Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
versetzt. »Meine Güte, Fred. Das wird nicht einfach werden, oder?«
»Nein, Sir«, antwortete Klein fest. »Ganz und gar nicht.«
Nahe der russisch-ukrainischen Grenze
Schnee fiel auf die brachen Felder und bewaldeten Hügel und wurde von zunehmenden Windstößen aus dem Osten verweht. Durch die dichten Wolkenmassen am Himmel war die Mittagssonne nicht zu sehen. Vor der eventuellen Entdeckung durch einen amerikanischen Fotoaufklärungssatelliten geschützt, drängten sich T-90 und T-72 Panzer, BMP-3 Schützenpanzer und schwere selbstfahrende Artilleriegeschütze entlang der schmalen Straßen und Holzabfuhrwege, die sich südwärts durch die Wälder zur Grenze schlängelten.
Hunderte von Fahrzeugen standen still, bereits dick bedeckt vom schnell fallenden Schnee. Tausende von Männern waren stramm in Linie angetreten und warteten auf das Startsignal.
Plötzlich stieg im Süden eine weiße Leuchtrakete in den Himmel und platzte unterhalb der Wolkendecke. Pfeifen schrillten entlang der wartenden Soldatenreihen. Augenblicklich teilten sich die starren Formationen in Panzerbesatzungen, Infanterietruppen und Geschützbediener, die allesamt zu ihren Fahrzeugen stürzten.
Hauptmann Andrei Judenitsch zog sich am niedrigen runden Turm seines T-90 Panzers hoch und ließ sich dann gewandt in die offene Kommandantenkuppel gleiten. Mit einer Leichtigkeit, die ständige Praxis verriet, setzte er sein Headset auf und verband es mit der Funkanlage des Panzers. Er sah nach unten, kontrollierte die Einstellungen und vergewisserte sich, dass das Mikrofon auf »interne Kommunikation« stand. Wie alle anderen Einheiten der 4. Gardepanzerdivision hatte er nach wie vor die strikte Anweisung, Funkstille einzuhalten.
Für Judenitsch und seine Männer waren die letzten vierundzwanzig Stunden wie im Flug vergangen, sie hatten alle Hände voll zu tun gehabt – Auftanken, Verstauen von Munition und Nahrung sowie letzte Wartungsarbeiten an allen wichtigen Systemen –, um ihre Panzer und andere Fahrzeuge auf einen möglichen Kampfeinsatz vorzubereiten. Noch wusste niemand genau, warum sie wirklich an diesem Ort stationiert worden waren, doch in den getarnten Unterkünften war immer häufiger und überzeugender von einem bevorstehenden Krieg die Rede gewesen. Und die Behauptungen der führenden Offiziere, dass dies alles nur eine ausgeklügelte Bereitschaftsübung wäre, klangen zunehmend unglaubwürdig.
Der Hauptmann blickte auf, eine neue Leuchtrakete flog über den Himmel. Diesmal eine rote. Er schaltete sein Mikrofon ein. »Achtung. Fahrer, Maschine an!«
Dröhnend erwachte der mächtige Dieselmotor des T-90 zum Leben, genau wie alle anderen Fahrzeuge in der Reihe. Wolken aus dichtem schwarzem Rauch zogen über die weißen Schneefelder in die dunklen Wälder.
Da stieg eine dritte Leuchtrakete auf, eine grüne.
Mit konzentriertem Blick wartete Judenitsch, dass die Panzer vor ihm anrollten und er seinem Fahrer den Befehl zum Vorrücken geben konnte. Einer nach dem anderen, an der Spitze angefangen, setzten die massiven Panzerfahrzeuge sich rasselnd in Bewegung, mit klirrenden Ketten rumpelten sie nach Süden, auf die neuen Sammelgebiete zu, die in geringerer Schussweite zur ukrainischen Grenze lagen.
Der Countdown zum Krieg hatte begonnen.
Kapitel vierundvierzig
Rom
Der Flughafen Ciampino liegt am Rande von Rom, nur fünfzehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Gepflügte Felder, Grünflächen, Vorstadthäuser, niedrige Apartmentblocks und Fabriken umgeben den kleinen Flughafen mit nur einer Startbahn. Ciampino wird von seinem größeren Rivalen Fiumicino in den Schatten gestellt und inzwischen hauptsächlich von internationalen Billigfliegern und kleineren Privat-, Regierungs- oder Firmenflugzeugen angesteuert.
Kurz nach fünfzehn Uhr Ortszeit durchbrach ein zweimotoriger Firmenjet die niedrige Wolkendecke, schwebte parallel zur Via Appia Nuova allmählich auf den Flughafen zu und ging in den Landeanflug. Nur wenige Meter hinter der Markierung setzte er auf, bremste hart ab und rollte langsam an dem kleinen Terminal vorbei, der von den Charterfluggesellschaften genutzt wurde.
Am Ende der Piste bog das Flugzeug nach links ab und kam auf einem Vorfeld aus Beton zum Stillstand, das normalerweise Frachtmaschinen vorbehalten war. Zwei Mercedes-Limousinen warteten bereits.
Aus dem Flugzeug stiegen acht Männer, alle in Winterkleidung. Sechs von ihnen bildeten einen engen Kreis um den siebten, einen älteren, weißhaarigen Mann,
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