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Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten.

Titel: Das Morden ist des Mörders Lust. Geschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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ein Rolls-Royce ›Sil- ver Cloud‹ ohne Chauffeur, denn Sal wollte, daß nur seine Hände das seidig glänzende Lenkrad berührten. Leah mußte tief Luft holen, als sie den Wagen sah. Als sie unter dem Eingangsbaldachin des funkelnden Wohnhauses am East River ausstiegen, sah Leahs Gesicht vor lauter Ver­wirrung fast dümmlich aus. Sie glaubte, er mache Scherze – oder schlimmer, er wäre in irgendwelche einträglichen, aber ruchlosen Geschäfte verwickelt. Er lachte über jeden neuen Ausdruck ihrer Bestürzung. Es war der schönste Tag seines Lebens.
    In der folgenden Woche lud er sie in das teuerste Restau­rant der Stadt ein und startete danach auf der weißen Le­dercouch seines Wohnzimmers einen unbeholfenen Ver­such, sie zu lieben. Sie wehrte ihn ab, aber in ihrem Ver­halten lag keine endgültige Zurückweisung. Er zündete ein echtes Feuer in dem echten Kamin an, und Leah kauerte sich zufrieden davor und beobachtete die tanzenden Flammen. Sal wußte, daß dies der richtige Augenblick war
    der romantische Augenblick, wie ihn Leah erwarten würde, und er sprach die passenden Worte. Sie antwortete lange nicht.
    »Ich weiß einfach nicht, Sal«, sagte sie dann.
    »Was gibt’s da zu wissen? Ich möchte dich heiraten, Leah. Du weißt, daß ich schon immer verrückt nach dir war.« Er legte seinen Arm um ihre Schultern. »Ich kann alles sein, was du willst, Leah. Wenn du willst, daß ich so klug bin wie dein alter Herr, dann könnte ich selbst das sein.« Er bemerkte die dunkle Veränderung in ihrem Aus­druck und sagte: »Es ist der alte Herr, der dir Sorgen macht, nicht wahr? Er mag mich immer noch nicht, was?«
    »Nein«, flüsterte sie. »Er mag dich nicht, Sal.«
    »Und du hältst viel von ihm ...«
    »Es ist nicht bloß, weil er klug ist. Es ist was viel We­sentlicheres, Sal, etwas ...«
    »Etwas, was ich nicht habe?« Er drehte sie zu sich, da­mit sie ihn ansähe. »Was ist es? Sagst du mir, was es ist?«
    »Ich weiß kein Wort dafür …«
    »Dann erfinde eins!«
    »Herz. Mitgefühl. Ich weiß nicht ...«
    »Mitgefühl …«
    »Ich denke, das ist es. Solange ich lebe, solange ich den­ken kann, hat er diese Eigenschaft. Ich möchte nie ohne sie sein, Sal. Kannst du das verstehen?«
    Während Leah zu ihrem morgendlichen Unterricht fort war, besuchte Sal ihren Vater. Der alte Mann schien nicht überrascht, ihn zu sehen, aber in seiner Begrüßung lag ei­ne zusätzliche Feindseligkeit.
    »Seit wann kommst du her, um mich zu besuchen?« knurrte Maitland. »Du weißt doch, daß Leah vormittags nicht da ist.«
    »Ich wollte mit Ihnen reden, Mr. Maitland, unter vier Augen.«
    »Ich hab dir nichts zu sagen, Salvadore.« Sein Gesicht lief rot an. »Wenn’s über Leah ist, dann schon gar nichts. Du weißt, daß ich krank bin, oder? Ich habe nicht mehr lange auf dieser Erde, Salvadore, ein paar Monate, viel­leicht nur Wochen. Ich würde meine Leah nur ungern in den Händen von jemandem wie dir zurücklassen …«
    »Aber Sie irren sich. Ich bin nicht hergekommen, um über Leah zu reden.«
    Der alte Mann schien verwirrt; er hatte wohl eine for­melle Bitte um Leahs Hand befürchtet. »Worüber denn dann?«
    »Über Sie, Mr. Maitland. Sehen Sie, ich weiß, daß Sie mich nie gemocht haben, und ich bin nicht gekommen, damit Sie Ihre Meinung über mich ändern. Ich bin aus ge­schäftlichen Gründen da. Ich möchte einen Handel ab­schließen. Etwas kaufen.«
    »Wovon redest du?«
    »Sie haben etwas, was ich haben möchte, Mr. Maitland. Ich bin bereit, dafür zu zahlen, jeden Preis, den Sie mir nennen. Sie könnten Geld gebrauchen, Mr. Maitland, ich weiß das. Nicht für sich selbst; ich meine, für Leah …«
    »Ich hab nichts, was ich dir verkaufen kann. Ich besitze nichts.«
    »Doch«, sagte Sal eifrig. »Sie haben etwas, was ich wirklich dringend brauche, Mr. Maitland. Ich weiß nicht, wie Sie’s genau nennen würden, Leah meint, es ist so was wie Mitgefühl.«
    »Was ist das eigentlich für ein verrücktes Gerede? Weißt du überhaupt so richtig, wovon du sprichst?«
    »Ich weiß es, haben Sie keine Angst. Viele Leute dachten schon, ich wäre verrückt, wenn ich ihnen diese Art von Han­del anbot. Aber ich war durchaus erfolgreich. Ich gebe Ihnen mein Wort«, sagte er stolz, »ich hatte großen Erfolg!«
    »Du meinst, du kannst so was kaufen? Dafür bezahlen wie für’n Dutzend Eier?«
    »Ich weiß, daß ich’s kann, Mr. Maitland. Alles, was Sie zu tun haben, ist ja zu sagen, und ich gebe Ihnen soviel

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