Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
Jemand muss herausfinden, wer dieser Mann ist und für wen er arbeitet.«
    »Ja, das sollte jemand tun.«
    »Vielleicht irre ich mich, Gabriel, aber ich glaube, am King Saul Boulevard haben sie schon einen Kandidaten für den Job.«
    Lavon reichte ihm einen Zettel.
    »Was ist das?«
    »Eine Nachricht von Schamron.« »Was steht drin?«
    »Dass deine Flitterwochen jetzt offiziell zu Ende sind.«
     

10 Flughafen Ben-Gurion, Israel
    Auf dem Flughafen Ben-Gurion gibt es einen VIP-Empfangsraum, den nur wenige Menschen kennen und noch weniger jemals betreten haben. Der Zugang erfolgt über eine unbeschriftete Tür unweit der Passkontrolle. Die Wände sind mit Jerusalemer Kalkstein verkleidet, das Mobiliar besteht aus schwarzen Ledersesseln, und in der Luft hängt ein Geruch nach verbranntem Kaffee und Männerschweiß. Als Gabriel den Raum am Abend darauf betrat, wartete dort ein einzelner Mann auf ihn. Er hockte, die Beine leicht gespreizt und die Hände auf einen Stock aus Olivenholz gestützt, auf der Kante eines Sessels wie ein Reisender auf einem Bahnsteig, der sich auf eine längere Wartezeit eingerichtet hat. Wie immer trug er eine gebügelte Kakihose und ein weißes Oxfordhemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt waren. Sein Schädel hatte die Form eines Projektils und war bis auf einen mönchischen weißen Haarkranz kahl. Seine hässliche Nickelbrille vergrößerte ein blaues Augenpaar, das nicht mehr klar war.
    »Wie lange sitzt du schon hier?«, fragte Gabriel.
    »Seit dem Tag, an dem du nach Italien zurückgekehrt bist«, antwortete Ari Schamron.
    Gabriel musterte ihn.
    »Was siehst du mich so an?«
    »Ich frage mich nur, wieso du nicht rauchst.«
    »Gilah will, dass ich es aufgebe, sonst...«
    »Früher hat dich das nie davon abgehalten.«
    »Diesmal meint sie es ernst.«
    Gabriel küsste Schamron auf die Glatze. »Warum hast du mich nicht von der Fahrbereitschaft abholen lassen?« »Ich war zufällig in der Gegend.«
    »Du wohnst in Tiberias! Du bist jetzt im Ruhestand, Ari. Du solltest bei Gilah sein und all die Jahre wiedergutmachen, in denen du nie zu Hause warst.«
    »Ich gehe niemals in den Ruhestand!« Zur Bekräftigung schlug er mit der Hand auf die Sessellehne. »Außerdem hat Gilah selbst vorgeschlagen, dass ich hier auf dich warten soll. Sie wollte mich ein paar Stunden aus dem Haus haben. Sie hat gesagt, ich bin ihr im Weg.«
    Schamron schloss einen Moment seine trüben Augen und zeigte den Anflug eines Lächelns. Die Menschen, die er liebte, waren ihm, wie seine Macht und sein Einfluss, langsam entglitten. Sein Sohn war Brigadegeneral im Nordkommando der Israelischen Streitkräfte und nutzte jeden Vorwand, um dem berühmten Vater aus dem Weg zu gehen. Gleiches galt für seine Tochter, die nach Jahren im Ausland neuerdings wieder in Israel lebte. Nur Gilah, seine leidgeprüfte Frau, blieb treu an seiner Seite, aber nun, da Schamron keinen offiziellen Posten mehr bekleidete, empfand sogar sie, eine unendlich geduldige Frau, seine ständige Gegenwart als eine Last. Seine wahre Familie waren Männer wie Gabriel, Navot und Lavon - Männer, die er angeworben und ausgebildet hatte, Männer, die nach Überzeugungen handelten, ja sogar eine Sprache sprachen, die er ihnen vorgegeben hatte. Sie waren die geheimen Wächter des Staates, und Ari Schamron war ihr herrschsüchtiger, tyrannischer Vater.
    »Ich bin vor langer Zeit einen törichten Handel eingegangen«, sagte Schamron. »Ich habe mein Leben dem Aufbau und der Verteidigung dieses Landes gewidmet und angenommen, meine Frau und meine Kinder würden mir verzeihen, dass ich sie vernachlässige und kaum zu Hause bin. Aber da habe ich mich offensichtlich geirrt.«
    »Und jetzt willst du, dass es mit meinem Leben dasselbe Ende nimmt.«
    »Soll das eine Anspielung darauf sein, dass ich dich aus den Flitterwochen geholt habe?«
    »Allerdings.«
    »Deine Frau steht noch auf der Gehaltsliste des Dienstes. Sie kennt deine beruflichen Pflichten. Außerdem warst du über einen Monat weg.«
    »Wir hatten ausgemacht, dass ich auf unbestimmte Zeit in Italien bleibe.«
    »Wir haben nichts dergleichen ausgemacht, Gabriel. Du hast eine Forderung gestellt, die ich zum damaligen Zeitpunkt unmöglich ablehnen konnte - nicht nach dem, was du in London gerade durchgemacht hattest.« Schamron verzog sein von Runzeln tief durchfurchtes Gesicht zu einer missbilligenden Grimasse. »Weißt du, was
ich
in meinen Flitterwochen gemacht habe?«
    »Natürlich weiß ich,

Weitere Kostenlose Bücher