – ihr müsst es noch eine Zeit lang vor Marie geheim halten)
Alle sechs sahen sich an und rissen die Augen auf. Diese schwache, aber deutliche Stimme gehörte keinem von ihnen. Sie kam von Bobbi Anderson.
Bobbi!, rief Hazel und fuhr halb von ihrem Stuhl hoch. Bobbi, bist du in Ordnung? Wie geht es dir?
Keine Antwort.
Bobbi war fort – es blieb nicht einmal ein Hauch von ihr in der Luft zurück. Sie sahen einander argwöhnisch an, untersuchten den Eindruck, den dieser Gedanke auf die anderen gemacht hatte, und bestätigten, dass es tatsächlich Bobbi gewesen war. Alle wussten, wären sie allein gewesen, ohne jemanden anders, der es bestätigen konnte, dann hätten sie es für eine unglaublich starke Halluzination gehalten.
Wie wollen wir es vor Marie geheim halten?, fragte Dick Allison beinahe wütend. Wir können nichts voreinander geheim halten!
Doch, antwortete Newt. Können wir. Noch nicht gut genug möglicherweise, aber wir können unsere Gedanken immerhin dämpfen. Sodass sie schwer zu sehen sind. Weil …
(weil wir)
(dort draußen waren)
(im Schuppen waren)
(Bobbis Schuppen)
(wir haben die Kopfhörer in Bobbis Schuppen aufgehabt)
(und aßen aßen um zu »werden«)
(esset alle davon und gedenket meiner)
Ein Seufzen lief sanft durch sie alle.
Wir müssen zurück, sagte Adley McKeen. Nicht wahr?
»Ja«, sagte Kyle. »Müssen wir.« Es war während der ganzen Versammlung das einzige Mal, dass jemand laut sprach, und es zeigte ihr Ende an.
7
Mittwoch, 3. August:
Andy Bozeman, der bis vor drei Wochen, als er sein Büro einfach zugemacht hatte, Havens einziger Grundstücksmakler gewesen war, hatte herausgefunden, dass das Gedankenlesen etwas war, an das man sich rasch gewöhnen konnte. Er wusste nicht, wie rasch, und auch nicht, wie abhängig er davon geworden war, bis er an der Reihe war, zu Bobbis Anwesen zu fahren, um mitzuhelfen und den Trunkenbold zu beaufsichtigen.
Ein Teil seines Problems – und nach Gesprächen mit Enders
und dem jungen Tremain wusste er, dass es ein Problem sein
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