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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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sie zu uns geschickt. Aber Sie haben ihnen nur einen Teil der Geschichte erzählt. Jetzt müssen Sie uns den Rest erzählen.«
    Da war etwas in seinem Akzent, das sie nicht richtig einordnen konnte. Sie kam zu dem Schluss, dass er ein Reisender war. Ein Mann ohne Wurzeln. Ein Mann, der an vielen Orten gelebt hatte. Ein Mann mit vielen Namen.
    »Für wen arbeiten Sie?«
    »Ich bin bei einer kleinen Behörde beschäftigt, die nur dem Ministerpräsidenten des Staates Israel verantwortlich ist. Aber es sind auch andere Länder beteiligt. Die Aktivitäten Ihres Mannes haben eine internationale Krise ausgelöst. Und auch die Reaktion auf die Krise ist international.«
    »Ist Sarah ebenfalls Israelin?«
    »Nur im Herzen. Sarah ist Amerikanerin. Sie arbeitet für die Central Intelligence Agency.« »Und Michail?«
    »Wie Sie vermutlich an seinem tadellosen Russisch gemerkt haben, wurde er in Moskau geboren. Seine Familie ist nach Israel ausgewandert, als er noch ein kleiner Junge war. Menschen wie Ihr Mann sind schuld daran, dass sie Russland verlassen haben. Und nun hat Ihr Mann vor, hochgefährliche Waffen an Leute zu verkaufen, die geschworen haben, uns zu vernichten.«
    »Wie viel wissen Sie?«
    »Leider sehr wenig. Sonst hätten wir nicht Ihr Leben auf den Kopf gestellt und Sie heute hierhergebracht. Wir wissen nur, dass Ihr Mann einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat. Er hat zwei Menschen getötet, um diesen Pakt geheim zu halten. Und mit Sicherheit werden noch mehr sterben, wenn Sie uns nicht helfen.« Er fasste über den Tisch und nahm ihre Hand. »Werden Sie uns helfen, Elena?«
    »Was erwarten Sie von mir?«
    »Ich möchte, dass Sie zu Ende bringen, was Sie angefangen haben, als Sie sich mit Ihrer alten Freundin Olga Suchowa getroffen haben. Ich möchte, dass Sie mir den Rest der Geschichte erzählen.«
     
    Acht Kilometer östlich von Saint-Tropez ragt eine felsige Landzunge namens Pointe de l'Ay trotzig ins Mittelmeer hinaus. An der Spitze der Landzunge liegt ein kleiner Strand mit feinem Sand, der oft übersehen wird, weil es hier keine Boutiquen, Clubs oder Restaurants gibt. Die junge Frau mit schulterlangem, dunklem Haar und Narben an einem Bein hatte große Sorgfalt aut die Wahl ihres Platzes verwandt und sich für einen abgeschiedenen Sandfleck unterhalb der Felsen entschieden, der ihr einen ungehinderten Blick aufs Meer ermöglichte. Dort hatte sie unter einem schützenden Sonnenschirm einen angenehmen, wenn auch einsamen Nachmittag verbracht, in einem abgegriffenen Taschenbuchroman gelesen, von Zeit zu Zeit von einer Plastikflasche Mineralwasser genippt und mit einem Minifernglas der Marke Zeiss aufs Meer hinaus gespäht zu der riesigen Motorjacht namens
October,
die etwa fünf Kilometer vor der Küste im ruhigen Wasser trieb.
    Um 15.15 Uhr bemerkte sie eine Bewegung des Schiffs, die sie veranlasste, sich aufrechter hinzusetzen. Sie beobachtete es noch eine Weile, um sich zu vergewissern, dass der erste Eindruck nicht getrogen hatte, dann senkte sie das Fernglas und zog einen Blackberry aus ihrer Segeltuch-Tasche. Die Nachricht war kurz, die Übertragung blitzschnell. Zwei Minuten später, nachdem sie einer Bitte um Bestätigung nachgekommen war, legte sie das Gerät in die Tasche zurück und blickte wieder auf die See hinaus. Die Jacht hatte das Wendemanöver beendet und lief nun mit voller Kraft voraus Saint-Tropez an.
Die Party ist etwas früh zu Ende,
dachte das Mädchen und vertauschte das Fernglas wieder mit dem Roman.
Und dabei ist heute so ein herrlicher Tag.
     

44 Massif des Maures, Frankreich
    Elena holte etwas weiter aus, nicht nur ihm, sondern auch sich selbst zuliebe. Es sei Herbst gewesen, sagte sie. November.
Mitte
November, wie sie der Genauigkeit halber hinzufügte. Sie und Iwan hätten sich in ihrer Datscha nördlich von Moskau aufgehalten, einem Palast aus Kiefernholz und Glas, der auf den Überresten einer kleineren Datscha errichtet worden sei, die Iwans Vater von Sowjetführer Leonid Breschnew geschenkt bekommen habe. Es habe heftig geschneit. Dichtes russisches Schneetreiben. Wie ein Ascheregen nach einem Vulkanausbruch.
    »Iwan erhielt am späten Abend einen Anruf. Nachdem er aufgelegt hatte, sagte er zu mir, dass in ein paar Stunden einige Geschäftspartner zu einer wichtigen Besprechung ins Haus kommen würden. Die Namen dieser Geschäftspartner hat er mir nicht genannt, und ich habe mich gehütet, danach zu fragen. Den ganzen restlichen Abend war er nervös. Ist ruhelos auf

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