Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Teufel geht hier vor?«, wisperte Fiona mit weit aufgerissenen Augen. Sie war sehr blass geworden. Die roten Handabdrücke, Schwellungen und Schnitte, die Brandts Grausamkeiten hinterlassen hatten, zeichneten sich deutlich auf ihrer schönen, weichen Haut ab.
»Verdammt, ich weiß es nicht«, flüsterte Smith ihr ins Ohr.
Eine gespenstische Stille breitete sich über den unkrautüberwucherten Friedhof. Vorsichtig wandte Smith den Kopf und musterte das Gelände genauer. Der Friedhof lag in einer kleinen Vertiefung, die ringsherum von sanft ansteigenden Hügeln umgeben war. Auf einem dieser Hügel standen die Klosterruinen, auf den anderen Birken- und Kiefernwäldchen.
Plötzlich hörte Jon in der Nähe tote Zweige knacken, irgendjemand kroch durch die abgestorbenen Unkräuter und Gräser auf sie zu. Brandts letzter überlebender Mann war hinter ihnen her, erkannte Jon kühl. Er schlich vorsichtig von Deckung zu Deckung, um der Aufmerksamkeit des Scharfschützen, der irgendwo unter den Bäumen lauerte, zu entgehen. Dem Geräusch nach zu urteilen schlug Brandts Mann einen weiten Bogen zu ihrer Linken und pirschte sich durch den Wirrwarr aus Kreuzen und Gräbern, der sie noch voneinander trennte.
Smith beugte sich zu Fiona. »Sie gehen in diese Richtung«, flüsterte er, indem er mit dem Kinn nach rechts deutete, weg von dem unheimlichen Knacken, das verstohlen, aber stetig näherkam. »Laufen Sie ein paar Meter. Sobald Sie eine gute neue Deckung gefunden haben, machen Sie Krach. So viel Sie können. Verstanden?«
Fiona nickte stumm. Eilig rollte sie sich über die festgefrorene, schneebedeckte Erde.
Auch Jon wechselte die Position und robbte so leise wie möglich nach links. Nachdem er eine schmale Lücke zwischen zwei Gedenktafeln passiert hatte, erreichte er die nächsten beiden Grabsteine,
die aneinanderlehnten wie Betrunkene. Hinter dem größeren, einer soliden Platte aus dunklem Stein, blieb er liegen und lauschte gespannt. Wieder raschelten Gräser. Der kahlrasierte Killer schlich sich durch den Schnee und das hohe Gras langsam näher heran.
Hastig rollte Smith sich auf den Rücken, zog die Beine an die Brust und blieb derart zusammengekrümmt liegen, um jederzeit zutreten zu können. Mit etwas Glück hatte er eine Chance. Aber nur eine, das wusste er. Wenn er die verpatzte, war er ein toter Mann.
Zu seiner Rechten hörte er einen dumpfen Schlag, dann noch einen und noch einen, und schließlich etwas, das sich so anhörte, als wäre jemand vor lauter Angst und Enttäuschung in Tränen ausgebrochen. Fiona spielte ihre Rolle sehr gut, dachte er, sie imitierte die Geräusche, die eine verängstigte Frau in panischer Flucht über einen Friedhof gemacht hätte.
Jon hielt lauernd den Atem an.
Flach auf dem Bauch schlängelte sich Brandts Killer hinter der verwitterten Kante der großen Steinplatte hervor. Da er dachte, er hätte die Position der beiden Amerikaner entdeckt, wollte er mit der 9mm-Makarow in der rechten Hand schnell hinter ihnen her. Sein Kopf fuhr herum zu Smith, der auf dem Rücken lag und ihn anstarrte.
Jon sah, wie sein Gegner entsetzt die Augen aufriss. In dem Augenblick stieß er mit beiden Füßen zu und traf den Killer mit voller Wucht direkt im Gesicht. Er spürte Knochen brechen und registrierte, wie der Kopf seines Gegners beim Aufprall nach hinten gestoßen wurde. Blutspritzer landeten auf Jons Schuhen.
Er trat noch einmal zu.
Der kahlrasierte Mann wich zurück, um der zweiten Attacke des Amerikaners zu entgehen. Unterhalb der zornsprühenden Augen war sein Gesicht nur noch eine grauenvolle Maske aus zerschmetterten Knochen und eingeschlagenen Zähnen. Wütend
und voller Schmerzen richtete er sich auf und legte auf Smiths Kopf an.
Ein dritter Schuss peitschte über den Friedhof und hallte in der kleinen Vertiefung wider.
Der in den Rücken getroffene Killer stieß noch einen Schrei aus, griff sich verzweifelt an das riesige Loch, das das Projektil in seinen Bauch gerissen hatte und klappte über dem großen Grabstein zusammen, sodass Kopf und Hände im Unkraut baumelten. Sein Blut rann über den Grabstein, sammelte sich am Boden und färbte den weißen, verharschten Schnee widerlich pink.
Langsam und qualvoll setzte Jon sich auf. Er schob sich von dem Toten fort, lehnte seinen Kopf dankbar gegen den eiskalten Stein eines anderen Grabmals und wartete darauf, dass seine Nerven sich wieder beruhigten.
»Colonel?«, rief eine leise Stimme. Es war Fiona Devin. »Sind Sie noch in
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