Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.
Barbesucher ein Bier zu bringen. Er kam aber zurück und wiederholte alles. »Du gibst mir das Haar, Sal, und dafür kannst du alles da haben.«
»Zähl’s.«
Phil zählte und lachte dabei die ganze Zeit. In der Kasse waren 108 Dollar. Im Verlaufe des Abends erhöhte Sal die Gesamtsumme um weitere vier Dollar. Er kam völlig besoffen heim in seine Bude. Am nächsten Morgen erwachte er mit einem gewaltigen Kater. Als er die Hand an seinen schmerzenden Kopf legte, berührte sie glatte Haut.
Er ging zum Spiegel und sah die sauber glänzende Wölbung, die seine mageren Gesichtszüge und seine eingedrückte Nase übertrieben stark hervorhob. Er begann, am ganzen Leib zu zittern, und wünschte, er hätte was zu trinken da. Das ließ ihn an Phil denken. Er rief in der Bar an, aber niemand hob ab. Er rief Phil zu Hause an.
»Heilige Mutter Gottes, Sal, wie hast du das gemacht? Es ist ein Wunder!« sagte Phil. »Ich hab noch nie nich sowas gesehn. Meine Frau glaubt, dasses ne Perücke is.« Er lachte hysterisch. »Zieh dran, mein Engel, los, reiß sie nur runter, Liebling. Au! Au!« rief er ausgelassen, ja ekstatisch. Sal warf den Hörer auf die Gabel und weinte in seine Hände.
Am Nachmittag brachte ihm ein Junge einen Umschlag, der mit Geldscheinen vollgestopft war. Er legte sie auf dem Bett aus, und es erschien ihm ein bemitleidenswert kleiner Betrag angesichts dessen, was er dafür eingetauscht hatte. Er schwor sich, nicht noch einmal ein so schlechtes Geschäft zu machen.
An diesem Abend ging er, mit einem neuen Hut, einem neuen Anzug und neuen Schuhen ausstaffiert, in eine ihm fremde Bar. Er suchte etwas. Da war ein Stadtstreicher mit dichtem schwarzem Haar, halb geschlossenen Augen und einem trockenen Mund, der mit flüsternder Stimme Drinks schnorrte. Sal bestellte ihm einen und sagte: »Hast wirklich ’n Tatterich, was, Opa?« Er sah auf dessen Haar. »Das is aber ’n schöner Haarschopf für ’n Mann in deim Alter, Opa.«
»Verdammt kalter, mieser Monat!« wimmerte der Alte.
»Trink noch ein«, sagte Sal. »Siehste, was du brauchst, sind ein paar Flaschen, die ’n Weilchen reichen. Versteh- ste, was ich meine?«
»Nein.«
»Wozu braucht ’n alter Kerl wie du Haare? Alte Leute wie du, was die brauchen, das issen warmes Plätzchen und ein bißchen Whiskey, stimmt’s nich? Ich sag dir was, Opa. Was hältst du vonnem Tauschgeschäft?«
In seine Bude zurückgekehrt, beschloß Sal, wach zu bleiben und zuzuschauen, wie das Wunder geschah. Daran war kein Sinn für das Wunderbare beteiligt, sondern nur ein technisches Interesse an dem Vorgang. Gegen drei Uhr jedoch wurde er schläfrig und döste auf seinem Stuhl ein, von Leah träumend. Als der Morgen dämmerte, riß er die Augen auf, und seine Hand fuhr an seinen Kopf. Zwischen seinen Fingern war dichtes, rauhes, schmutziges, wunderschönes Haar. Er ging zum Spiegel und schrie vor Freude laut auf. Nicht nur wegen des Haars, sondern auch, weil er nun sicher war, wirklich sicher, daß er es tun konnte, wann immer er wollte, daß er sich alles ertauschen konnte, was er haben wollte.
Dann erinnerte er sich an Jan. Jan war ein großer, muskulöser Bursche mit blondem Haar und dem Temperament eines Cockerspaniels – und der schlechteste Pool-Spieler, der je aus P. S. 19 hervorgegangen war. Sal hatte schon viele Male den Tisch vor Jan abgeräumt; er war sicherlich kein Superspieler, aber neben diesem großen, ungeschlachten Kerl nahm er sich ganz so aus. Jan arbeitete augenblicklich als Chauffeur bei einem Burschen namens Halpert, der unanständig reich sein sollte. Und Halpert war alt. Reich und alt und über Jan zu erreichen – die Kombination stimmte.
Er fand Jan bei Grimski. Er stand auf sein Queue gestützt und hatte sein unschuldiges Vergnügen daran, wie sein Gegenspieler vier Kugeln nacheinander versenkte. Sal zog ihn beiseite und stellte ihm die Frage: Würde er ihn mit seinem Boss bekanntmachen?
»Mr. Halpert?« Jan machte ein langes Gesicht. »Mann, das kann ich nich. Mr. Halpert empfängt niemanden nich, du weißt, wie das is. Er verläßt kaum noch seine Wohnung.«
»Aber ich hab ihm einen Handel vorzuschlagen«, sagte Sal heftig. »Es ist wichtig!«
Jan lachte freundlich. »Der wird über keine Geschäfte reden, Sal, mach dir nix vor. Er is ja ’n komischer alter Kauz, aber so komisch nu auch wieder nich.« Er blickte auf, als sein Gegenspieler eine angespielte Kugel verfehlte und vom Tisch zurücktrat. Jan überblickte
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