Das Moskau-Komplott
Alistair gesagt haben, Sie verkaufen Elena das Bild nicht, weil sie Russin ist?«
»Aber natürlich.«
»Würden Sie uns auch verraten, warum?«
»Weil sie Monster sind. Sehen Sie sich doch an, was sie vor ein paar Wochen mit dem armen Kerl im Petersdom gemacht haben. Sehen Sie sich an, wie sie ihre Nachbarn tyrannisieren und erpressen. Wenn die Russen einen neuen Kalten Krieg wollen, na schön, dann sollen sie ihn haben.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Hören Sie, Gentlemen, ich bin vielleicht nicht so schlau oder verschlagen wie mein alter Herr, aber was genau wollen Sie eigentlich von mir?«
»Ich muss ein Treffen mit Elena Charkowa arrangieren.« Gabriel hielt einen Moment inne und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. »Und ich würde es gern hier machen, in Havermore.«
»Wozu müssen Sie sich mit Elena Charkowa treffen?«
Graham Seymour räusperte sich bedächtig. »Leider sind wir nicht befugt, mit Ihnen darüber zu sprechen, Sir John.«
»Dann kann ich Ihnen leider nicht helfen, Graham.«
Seymour blickte zu Gabriel und nickte.
»Wir haben allen Grund zu der Annahme«, sagte Gabriel, »dass Mrs. Charkowa von den Plänen ihres Mannes weiß und sie nicht gutheißt. Außerdem glauben wir, dass sie für eine diskrete Kontaktaufnahme empfänglich wäre.«
»Eine Anwerbung? Wollen Sie das damit sagen? Sie wollen Elena Charkowa bitten, ihren Mann zu verraten -
hier,
in meinem Haus?«
»Ganz genau.«
»Ich muss sagen, der Gedanke fasziniert mich. Wer wird die Kontaktaufnahme machen?« »Ihre amerikanische Nichte.« »Aber ich habe gar keine amerikanische Nichte.« »Jetzt schon.« »Und was ist mit mir?«
»Ich denke, wir könnten ein Double bekommen«, antwortete Seymour. »Einen unserer älteren Mitarbeiter, oder vielleicht sogar einen Ruheständler. Wir haben weiß Gott genug hervorragende Leute, die sich darum reißen würden, mal wieder aktiv zu werden und an einem so ungewöhnlichen Unternehmen wie diesem mitzuwirken.« Seymour verfiel in Schweigen. »Aber es gäbe da noch eine andere Möglichkeit, Sir John. Sie spielen die Rolle selbst. Ihr Vater war einer der größten Täuscher der Geschichte. Er hat uns geholfen, den Deutschen weiszumachen, dass wir bei Calais in der Normandie landen würden. Täuschungsmanöver liegen Ihnen im Blut.«
»Und was passiert, wenn Iwan Charkow irgendwann dahinterkommt? Dann ende ich wie der arme Teufel Litwinenko in der Universitätsklinik, verliere sämtliche Haare und sterbe einen qualvollen Tod.«
»Wir werden dafür sorgen, dass Ihnen Iwan nicht zu nahe kommt. Und dass Sie nie verheiratet waren und keine Kinder haben, erleichtert uns die Aufgabe erheblich.«
»Was ist mit dem alten George und Mrs. Devlin?«
»Denen müssen wir natürlich etwas vormachen. Möglicherweise müssen Sie die beiden sogar entlassen.«
»Ausgeschlossen. Der alte George hat schon für meinen Vater gearbeitet. Und Mrs. Devlin ist seit annähernd dreißig Jahren bei mir. Wir werden wohl um sie herumarbeiten müssen.«
»Dann machen Sie es also?«
Boothby nickte. »Gentlemen, wenn Sie wirklich glauben, dass ich der Aufgabe gewachsen bin, wäre es mir eine Ehre, mich Ihnen anzuschließen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Seymour. »Damit bliebe nur noch die Sache mit dem Bild selbst zu klären. Wenn Elena Charkowa es kaufen will, werden wir es ihr wohl oder übel verkaufen müssen.«
Boothby schlug mit der flachen Hand so fest auf den Tisch, dass das Geschirr und die Gläser klirrten. »Unter keinen Umständen werde ich das Gemälde der Frau eines russischen Waffenhändlers verkaufen.«
Gabriel tupfte sich mit seiner Serviette den Mund ab. »Es gibt noch eine andere Lösung - und die hätte Ihrem Vater gefallen.«
»Was für eine?«
»Eine Täuschung natürlich.«
Sie stiegen unter den vergilbten Porträts verstorbener Boothbys die große Haupttreppe hinauf. Das Kinderzimmer lag im Halbdunkel, als sie eintraten. Boothby zog die schweren Vorhänge auf, und das goldene Cotswold-Licht flutete durch die großen, längs unterteilten Fenster herein. Es fiel auf zwei identische Kinderbetten, zwei identische Kinderkommoden, zwei identische handbemalte Spielzeugtruhen und die
Zwei Kinder am Strand
von Mary Cassatt.
»Mein Vater hat es zwischen den Kriegen in Paris gekauft.
Er hat nicht viel dafür bezahlt, soweit ich mich erinnere. Madame Cassatt war damals aus der Mode gekommen. Meine Mutter und meine Schwestern haben es geliebt, aber ich habe mir offen gestanden
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