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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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ihnen nie etwas tun. Er würde auch nie am helllichten Tag im Petersdom einen lästigen Journalisten ermorden lassen.« Er hielt ein Blatt Papier hoch, das Protokoll eines Telefongesprächs, das die NSA abgefangen hatte. »Fünf Minuten nachdem Iwan das Restaurant verlassen hat, hat er mit Arkadij Medwedew telefoniert, dem Chef seines privaten Sicherheitsdienstes, und ihn angewiesen, Nachforschungen über Michails Vater und das Dillard Center anzustellen.«
    »Und wenn schon. Er wird nur herausfinden, dass Michails Väter tatsächlich Lehrer war und in den frühen Neunzigerjahren nach Amerika ausgewandert ist. Und er wird herausfinden, dass das Dillard Center in einem kleinen Büro komplex in der Massachusetts Avenue in Washington sitzt.«
    »Iwan kennt sich mit Legenden aus, und er kennt sich bestimmt auch mit CIA-Tarnorganisationen aus. Der KGB war Langley auf diesem Gebiet immer um Längen voraus. Die Russen haben ein Netz von Tarnorganisationen rund um den Globus unterhalten, und einige hat zweifellos Iwans Vater geleitet. Iwan hat das KGB-Denken mit der Muttermilch aufgesogen. Er hat es im Blut.«
    »Wenn Iwan Bedenken gegen Sarah und Michail hätte, würde er sie nicht so nahe an sich herankommen lassen. Er würde sie sich vom Leib halten. Und er würde Elena klarmachen, dass sie absolut tabu sind.«
    »Nein, das würde er nicht. Iwan ist ein KGB-Mann. Sollte er den Verdacht haben, dass Sarah und Michail nicht koscher sind, würde er genau das tun, was er jetzt tut. Er würde ein Team von Beschattern auf sie ansetzen. Er würde eine Wanze in ihrem Hotelzimmer verstecken, um sicherzugehen, dass sie wirklich das sind, wofür sie sich ausgeben. Und er würde sie zum Essen einladen, um herauszufinden, wie viel sie über sein Netzwerk wissen.«
    Durch sein Schweigen stimmte ihm Gabriel in diesem Punkt zu.
    »Sag das Essen ab«, fuhr Lavon fort. »Arrangier ein weiteres Zusammentreffen.«
    »Wenn wir absagen, weiß Iwan sofort, dass etwas nicht stimmt. Und bei noch einem Zusammentreffen würde er nie und nimmer an einen Zufall glauben. Wir haben lange genug geflirtet. Elena hat eindeutig Interesse. Es wird Zeit, dass wir die Beziehung vertiefen. Und die einzige Möglichkeit dazu besteht darin, zu dem Essen in Iwans Haus zu gehen.«
    Lavon nahm einen Hühnerknochen und suchte ihn nach Fleischresten ab. »Muss ich dich daran erinnern, für wen Sarah arbeitet? Und muss ich dich außerdem daran erinnern, dass Adrian Carter mit deiner Entscheidung, sie morgen dorthin zu schicken, unter Umständen nicht einverstanden sein wird?«
    »Sarah mag für Langley arbeiten, aber sie gehört zu uns. Im Übrigen habe ich noch gar keine endgültige Entscheidung getroffen.«
    »Was wirst du jetzt tun, Gabriel?«
    »Ich werde noch eine Weile hier sitzen bleiben und darüber nachdenken.«
    Lavon warf den Knochen auf den Haufen und stützte wieder das Kinn in die Hand.
    »Ich werde dir dabei helfen.«
     

40 Saint-Tropez, Frankreich
    Tags darauf kam die Hitze. Ein kräftiger, flammend heißer Wind brachte sie aus dem Süden mit und erfüllte die Luft mit feinem Sandstaub. Die Fußgänger, die sich ins Ortszentrum wagten, blieben im vermeintlich kühlen Schatten, während an der Küste, von der Baie de Pampelonne bis hinunter zum Cap Cartaya, die Strandgänger regungslos unter ihren Sonnenschirmen kauerten oder schmachtend im seichten Wasser hockten. Ein paar Verrückte legten sich in den glühend heißen Sand, und am späten Vormittag sahen sie aus wie Opfer einer Wüstenschlacht. Um die Mittagszeit berichtete ein lokaler Radiosender vom heißesten Tag in Saint-Tropez seit Beginn der amtlichen Aufzeichnungen. Alle waren sich darüber einig, dass die Amerikaner schuld daran waren.
    Die Villa Soleil, Iwan Charkows Anwesen an der Baie de Cavalaire, schien von der schlimmsten Hitze verschont zu bleiben. Unmittelbar hinter der dreieinhalb Meter hohen Schutzmauer befand sich eine breite, kreisförmige Zufahrt, gesäumt von plätschernden Springbrunnen, in denen Nymphen tollten, und üppig blühenden Rabatten, die so tadellos gepflegt waren wie in Hotelprospekten. Die Villa selbst stand hart an den Klippen und zwang der bemerkenswerten Landschaft ihre eigene Schönheit auf. Sie war mehr Palast als Haus, eine endlose Reihe von Loggien, Marmorgängen, Skulpturhallen und riesigen Salons, in denen sich Vorhänge im steten Wind bauschten und wie Großsegel knallten.
    Jeder Flügel des Hauses schien einen einzigartigen Ausblick aufs Meer zu bieten.

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