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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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zweiten Schlacht von Ypern gefallen ist, hatte nie Kinder, soweit ich weiß.« Er zwinkerte ihr verschmitzt zu. »Aber mit den französischen Mädchen, da weiß man ja nie, oder? Und dann gab es noch Arthur junior. Jedenfalls diese Dorcas, die Sie suchen, war ihre Granny. Und ich schätze, sie war genau so eine Geschichtenerzählerin wie Granny Beattie.« Er schlug die Augen auf. »Sie hat mit mir und Annie, meiner Zwillingsschwester, ziemlich viel über ihre Granny Clewlow gesprochen. Komisch, ich hab schon jahrelang nicht mehr daran gedacht.« Er lächelte triumphierend, erfreut über seine Gedächtnisleistung. »Was hat sie Ihnen von Dorcas erzählt?«, fragte Jane und bemühte sich, nicht so aufdringlich zu klingen, wie sie eigentlich gern gewesen wäre.
    Er spitzte seufzend die Lippen. »Es ging hauptsächlich um ihr späteres Leben, als sie Witwe war und die Kinder großzog. Aber ich erinnere mich tatsächlich, dass Beattie sagte, ihre Granny, also Dorcas, sei eine zuverlässige Dienstmagd der Familie Wordsworth gewesen. Sie sagte, ihre Granny sei dort gewesen, als William Wordsworth seinen letzten Atemzug tat, und dass sie darüber gesprochen hätte, wie traurig es war, einen so edlen Mann zu Boden gestreckt zu sehen.« Er schüttelte den Kopf. »An mehr kann ich mich nicht erinnern.«
    Sie hatten sich noch eine Weile unterhalten, aber Jane wurde bald klar, dass sie aus seinem Erinnerungsschatz alles gehoben hatte, was es zu heben gab. Eddie Fairfield hatte keine Erinnerung an irgendwelche Familienpapiere oder an ein Geheimnis, das mit Dorcas zu tun hatte. Das Einzige, was er sich gemerkt hatte, war ihr Anspruch auf Berühmtheit - an Willys Sterbebett anwesend gewesen zu sein. Es war offensichtlich, dass Eddie den ganzen Tag mit ihr geredet hätte, aber Jane dachte an ihre Verabredung mit Jake zum Lunch und schaffte es schließlich, sich von ihm loszueisen.
    Leichten Herzens ging sie die Hauptstraße hinunter. Sie war heute Vormittag vorangekommen. Zumindest konnte sie sicher sein, dass sie sich auf die richtige Familie konzentrierte. Und sie ging mit Jake zum Essen. Trotz ihrer Entschlossenheit, ihm nicht zu trauen, konnte sie nicht verhindern, dass ihr das Blut zu Kopf stieg bei dieser Aussicht. Das hieß nicht, dass sie wieder seinem Charme erliegen würde. Natürlich nicht.

 
     
     
    Die erste Zeit auf Pitcairn war grausam und hart. Es war mitten im Sommer, und es war eine anstrengende, schweißtreibende Arbeit, alles, was gerettet werden konnte, von unserem ramponierten Schiff zu holen. Trotzdem zeigten alle Matrosen gleich viel Bereitschaft, unsere Sachen an Land zu befördern. Als wir schließlich alles geholt hatten, was wir wegtragen konnten, setzten wir die Bounty am 23. Januar neben einer 230 Meter hohen Klippe auf Grund und steckten sie zur Vorsicht noch in Brand, damit wir nicht entdeckt würden. Sie brannte bis auf die Kupferhülle ihres Rumpfes aus und versank schließlich, von den Wellen hin und her geworfen, im drei Meter tiefen Wasser. Jetzt gab es keine andere Möglichkeit, als in Eintracht unsere Kolonie aufzubauen. Wir teilten das Land unter den weißen Männern in neun gleiche Teile auf und beschlossen, dass die Eingeborenen kein eigenes Land haben, sondern für uns arbeiten sollten, da dies ihrer kindlichen Geistesart angemessen war. Zuerst wohnten wir in vorläufigen Unterkünften aus Segeln und Ästen, aber wir zeigten bald unsere Absicht, indem wir uns dauerhafte Bauten aus Holz erstellten. Dann, wie um unseren Plan auf der Insel zu besiegeln, gebar meine Frau Isabella mein erstes Kind, Thursday October Christian, neun Monate nachdem wir an Land gegangen waren. Ich schätzte mich in der Tat glücklich.

31
    Jake saß schon am Tisch, als Jane das Restaurant betrat. Sie blieb einen Moment auf der Schwelle stehen und überdachte ihre Reaktion. Das Bild war ihr so vertraut. Die Welle dunklen Haares, die ihm in die Stirn fiel, die perfekten Bögen seiner Augenbrauen über den blauen Augen mit den langen Wimpern, der kaffeebraune Leberfleck direkt auf seinem rechten Wangenknochen, der einem vom Daumen einer Mutter halb weggewischten Schmutzfleck ähnelte, die lange gerade Nase und die schmalen Lippen. Manchmal dachte sie, er sähe aus, wie Sherlock Holmes ausgesehen hätte, wenn er für Sinnlichkeit mehr übrig gehabt hätte als für den Verstand. Früher hätte ein so unverhoffter Blick auf ihn ihr Herz ergriffen, aber jetzt wurde jede Reaktion von der Vorsicht diktiert. Sie hatte ihren

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