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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Stirnrunzeln. »Ich habe alles getan, was Sie verlangt haben. Also, wo ist er?« »Wer?«
    »Der Mann, den ich sprechen möchte. Der Mann namens Allon.«
    »Wie kommen Sie auf die Idee, dass wir Sie auch nur in seine Nähe lassen? Niemand bestellt Gabriel Allon zu sich. Es ist immer umgekehrt.«
    Ein Ober kam zum Tisch gezuckelt. Lavon bestellte in passablem Italienisch zwei Kaffee und eine Portion Tartufo. Dann sah er wieder Ostrowskij an. Der Russe schwitzte nun reichlich und spähte nervös über den Platz. Sein Hemd war vorn feucht, und unter den Achseln wuchsen dunkle Schweißflecken.
    »Bereitet Ihnen etwas Kopfzerbrechen, Boris?«
    »Mir bereitet immer etwas Kopfzerbrechen. Nämlich wie ich am Leben bleibe.«
    »Vor wem haben Sie Angst?«
    »Vor den
silowiki«,
sagte er.
    »Den
silowiki?
Ich fürchte, mein Russisch ist nicht gut genug, Boris.«
    »Ihr Russisch ist sehr gut, mein Freund, und es überrascht mich ein wenig, dass Sie das Wort noch nie gehört haben. So nennen wir die ehemaligen KGB-Leute, die heute mein Land regieren. Sie sehen es nicht gern, wenn man anderer Meinung ist, und das ist noch harmlos ausgedrückt. Wer ihnen in die Quere kommt, den ermorden sie. Sie morden in Moskau. Sie morden in London. Und sie würden nicht zögern, auch hier zu morden« - Ostrowskij sah sich auf dem belebten Platz um -, »im historischen Zentrum Roms.«
    »Nur die Ruhe, Boris. Sie sind sauber. Niemand ist Ihnen hierher gefolgt.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Wir verstehen etwas von unserem Geschäft.«
    »Die anderen sind besser, mein Freund. Sie haben eine Menge Übung. Sie tun das seit der Revolution.«
    »Ein Grund mehr, Sie nicht in die Nähe des Mannes zu lassen, den Sie sprechen möchten. Sagen Sie mir, was Sie zu sagen haben, Boris, und ich leite es an Allon weiter. So ist es für alle Beteiligten viel sicherer. So handhaben wir die Dinge.«
    »Die Informationen, die ich weiterzugeben habe, sind von höchster Wichtigkeit. Ich spreche nur mit ihm und keinem anderen.«
    Der Ober brachte den Kaffee und das Schokoladen-Tartufo. Lavon wartete, bis er sich wieder entfernt hatte, dann sprach er weiter.
    »Ich bin ein guter Freund besagten Mannes. Ich kenne ihn schon sehr lange. Wenn Sie mir die Informationen geben, können Sie sicher sein, dass sie sein Ohr erreichen.«
    »Entweder ich treffe Allon, oder ich fliege morgen Vormittag nach Moskau zurück und treffe mich mit überhaupt niemandem. Sie haben die Wahl.« Da keine Antwort kam, schob der Russe seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich habe mein Leben riskiert, als ich hierhergekommen bin. Viele meiner Journalistenkollegen sind wegen viel weniger umgebracht worden.«
    »Setzen Sie sich«, erwiderte Lavon ruhig. »Sie erregen Aufsehen.«
    Ostrowskij blieb stehen.
    »Ich sagte, Sie sollen sich setzen, Boris.«
    Diesmal gehorchte Ostrowskij. Er war Russe. Er war es gewohnt, Befehle entgegenzunehmen.
    »Sind Sie das erste Mal in Rom?«, fragte Lavon.
    Ostrowskij nickte.
    »Erlauben Sie, dass ich Ihnen hinsichtlich Ihres nächsten Ausflugsziels einen Tipp gebe.«
    Lavon lehnte sich über den Tisch, und Ostrowskij tat es ihm nach. Zwei Minuten später war der russische Journalist wieder auf den Beinen. Diesmal strebte er ostwärts über den Platz in Richtung Tiber. Lavon blieb noch so lange im Tre Sealini, wie er brauchte, um mit dem Handy einen kurzen Anruf zu tätigen. Dann beglich er die Rechnung und ging ihm nach.
     
    Mitten auf dem von den mächtigen Kolonnaden des toskanischen Bildhauers Bernini flankierten Petersplatz erhebt sich der ägyptische Obelisk. Im Jahr 37 von Kaiser Caligula aus Ägypten nach Rom geholt, wurde er 1586 an seinen jetzigen Standort geschafft und aufgestellt - eine technische Meisterleistung, bei der 140 Pferde und 47 Seilwinden zum Einsatz kamen. Zum Schutz vor Terroristen und anderen Bedrohungen der Neuzeit ist der Obelisk heute von braunen Pollern aus Stahlbeton umringt. Auf einem dieser Poller saß Gabriel, als Boris Ostrowskij am Rand des Platzes auftauchte. Durch seine Sonnenbrille beobachtete er, wie der Russe näher kam, dann wandte er sich ab und schritt zügig zu den Metalldetektoren an der Frontseite der Basilika.
    Nach kurzem Anstehen passierte er die Kontrolle ohne das leiseste Piepsen und erklomm die sonnenüberflutete Treppe zum Portikus.
    Von den fünf Türen der Basilika war nur die Bronzetür des Filarete geöffnet. Gabriel mischte sich unter eine große Gruppe vergnügter polnischer Pilger und ließ sich

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