Das Moskau-Komplott
was du in deinen Flitterwochen gemacht hast. Das ganze Land weiß, was du in deinen Flitterwochen gemacht hast.«
Schamron schmunzelte. Das war natürlich übertrieben, aber nicht sehr. In den Korridoren und Konferenzräumen der israelischen Geheim- und Sicherheitsdienste war Ari Schamron eine Legende. Er hatte Königshöfe unterwandert, die Geheimnisse von Tyrannen ausspioniert und die Feinde Israels getötet, manchmal mit bloßen Händen. Seinen größten Erfolg hatte er in einer regnerischen Mainacht des Jahres i960 gefeiert, als er in einem schäbigen Vorort im Norden von Buenos Aires aus dem Fond eines Autos sprang und sich Adolf Eichmann, den Architekten des Holocaust, schnappte. Noch heute konnte Schamron in Israel nicht in die Öffentlichkeit gehen, ohne dass er von Überlebenden angesprachen wurde, die einfach nur die Hände berühren wollten, die das Monster am Hals gepackt hatten.
»Gilah und ich wurden im April 47 getraut, auf dem Höhepunkt des Unabhängigkeitskriegs. Ich habe ein Glas zertreten, unsere Freunde und Verwandten riefen
>Masltow<,
dann küsste ich meine frisch angetraute Frau und kehrte zu meiner Palmach-Einheit zurück.«
»Das waren andere Zeiten, Ari.«
»So viel anders auch wieder nicht. Wir haben damals ums Überleben gekämpft, und wir kämpfen heute ums Überleben.« Schamron sah Gabriel durch seine Brille lange prüfend an. »Aber das weißt du ja, nicht wahr, Gabriel? Deshalb hast du meine Nachricht nicht einfach ignoriert und bist nach Umbrien in deine Villa zurückgekehrt.«
»Ich hätte deine erste Nachricht ignorieren sollen. Dann wäre ich jetzt nicht hier.« Er ließ demonstrativ den Blick über das triste Mobiliar gleiten. »Wieder in diesem Raum.«
»Ich war es nicht, der dich gerufen hat. Boris Ostrowskij hat dich gerufen. Und dann hatte er das schreckliche Pech, in deinen Armen zu sterben. Deshalb wirst du jetzt herausfinden, wer ihn getötet hat und warum. Unter den gegebenen Umständen ist es das Mindeste, was du für ihn tun kannst.«
Gabriel blickte auf seine Armbanduhr. »Ist bei Eli alles glattgegangen ?«
Sie waren mit unterschiedlichen Maschinen und auf unterschiedlichen Routen geflogen. Lavon hatte den Direktflug vom Fiumicino zum Ben-Gurion genommen. Gabriel war zuerst nach Frankfurt geflogen, wo er drei Stunden auf den Anschlussflug hatte warten müssen. Er hatte die Zeit dazu genutzt, kilometerweit durch die endlosen Frankfurter Terminals zu streifen und festzustellen, ob russische Killer hinter ihm her waren.
»Eli ist bereits am King Saul Boulevard in einer sicherlich etwas unangenehmen Befragung. Wenn sie mit ihm fertig sind, würden sie auch dich gern in die Mangel nehmen. Wie du dir denken kannst, ist Arnos über den Ausgang in Rom nicht erfreut. In Anbetracht seiner prekären Lage möchte er sichergehen, dass man
dir
die Schuld geben wird und nicht ihm.«
Arnos Scharret war der Direktor des Dienstes. Wie fast alle Spitzen des israelischen Sicherheits- und Militärapparats war er wegen der Pannen im jüngsten Libanonkrieg in die Schusslinie geraten und klammerte sich nun verzweifelt an die Zügel der Macht, die ihm Schamron und dessen Verbündete im Büro des Ministerpräsidenten in aller Stille zu entwinden suchten.
»Jemand sollte Arnos sagen, dass ich an seinem Posten nicht interessiert bin.«
»Er würde es nicht glauben. Arnos wittert überall Feinde. Das ist eine Berufskrankheit.« Schamron rutschte an die Sesselkante vor und stemmte sich mit dem Stock in die Höhe. »Komm«, sagte er. »Ich bring dich nach Hause.«
Ein gepanzerter Peugeot wartete draußen auf dem bewachten VIP-Parkplatz. Sie stiegen hinten ein und fuhren in Richtung judäische Berge.
»Heute Abend, als du in Frankfurt in deine Maschine gestiegen bist, hat sich in Rom etwas getan. Der italienische Justizminister hat den Vatikan in einem Schreiben offiziell um die Erlaubnis ersucht, die polizeilichen Ermittlungen zum Tod Ostrowskijs zu übernehmen. Ich muss dir wohl nicht sagen, wie der Vatikan reagiert hat.«
»Donati hat sofort eingewilligt.«
»Es war der Außenminister des Vatikans, der offiziell geantwortet hat, aber ich bin sicher, dass dein Freund, der Monsignore, ihm souffliert hat. Die italienische Polizei hat sich der Leiche Ostrowskijs bemächtigt und sein Gepäck und seine persönlichen Dinge aus dem Zimmer im Excelsior geholt. Spezialeinheiten durchsuchen zur Stunde das Hotel nach Giften und anderen Gefahrenstoffen. Die Peterskirche ist abgeriegelt und zum
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