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Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.

Titel: Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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mich, Iris«, sagte Tante Faith. »Ich komme ja mindestens einmal im Jahr her, um nach euch Mädchen zu sehen.«
    »Ja, Mrs. Demerest«, flüsterte Iris.
    »Das Direktorium ist so freundlich gewesen, uns zu er­lauben, dich für einige Zeit mit zu uns zu nehmen. Wir brauchen deine Hilfe, Iris. Wir möchten, daß du versuchst, einen Menschen wiederzufinden, der vermißt wird.«
    »Ja, Mrs. Demerest«, antwortete sie ruhig. »Ich begleite Sie gerne. Ich möchte Ihnen gern dabei helfen, Miss Wheeler zu finden.« »Du weißt also schon von meiner armen Nichte, Iris?«
    Schwester Klothilde machte ein schnalzendes Geräusch.
    »Selbst der Geheimdienst könnte hier nichts geheimhal­ten, Mrs. Demerest. Sie wissen ja, wie Mädchen sind.«
    David räusperte sich und stand auf. »Ich nehme an, wir können jederzeit aufbrechen. Wenn Miss Lloyd ihr Ge­päck fertig …«
    Iris beantwortete dies mit einem schnellen Lächeln, das Schwester Klothilde aber mit den Worten wegwischte: »Nennen Sie sie bitte Iris, Mr. Wheeler. Denken Sie dar­an, daß Sie es immer noch mit einem Kind zu tun ha­ben.«
    Als die Reisetaschen von Iris im Kofferraum verstaut waren, setzte sie sich zwischen David und seine Tante auf den Vordersitz und sah interessiert zu, wie David den Zündschlüssel im Schloß umdrehte.
    »Ach«, sagte sie, »Sie haben nicht mal ne Zigarette, wie?«
    »Aber Iris!« stieß Tante Faith entsetzt hervor.
    Sie grinste. »Macht nichts«, sagte sie leichthin. »Macht wirklich nichts.« Dann schloß sie die Augen und fing an, vor sich hinzusummen. Sie summte ununterbrochen vor sich hin, bis sie das Haus der Wheelers erreicht hatten.
    An diesem Nachmittag fuhr David in die Stadt, versehen mit einer Liste von Lebensmitteln und diversen anderen Dingen, die Tante Faith für das Dasein und die Ernährung eines sechzehnjährigen Mädchens für notwendig hielt.
    Er kam gerade aus dem Supermarkt von Medvale heraus, als er das zerbeulte schwarze Taxi von Lucas Mitchell langsam zur Ausfahrt des Parkplatzes rollen sah. Er run­zelte die Stirn und ging schnell zu seinem eigenen Auto, aber als er die Einkäufe im Kofferraum verstaute, bemerk­te er, wie das Taxi von Lucas neben ihm hielt.
    »Hallo, Mr. Wheeler«, sagte Lucas und lehnte sich aus dem Wagenfenster.
    »Hallo, Lucas. Wie steh’n die Geschäfte?«
    »Könnte ich Sie mal kurz sprechen, Mr. Wheeler?«
    »Nein«, sagte David. Er ging um sein Auto herum nach vorn und stieg ein. Er kramte in seiner Tasche nach dem Schlüssel, aber der Anblick des aus seinem Taxi ausstei­genden Lucas schien es sehr viel schwerer zu machen, ihn zu finden.
    »Ich muß mit Ihnen sprechen, Mr. Wheeler.«
    »Nicht hier«, sagte David. »Nicht hier und nicht jetzt, Lucas.«
    »Es ist wichtig. Ich möchte Sie was fragen.«
    »Um Himmels willen«, sagte David mit knirschenden Zähnen. Endlich hatte er den Schlüssel gefunden und stieß ihn ins Zündschloß. »Geh aus dem Weg, Lucas, ich muß jetzt los.«
    »Dieses Mädchen, Mr. Wheeler. Stimmt das mit dem Mädchen?«
    »Welches Mädchen?«
    »Diese Iris Lloyd. Die macht komische Sachen, macht sie. Ich hab Angst vor ihr, Mr. Wheeler, ich hab Angst, daß sie rausfindet, was wir getan haben.«
    »Aus dem Weg!« schrie David. Er drehte den Zünd­schlüssel um und trat heftig aufs Gas, daß der Motor dro­hend aufheulte. Lucas trat verwirrt zur Seite, und David fuhr abrupt rückwärts aus der Parklücke heraus und davon.
    Als er nach Hause zurückkehrte, fand er Rowena vor, die im Wohnzimmer auf und ab ging. Ihre Erregung trug dazu bei, seine eigene zu dämpfen. »Was ist los?« sagte er.
    »Ich weiß nicht genau. Frag lieber deine Tante.«
    »Wo ist sie?«
    »In ihrem Zimmer, sie hat sich hingelegt. Ich weiß nur, daß sie nach oben gegangen war, um nachzusehen, ob die liebe kleine Iris wach wäre, und daß es so was wie eine Szene gab. Ich habe nur ein paar Wörter aufgeschnappt, aber ich kann dir sagen, das Mädchen hat ein Vokabular wie ein Hafenarbeiter.«
    David knurrte: »Na, vielleicht bringt das Tante Faith ein wenig zur Besinnung. Ich werde nach ihr sehen und ihr sagen, daß ich das kleine Psychomonster dahin zurück­bringen werde, wo es hergekommen ist …«
    »Ich würde sie jetzt nicht stören, sie fühlt sich nicht wohl.«
    »Dann werde ich mit dem kleinen Ungeheuer reden. Wo steckt es?«
    »Neben uns, in Geraldines Zimmer.«
    Vor der Tür hob er die Hand, um anzuklopfen, aber die Tür wurde aufgerissen, bevor noch seine Knöchel das Holz berührt

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