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Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.

Titel: Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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den Job nehmen?«
    »Ich müßte darüber nachdenken.«
    »Ich wußte es ja«, sagte Erika schmollend. »Natürlich wirst du dickköpfig sein. Das war ja vorauszusehen. Was machen Sie denn in einem solchen Fall, Doktor?«
    Colonel Joe grinste. »Weiß nicht. Ich nehme an, ich würde es mal mit sanfter Gewalt versuchen.«
    Das tat sie denn auch. Mit Erfolg.

Das Geburtstagsgeschenk
    A ls Julian Sears aufwachte, gefiel ihm die Idee, die er am Vorabend gehabt hatte, noch immer. Häufig wirk­ten seine vom vierten Martini inspirierten Eingebungen im Lichte des Morgens schwach und unhaltbar, aber diese hier war gut. Er glitt vom Bett und tappte leise über den dicken Teppich ins Badezimmer, ohne noch einen Blick auf die zerzauste Blondine zurückzuwerfen, deren wohlge­formtes Bein nackt unter der Decke hervorhing. Ein Bein, das die Stammgäste des Nachtclubs seit längerem voller Wonne beäugten, doch Julian konnte inzwischen, nach zweijähriger Bekanntschaft, daran vorbeigehen, ohne mit der Wimper zu zucken.
    In dem schwarzgekachelten Badezimmer unterzog er sich einer energischen Morgentoilette. Strafend schlug er mit dem rosa Badetuch gegen seine Mitte, bürstete sich voller Ingrimm die Zähne, rieb sich mit dem Enthu­siasmus eines Masseurs Seifenschaum ins Gesicht. Von Jahr zu Jahr nahmen Julians Waschungen an Heftigkeit zu, so als ob er sich den Schein der Jugend durch immer gewaltsamere Hygiene bewahren könnte. Doch bald würde er das halbe Jahrhundert vollendet haben, und wenn es noch einer Erinnerung daran bedurfte – sein Sohn David wurde an diesem Tage einundzwanzig Jahre alt.
    »Einundzwanzig!« dachte Julian, als er sich die After- shave-Lotion ins Gesicht klatschte. »Ein großer Tag für den Jungen. Ein Meilenstein. Und er wird noch sehr, sehr lange daran denken …«
    Der Einfall des vergangenen Abends ließ ihn vergnügt in sich hineinlachen. Das würde ein richtiges Geburtstagsge­schenk sein, wie es ein Vater seinem Sohn machen sollte, ein Geschenk, das im Einklang mit der Großzügigkeit und hohen Gesinnung stand, die David von seinem Vater zu erwarten gewohnt war. Der Gedanke an David ließ ihn auch an Sylvia denken, und er fragte sich, wie sie wohl auf sei­nen Einfall reagiert haben würde. Schockiert natürlich. Er sah ihr Gesicht vor sich, ihren großen, vorwurfsvollen Blick und die zusammengepreßten Lippen, und er lachte wieder.
    Wie lange war das schon her? Mein Himmel, elf Jahre! Elf Jahre, seit seine damalige Frau seinen Tisch und sein Bett verlassen, ihr eheliches Amt so entmutigt niederge­legt hatte, daß sie sich nicht einmal Julians Wunsch wider­setzte, ihrer beider einziges Kind zu behalten. Der Grund für das Scheitern ihrer Ehe war eigentlich ganz simpel, aber es bedurfte zweier Jahre auf der Couch eines Psychia­ters, um ihn herauszufinden – Sylvia mochte einfach kei­nen Sex. Inzwischen hatte sie wieder geheiratet, einen an­spruchslosen Hotelbesitzer in Santa Monica. Julian warf einen Blick über die Schulter auf Lila Cromwells bloßes Bein und schüttelte voller Mitleid mit dem Mann den Kopf.
    Als er schließlich angezogen war, schienen alle düsteren Gedanken über sein zunehmendes Alter gegenstandslos geworden zu sein. Mit gebürsteten und gekämmten Haaren (gottlob hatte er noch Haare!), mit seinem mit Rasierwas­ser und Talkum gepflegten Gesicht, in einem gutsitzenden, dunklen Einreiher sah er wieder wie fünfunddreißig aus – na ja, vierzig höchstens – und er freute sich schon auf den Eindruck, den er machen würde, wenn er mit seinem Sohn zusammen essen ging. Wer würde glauben, daß dieser alerte, schlanke Mann solch einen kräftigen, athletischen Burschen zum Sohn haben könnte. Nein, sie mußten Brü­der sein!
    Er ging auf Zehenspitzen zur Tür, fand dann aber, daß es vernünftiger wäre, sich bei Lila noch einmal zu vergewis­sern. Julian weckte seine Geliebte niemals gern – vor dem späten Nachmittag war ihre Laune nicht gerade rosig.
    »Lila«, sagte er heiser, während er mit zwei Fingern an ihrer seidenweichen Wade entlangfuhr.
    Sie bewegte sich und lüpfte ein wenig ein Augenlid.
    »Lila, hör zu. Ich gehe jetzt ins Büro, aber ich möchte dich etwas fragen. Weißt du noch, worüber wir gestern abend gesprochen haben? Bist du wach, Kätzchen?«
    »Geh zum Teufel«, sagte sie.
    »Ich will bloß wissen, ob es noch okay ist? Ich meine, ich treffe mich mit Dave um sechs, und ich muß es wissen. Du brauchst ja bloß zu nicken.«
    Sie nickte und vergrub ihr

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