Das Moor Des Vergessens
Sie wusste, dass ein glücklicher Zufall ihren Abend gerettet hatte. Eddie Fairfields Haus stand in der Mitte der Häuserzeile. Als sie an der schmalen Fassade hochschaute, verließ sie fast der Mut. Es lag viel zu offen da, um von vorne hineinzukommen, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich der Rückseite nähern konnte. Sie ging an das Ende der Straße, wo sie einen engen Durchgang zwischen dem letzten Haus und einem Laden an der Ecke entdeckte. Tenille lief ein paar Schritte den Weg entlang und sah, dass er zu einem breiten Durchgang wurde. Und es war sehr praktisch, dass an jedem Tor ein Müllcontainer Wache stand. Diese Container hatten an der Seite aufgemalte Zahlen, sodass Tenille sich ausrechnen konnte, welches Haus Eddie gehörte. Als sie gegen das Tor in der Backsteinwand drückte, war sie angenehm überrascht, dass es sich leicht und lautlos öffnen ließ. Sie gelangte in einen kleinen Hof hinterm Haus, nur ein Dutzend Quadratmeter Beton, begrenzt von Backsteinmauern und dem Haus.
Sie schlich über den Hof und hätte fast laut aufgeschrien, als eine Katze hinter ihr miauend auf die Mauer sprang. Mann, sie würde Nerven wie Drahtseile haben, wenn sie Janes Forschungsprojekt für sie erledigt hatte.
Noch überraschender war, dass die Hintertür des Hauses unverschlossen war und aufging, als sie den Griff hinunterdrückte. Tenille konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand, den sie kannte, seine Tür nach Mitternacht unverschlossen lassen würde. Außer wenn er den dringenden Wunsch hatte, alle seine weltlichen Güter loszuwerden. Sie trat vorsichtig ein und machte die Tür hinter sich zu. Ein schwaches Licht schien im Flur und ließ sie erkennen, dass sie in einer winzigen Küche war. Zwei Becher standen auf dem Abtropfbrett, und ein gebrauchter Teller mit Besteck lag in der Spüle.
Tenille ging in den Raum neben der Küche, der einen Esstisch, Stühle und eine Vitrine enthielt, wie sie sie sonst nur in den Schaufenstern von Antiquitätengeschäften gesehen hatte. Keine Papiere, nur schreckliche Porzellanschäferinnen und anderer Ramsch für den Flohmarkt. Die Tür zum Flur war offen, und als sie näher kam, nahm sie einen eigenartigen Geruch wahr. Es roch wie ein Katzenklo, das schon eine Weile nicht saubergemacht worden war: der dunkle Gestank von Kot, der scharfe beißende Geruch von Urin, und über allem hing ein bitterer Mief von altem Tabakrauch. Sie konnte nicht verstehen, warum die Leute Katzen im Haus hielten. Sie waren für draußen gedacht und sollten nicht die ganze Wohnung vollstinken.
Der Gestank wurde stärker, als sie all ihren Mut zusammennahm und in den Flur trat. Sie schlich auf die andere offene Tür zu und musste wegen des Geruchs fast würgen. Als sie am Türpfosten vorbeispähte, hätte sie fast einen eigenen Beitrag zu dem Gestank geliefert.
Halb der Tür zugewandt, lag ein alter Mann auf einem Sessel, sein Mund war offen, und die Augen starrten ins Leere. Das helle Licht von oben ließ zwei Flecken auf seiner grauen Flanellhose erkennen. Diese Erklärung für die schlechte Luft hatte Tenille nicht erwartet. Lange stand sie wie erstarrt da, starrte die Leiche an, und ihr Herz pochte so laut, dass es sich in ihrem Kopf wie Trommelschläge anhörte. »O Scheiße«, sagte sie. Was sollte sie jetzt bloß tun?
Aber die gleiche Schlange, die den ersten Adam umgarnte, hob den Kopf um uns mit ihrem Gift zu treffen. Von Anfang an war unsere Anzahl nicht genau passend. Wir waren fünfzehn Männer und zwölf Frauen. Es wurde verabredet, dass jeder weiße Mann eine Frau zu seiner Gesellschaft haben sollte und dass die sechs eingeborenen Männer nach ihrer eigenen Sitte sich die drei übriggebliebenen Frauen teilen sollten. Aber bald nachdem wir unsere Heimat auf Pitcairn errichtet hatten, starb Williams Frau, und er bestand auf seinem Recht auf eine Frau für sich allein. Obwohl ich damit nicht einverstanden war, wurde ich von der Mehrheit überstimmt, und der Entschluss wurde gefasst, dass die Eingeborenen eine ihrer Frauen verlieren sollten. Es war keine Überraschung, dass die Eingeborenen dies als Demütigung betrachteten. Aber ich glaubte nicht, dass sie es als Gelegenheit nutzen würden, um sich gegen ihre Herren zu verschwören. Zwei Eingeborene erwiesen sich als Rädelsführer bei diesem bösen Komplott, und wir sahen uns gezwungen, zu handeln, um uns und unsere Familien zu schützen. Durch Überredung ließen wir sie von ihren eingeborenen Gefährten töten. So
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