Das Mordhaus (German Edition)
die Nacht durch schlafen.
Viele Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, während ich ver suchte, ins wohlverdiente Traumland zu gleiten. Hermann ... wie er mich ansah bei unserem Gespräch. Wie er sagte, dass es mir gut getan hat te, die Leichen von Mutter und Tochter zu sehen. Seltsame Be gegnung. Er war mir fremd vorgekommen. Und Kerstin, ach meine lie be Schwester – meine Nichte, mein Schwager Björn, Mama, Papa, bald siehst du sie alle wieder.
Mein letzter Gedanke war: Kerstin ... Lucy ... sie passen ins Beute schema unseres Mörders ...
Dann fiel ich in einen tiefen, tiefen Schlaf.
Ich schreckte auf. Hatte ich einen Albtraum gehabt? Ich sah auf meinen Radiowecker. Zweiundzwanzig Uhr. Ich hatte erst eine Stun de geschlafen.
BAM! BAM! BAM!
Ich sprang aus dem Bett und schaltete das Licht an. Mit zusam mengekniffenen Augen eilte ich zur Wohnungstür. Wer, ver dammt noch mal, hämmerte um diese Uhrzeit an meine Tür? Ich lugte durch den Spion und sah einen weißen Haaransatz. Die Person war zu klein und stand zu dicht vor der Tür, als dass ich das Gesicht hät te sehen können. War es Frau Ploch?
Ich öffnete die Tür und in der Tat – es war meine Nachbarin. Sie fiel mir in Tränen aufgelöst in die Arme.
»Was ist passiert?« Ich zog sie in meine Wohnung und schloss die Tür.
»Claudia ... sie ...«, stammelte Frau Ploch.
»Claudia? Ihre Tochter? Was ist mit ihr?« Ich packte sie fest an den Schultern und sah ihr ins verweinte Gesicht.
Sie holte tief Luft. »Sie wurde überfallen!« Schoss es aus ihr her aus.
»Was?« Ich nahm die alte Frau an die Hand und führte sie ins Wohnzimmer. Behutsam brachte ich sie dazu, sich auf die Couch zu setzen.
Sie schien sich zu beruhigen. »Claudia rief mich eben an. Hat mich aus dem Bett geholt, um diese Zeit schlafe ich doch schon.« Sie rieb sich die Augen. »Vor vier Stunden kamen Claudia und Michaela vom Einkaufen zurück und wurden an ihrem Auto von einem Mann angegriffen.«
Ich schluckte. Das hörte sich nach unserem Täter an! Es passte wie die Faust aufs Auge. Das war genau die Methode, nach der er vor ging, und die passenden Opfer. Mutter und Tochter, Abends allein auf der Straße. Hieß das, Manuela und Anne wa ren schon tot? Warum sonst sollte er sich neue Opfer suchen ...
»Wo ist sie jetzt?«, fragte ich.
»Sie wurde ins Krankenhaus nach Duisburg-Rheinhausen ge bracht. Dort haben sie sie behandelt und danach wurde sie von der Polizei verhört. Deshalb konnte sie mich jetzt erst anrufen. Zum Glück ist den beiden nichts Ernsthaftes passiert. Claudia hat sich mit allen Kräften gewehrt.« Frau Ploch nickte wie in Zeitlupe und ihr Blick verlor sich in den tiefen Weiten meiner Wohnung. »Ich wusste nicht, zu wem ich sonst gehen sollte, Tomas. Kannst du mich zu ihr bringen?« Sie sah mich an. Noch nie hatte ich solch einen traurigen Gesichtsausdruck gesehen. Es stand außer Frage, natürlich würde ich sie ins Krankenhaus bringen. Ich musste so oder so dorthin, um Claudia zu befragen. Sie konnte uns bestimmt ein paar Details zum Täter angeben. Ich war mir fast hundertprozentig sicher, dass es sich um unseren Mörder handelte.
»Selbstverständlich fahre ich Sie hin!« Ich half Frau Ploch hoch und ging mit ihr zur Haustür.
Sie blieb stehen und sah mich von oben bis unten an. Ein zartes, kaum merkliches Lächeln spielte um ihre Lippen. »Willst du dir nicht etwas anziehen, bevor wir fahren, Junge?«
Ich sah an mir hinunter und errötete augenblicklich. Ich sollte mir einen Bademantel zulegen und mir abgewöhnen, nur in Un terhose die Tür zu öffnen ...
In null Komma nichts hatte ich mich angezogen und war mit Frau Ploch zu meinem Auto unterwegs. Ich nutzte die Zeit, um meinen Chef telefonisch zu informieren.
Kapitel 14
»Manchmal tut es verdammt gut, eine zu rauchen, stimmt´s?«
Ich blickte nach rechts. Ein Mann hatte sich zu mir hinaus in die Kälte gesellt. Ich stand vor dem Krankenhaus und genoss meine ers te Zigarette, seitdem ich von Frau Ploch geweckt wor den war. Sie mochte es nicht, wenn ich in ihrer Gegenwart rauch te. Ich hatte sie bis zu dem Zimmer – in dem Tochter und Enkelin lagen – begleitet und ihr gesagt, dass ich unten auf mei nen Vorgesetzten warten musste, bevor wir Claudia befragen konnten. Ich befand mich also doch wieder im Dienst. Nix mit ausschlafen bis sieben Uhr morgen früh ...
Ich lachte. »Ja, das ist wahr. Eine Zigarette wirkt Wunder bei ei nem gestressten Geist.«
Er gab mir die Hand. »Ich
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