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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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herumzuspionieren hatte. Also war doch noch etwas Menschliches in ihr übrig. Das war tröstlich.
    »Bring sie ruhig hierher«, sagte Gard. »Aber wenn es ans Aufmachen geht, Bobbi, dann sind nur wir beide hier. Wir haben das Scheißding ausgegraben, und wir werden das Scheißding auch als Erste betreten. Okay?«
    »Ja«, sagte Bobbi. »Wir gehen als Erste rein. Wir beide. Keine Blaskapelle, keine Parade.«
    »Und keine Polizei von Dallas.«
    Bobbi lächelte schwach. »Die auch nicht.« Sie hielt ihm die Schlinge hin. »Möchtest du als Erster hochfahren?«
    »Nein, geh du. Es hört sich so an, als hättest du einen genauen Zeitplan und noch eine Menge vor.«
    »Hab ich auch.« Bobbi schwang sich rittlings auf die Schlinge, drückte einen Knopf und wurde nach oben gezogen. »Danke noch mal, Gard.«
    »Gern geschehen«, sagte Gardener und reckte den Hals, um Bobbis Weg nach oben zu verfolgen.
    »Das alles wird dir besser gefallen …«
    (wenn du »geworden« bist, wenn dein eigenes »Werden« beendet ist)
    Bobbi stieg höher und höher hinauf und war bald nicht mehr zu sehen.

Kapitel vier
Der Schuppen
    1
    Es war der 14. August. Ein rasches Überschlagen verriet Gardener, dass er seit einundvierzig Tagen bei Bobbi war – fast exakt ein biblischer Zeitraum der Verwirrung oder eine unbekannte Zeitspanne, wie in »Er wanderte vierzig Tage und vierzig Nächte durch die Wüste.« Es erschien ihm länger. Es erschien ihm so lang wie sein gesamtes Leben.
    Er und Bobbi knabberten nur an der Tiefkühlpizza, die Gardener ihnen als Abendessen heiß gemacht hatte.
    »Ich glaube, ich möchte ein Bier«, sagte Bobbi und ging zum Kühlschrank. »Was ist mit dir? Willst du eins, Gard?«
    »Danke, ich passe.«
    Bobbi zog die Brauen hoch, sagte aber nichts. Sie holte sich das Bier und ging auf die Veranda hinaus, und Gardener hörte die Sitzfläche ihres alten Schaukelstuhls behaglich knacken, als sie sich setzte. Nach einer Weile ließ er sich ein Glas kaltes Wasser aus dem Hahn ein, ging hinaus und setzte sich neben Bobbi. Sie saßen für eine scheinbar lange Zeit so da, sprachen nicht und sahen nur in die dunstige Stille des frühen Abends hinaus.
    »Wir kennen uns schon lange, Bobbi, du und ich.«
    »Ja. Sehr lange. Und es ist ein seltsames Ende.«
    »Ist es das?«, fragte Gardener und drehte sich so in seinem Stuhl, dass er Bobbi ansehen konnte. »Das Ende?«
    Bobbi zuckte flüchtig die Achseln. Ihr Blick wandte sich
von dem Gardeners ab. »Ach, du weißt schon. Das Ende einer Phase. Wie klingt das? Besser?«
    »Wenn es genau das richtige Wort ist, dann ist es nicht besser, nicht einmal das Beste – sondern nur das einzige Wort, das zählt. Habe ich dir das nicht sogar beigebracht?«
    Bobbi lachte. »Doch, hast du. In der ersten verdammten Vorlesung. Verrückte Hunde … Engländer … und Englisch lehrer. «
    »Ja.«
    »Ja.«
    Bobbi nippte ihr Bier und sah wieder zur Old Derry Road hinaus. Sie wartete ungeduldig auf ihre Ankunft, vermutete Gardener. Wenn sie beide sich wirklich alles gesagt hatten, was es nach all den Jahren zwischen ihnen noch zu sagen gab, dann wünschte er sich fast, er wäre niemals dem Impuls gefolgt, hierher zurückzukehren, ganz egal, aus welchen Gründen oder mit welchem Ergebnis. Ein so klägliches Ende für eine Beziehung, die zu ihrer Zeit Liebe, Sex, Freundschaft, eine Periode angespannter Entspannung , Fürsorge und sogar Angst umfasst hatte, schien allem anderen zu spotten – dem Leid, dem Schmerz, der Mühe.
    »Ich habe dich immer geliebt, Gard«, sagte Bobbi leise und nachdenklich, sah ihn aber nicht an. »Und ganz egal, wie das hier ausgeht, vergiss niemals, dass ich es immer noch tue.« Jetzt sah sie Gardener an, ihr Gesicht die seltsame Parodie eines Gesichts unter der dicken Schminke – mit Sicherheit konnte das da nur eine hoffnungslose Exzentrikerin sein, die Bobbi zufällig ein bisschen ähnlich sah. »Und ich hoffe, du vergisst nicht, dass ich niemals darum gebeten habe, über dieses gottverdammte Ding zu stolpern. Freier Wille war hier kein Faktor, wie es der eine oder andere Klugscheißer sicher schon mal ausgedrückt haben wird.«

    »Aber du hast dich entschieden, es auszugraben«, sagte Gardener. Seine Stimme war so leise wie die von Bobbi, aber er spürte, wie sich neues Entsetzen in sein Herz schlich. War diese schnippische Bemerkung über freien Willen eine indirekte Entschuldigung für den bevorstehenden Mord an ihm?
    Hör auf, Gard. Hör auf, vor Schatten zu erschrecken.
    Ist

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