Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
ist diese Frau, Oberst?«, knurrte er. »Der General hat Sie allein zu diesem Treffen bestellt. Nur Sie. Sonst niemanden.«
Khalifa verzog das Gesicht. »Sie ist die Cousine meiner Frau«, stammelte er unbehaglich. »Sie hatte Angst, vom Markt allein nach Hause zu gehen. Man hat ihr erzählt, dass die Amerikaner und ihre irakischen Schosshündchen, die schiitischen Kollaborateure, alle Frauen vergewaltigen, die allein unterwegs sind, ohne einen Mann zu ihrem Schutz. Aber ich habe ihr gesagt, ich nehme sie nur bis hierhin mit.«
Die Frau senkte züchtig die dunklen Augen.
Stirnrunzelnd trat der Wachmann näher. »Sie haben unsere Sicherheitsvorschriften missachtet«, zischte er. »Der General wird das erfahren müssen. Bringen Sie die Frau hinein.«
»Raid-Eins hier ist das Scharfschützen-Kommando«, hörte sie über Funk. »Wir warten.«
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schaute die schlanke Frau auf. »Scharfschützen feuern«, sagte sie. »Alle Teams los. Jetzt!«
Als er den Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, weiteten sich die Augen des Wachmanns plötzlich alarmiert. Er hob die Kalaschnikow und legte den Feuerwahlhebel um.
Man hörte nur zwei dumpfe Einschläge. Beide Wachmänner sanken in einem Blutregen zusammen; Projektile aus einem leistungsstarken Gewehr von einem mehr als hundert Meter entfernten Dach, hatten sie in den Kopf getroffen. Noch ehe ihre Leichen auf dem Boden aufschlugen, standen sechs Männern, die vor einem nahen Teeladen herumgelungert hatten, abrupt auf und eilten
auf das offene Tor zu. Dabei zogen sie schallgedämpfte Heckler & Koch MP5SD6-Maschinenpistolen, die unter ihren lose sitzenden Jacketts verborgen gewesen waren. Zwei der Bewaffneten schleiften die Leichen in den Hof und legten sie im dunklen Schatten einer Mauer ab. Dann drehten sie sich um und schlenderten zum Tor zurück, um den Platz der toten Wachen einzunehmen. Niemandem, der aus dem Haus sah, wäre irgendetwas aufgefallen.
Die Frau holte ihre Pistole, eine 9mm-Beretta mit Schalldämpfer, unter den Einkäufen in ihrer Tasche hervor. Zusammen mit Khalifa und den vier anderen Männern schlich sie sich in den Hof, wobei sie darauf achtete, im Schatten zu bleiben. Schnell schaute sie auf die Uhr. Weniger als dreißig Sekunden waren vergangen. Leise Musik, das unheimliche Klagelied eines populären arabischen Sängers, die vom syrischen Staatsradio übertragen wurde, drang durch die vergitterten Fenster des Hauses.
Zufrieden dirigierte sie das Zugriffsteam zur Haustür.
Paarweise sprinteten die vier Männer die Eingangsstufen hoch. Während die anderen ihm Feuerschutz gaben, überprüfte der Anführer die massive Holztür – sie war unverschlossen. Er nickte seinem Team einmal zu und hielt drei Finger hoch, um ihnen den Beginn eines Drei-Sekunden-Countdowns anzukündigen.
Sie machten sich bereit. Eins. Zwei. Drei.
Knallhart trat der Anführer die Tür ein und stürzte ins Haus, dicht gefolgt von seinen Kameraden. Man hörte gedämpfte Schreie, die sofort vom heiseren Stottern einer schallgedämpften Maschinenpistole erstickt wurden.
Die Frau blieb mit der gezückten Waffe in der Hand neben der offenen Tür hocken. Mit mittlerweile unübersehbarem Zittern wartete Khalifa geduckt hinter ihr. Verzweifelt schickte der ehemalige Mukhabarat-Oberst geflüsterte Gebete zum Himmel. Ohne ihn zu beachten lauschte die Frau den knappen Berichten aus ihrem Ohrhörer.
»Hausflur und Vorderzimmer gesichert. Zwei Gegner am Boden.«
»Hinterzimmer gesichert.«
Eine Maschinenpistole ratterte kurz.
»Treppe gesichert. Ein Gegner am Boden.«
Irgendwo im Haus ertönte erneut Geschrei, das abermals von einem schnellen Feuerstoß aus einer schallgedämpften Maschinenpistole zum Schweigen gebracht wurde.
»Oberstes Stockwerk gesichert«, meldete eine ruhige, selbstbewusste Stimme über Funk. »Zwei weitere Gegner am Boden. Wir haben einen Gefangenen. Raid-Eins, hier Sturm-Eins. Das Haus ist sauber. Keine eigenen Verluste.«
Die Frau richtete sich auf. »Verstanden«, sagte sie leise in das Kehlkopfmikrofon unter ihrer Abaja . »Ich komme mit Quelle-Eins herein.« Sie bedeutete Khalifa mit ihrer Beretta, vor ihr durch die Tür zu gehen.
Im Haus stolperte man fast über all die Toten, die zwischen leeren Patronenhülsen auf dem Fliesenboden lagen. Die meisten waren erschossen worden, während sie nach ihren Waffen griffen – einer Ansammlung aus sowjetischen Sturmgewehren und Pistolen. Leicht metallischer Blutgeruch mischte
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