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Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.

Titel: Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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Gesicht im Kissen.
    »Braves Mädchen«, sagte Julian.
    Er ging zu dem großen Spiegel hinüber, hinter dem sich ein geheimer Wandschrank verbarg – ein Einfall Lilas aus ihren wilderen Tagen.
    Er holte den Schlüssel aus der Hosentasche, öffnete die Tür und nahm seinen Hut heraus. Er schloß wieder ab, und das Gefühl des Heimlichen, Unzulässigen, das ihn dabei – auch nach zwei Jahren noch – beschlich, machte ihm wie immer Spaß. Zwar wurde es draußen allmählich kühler, aber ihm war zu leicht ums Herz, als daß er sich mit einem Mantel hätte abschleppen wollen. Vor sich hin summend, verließ er die Wohnung.
    Sein Arbeitstag bestand aus einem angenehmen Vaku­um. Julian war der Sears von Sears und Murphy, einer
    Versicherungsagentur, und er war ohne sein Zutun für je­nen Bereich zuständig geworden, den man als Kundenbe­treuung bezeichnet. Das entband ihn zu einem gewissen Grad von der Notwendigkeit, Entscheidungen treffen zu müssen, erlaubte ihm, im Lande umherzureisen und jeden Mittag vorzüglich zu speisen. Heute verbrachte er mit ei­nem Kunden zwei entspannende Stunden in einem Aus­sichtsrestaurant mit Blick auf den Fluß. Sie tranken genüß­lich ein paar trockene Martinis, sahen den Schiffen zu, wie sie zum Hafen herein- und hinausglitten, redeten über dies und das und waren mit sich und der Welt zufrieden. Als Julian ins Büro zurückkehrte, war es schon drei Uhr durch, und um sechs erschien David, um ihn zum Essen abzuho­len.
    David war gut und gerne sieben Zentimeter größer als sein Vater und ein gutaussehender Bursche. Trotz seines muskulösen Körpers war sein Gesicht noch jungenhaft und sein Auftreten oft von quälender Schüchternheit. Um seine Augen zeigte sich eine unglückselige Ähnlichkeit mit seiner Mutter, aber ansonsten war er ein Sears durch und durch. Julian mochte ihn sehr.
    Julian kam um den Schreibtisch herum, um ihn zu be­grüßen, und schlug ihm mannhaft auf die Schulter. »Grüß dich, Großer«, sagte er, »startklar für ein Steak?«
    »Startklar, Dad«, grinste David.
    »Dachte, wir schauen beim 21 rein«, sagte sein Vater beiläufig, »da bringen sie im allgemeinen ein ganz anstän­diges Sirloin auf den Tisch.«
    »Ist mir recht.«
    »Dann setz dich, bis ich mir die Hände gewaschen habe. Wir lassen uns Zeit, trinken was, unterhalten uns. Einver­standen?«
    »Klingt prima, Dad«, sagte David.
    Im Waschraum zog sich Julian bis aufs Unterhemd aus und unterzog Gesicht und Hände einer heftigen Reini­gungsprozedur. Er rasierte sich sorgfältig, wusch den Schaum ab und rasierte sich noch einmal trocken. Dann zog er das frische Hemd an, das er mitgebracht hatte, und als er seine Krawatte band, lächelte er seinem Spiegelbild zu.
    Als sie durchs Restaurant zu ihrem Tisch gingen, war er sicher, daß die Leute sie beobachteten. Er war stolz auf Davids breite Schultern und seinen wohlgeformten Nacken, und er wußte, daß die Ähnlichkeit zwischen ihnen unübersehbar war. Er bestellte für sich einen Martini und für David einen Whiskey Sour und begann eine unver­fängliche Unterhaltung über das College, das David in der Stadt besuchte, und über seine Pläne nach dem Abschluß­examen im kommenden Jahr.
    Julian wartete die ersten drei Drinks ab, ehe er mit seiner Geburtstagsüberraschung herausrückte, denn er wollte dem Whiskey etwas Zeit lassen, Davids natürliches Schamgefühl einzuschläfern.
    »Na, wie fühlt man sich, wenn man einundzwanzig ist?« fragte er als Einleitung. »Anders?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Ich weiß nicht, wer einundzwanzig zu dieser magischen Zahl gemacht hat. Mir scheint, ein Junge wird schon eher zum Mann. Kommt natürlich auf den Jungen an, oder was meinst du?«
    »Schon möglich, nehm ich an.« David kaschierte die Unbestimmtheit seiner Antwort dadurch, daß er seinen Drink hinuntergoß.
    »Nimm zum Beispiel die Frauen«, sagte Julian.
    »Was?«
    »Nimm die Frauen, David. Ich meine, das Verhalten ei­nes Mannes Frauen gegenüber gibt doch einen guten Hin­weis auf sein emotionales Alter, falls du verstehst, was ich meine. Ich zum Beispiel habe deine Mutter mit zweiund­zwanzig geheiratet, aber meinen Spaß hatte ich schon lan­ge vorher. Das läßt doch auf etwas schließen.«
    »Ich fürchte, ich versteh dich nicht, Dad.«
    Julian rückte seinen Stuhl näher heran. »Also dann will ich mal ganz deutlich werden, Dave. Das soll keine Kri­tik sein, verstehst du, aber wir müssen den Tatsachen doch ins Auge sehen. Schau dich an, ein

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