Das Moskau-Komplott
bekommen habe. Aus einer Quelle, die sie nicht preisgeben könne ...
»Laut dieser Quelle stand ein Waffenhändler, der enge Kontakte zum Kreml und unserem Präsidenten pflegt, unmittelbar vor dem Abschluss eines größeren Geschäftes, das einige sehr gefährliche Leute in den Besitz einiger sehr gefährlicher Waffen bringen würde.«
»Was für Leute?«
»Leute, gegen die Sie schon Ihr Leben lang kämpfen, Mr. Golani. Leute, die geschworen haben, Ihr Land und den Westen zu vernichten. Leute, die Flugzeuge in Hochhäuser steuern und auf belebten Marktplätzen Bomben zünden.« »Al-Qaida?«
»Oder einer ihrer Ableger.« »Was für Waffen?« »Das wissen wir nicht.« » Konventionelle ? « »Wissen wir nicht.« »Chemische oder biologische?« »Wissen wir nicht.«
»Aber Sie können es nicht ausschließen?«
»Wir können gar nichts ausschließen, Mr. Golani. Nach allem, was wir wissen, könnten es auch >schmutzige< oder sogar Atomwaffen sein.« Sie schwieg einen Augenblick, dann lächelte sie zaghaft, als wolle sie eine peinliche Gesprächspause überspielen. »Vielleicht ist es besser, ich sage Ihnen einfach, was ich weiß.«
Sie sah ihn nun konzentriert an. Gabriel hörte, dass sich zu seiner Linken etwas regte, und warf einen Blick über die Schulter. Stalin hatte neue Gäste zum Nachbartisch geführt: zwei alternde Gangster mit professionellen Begleiterinnen der gehobenen Preisklasse. Olga nahm ebenfalls Notiz von ihnen und sprach weiter.
»Die Quelle, aus der wir den ersten Hinweis auf den Verkauf erhalten haben, ist absolut vertrauenswürdig und hat uns versichert, dass die Information zuverlässig ist. Aber wir können keinen Artikel drucken, der sich nur auf eine einzige Quelle stützt. Im Unterschied zu vielen Konkurrenzblättern ist die
Gaseta
für ihre journalistische Sorgfalt und Gründlichkeit bekannt. Wir sind häufig verklagt worden, weil gewissen Leuten nicht gepasst hat, was wir über sie geschrieben haben, aber wir haben keinen Prozess verloren, nicht einmal vor den korrupten russischen Gerichten.«
»Sie haben daraufhin eigene Recherchen angestellt?«
»Wir sind Journalisten, Mr. Golani. Das ist unser Job. Unsere Nachforschungen haben einige faszinierende Details zutage gefordert, aber nichts Konkretes und nichts, was wir veröffentlichen konnten. Dann haben wir beschlossen, einen Reporter nach Courchevel zu schicken, um den fraglichen Waffenhändler zu beobachten. Der Mann besitzt dort ein Chalet. Ein ziemlich großes Chalet sogar.«
»Der Reporter war Aleksandr Lubin?«
Sie nickte. »Sie kennen die Einzelheiten vermutlich aus Presseberichten. Aleksandr wurde wenige Stunden nach seiner Ankunft ermordet. Offensichtlich als Warnung an die Redaktion, die Finger von der Sache zu lassen. Allerdings hat es genau das Gegenteil bewirkt. Aleksandrs Ermordung war für uns die Bestätigung, dass an der Geschichte etwas dran ist.«
»Also haben Sie weiter gegraben?«
»Vorsichtig. Aber ja, wir haben weiter gegraben. Wir haben eine Menge über die Geschäftspraktiken des Waffenhändlers herausgekriegt, aber nichts Konkretes über einen bestimmten Handel. Schließlich wurde uns die Sache ganz aus den Händen genommen. Völlig überraschend wurde die
Gaseta
von ihrem Eigentümer verkauft. Allerdings glaube ich nicht, dass er es aus eigenem Antrieb getan hat. Ich glaube, Kreml und FSB haben ihn dazu gedrängt. Unser neuer Besitzer hat keinerlei journalistische Erfahrung, und das Erste, was er gemacht hat, war, einen Verleger einzustellen, der noch weniger hat. Dieser Verleger hat uns erklärt, dass er mit Nachrichten aus Politik und Wirtschaft oder investigativem Journalismus nichts zu tun haben will. Ab sofort werde sich die
Gaseta
auf Promi-News, Kultur und das Leben im neuen Russland konzentrieren. Dann hat er sich mit Boris Ostrowskij zusammengesetzt und ist mit ihm die laufenden Projekte durchgegangen. Raten Sie mal, welches als Erstes gestorben ist?«
»Die Recherchen über ein mögliches Geschäft zwischen einem russischen Waffenhändler und der al-Qaida.«
»Genau.«
»Ich vermute, der Zeitpunkt des Besitzerwechsels war kein Zufall.«
»Nein. Unser neuer Besitzer ist ein Komplize des Waffenhändlers. Höchstwahrscheinlich hat der Waffenhändler die gesamte Kaufsumme aufgebracht. Ziemlich bemerkenswert, finden Sie nicht, Mr. Golani? So etwas gibt es nur in Russland.«
Sie fasste in ihre Handtasche und zog eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug hervor. »Stört es Sie?«
Gabriel
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