Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Martinshörner lauter wurden. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Die Russen würden gleich da sein. Schließlich blaffte er: »Wir überlassen sie der Milizija und holen sie ab, sobald sie in Gewahrsam sind. Zu Fuß kommen Smith und seine Freunde nicht weit.«
Smith drückte sich hinter dem hell lodernden Geländewagen flach auf den Boden. So nah an den Flammen konnte er spüren, wie die Hitze sein Gesicht versengte. Der beißende Rauch aus dem Feuerinferno ließ seine Augen tränen. Er atmete flach und bemühte sich, nicht allzu viel von den ätzenden Dämpfen in die Lunge zu saugen. Als die Rauchwolke über die Straße waberte, verringerte sich die Sichtweite um sie herum auf nur wenige Meter. Er schaute zu Kirow und Fiona hinüber.
Der Russe nickte befriedigt. »Gehen wir.«
Auf der Stelle drehten sie sich um und liefen davon. Kirow führte sie zu einem kleinen zweitürigen Wagen, einem schäbigen, eierschalenfarbenen Moskwitsch, der ganz offensichtlich schon einige Unfälle und harte Winter überstanden hatte. Er war motorisiert wie ein Rasenmäher und die alte Maschine stotterte noch vor sich hin, denn der Fahrer hatte den Wagen im Leerlauf stehen lassen.
Jon nickte beifällig; er war zufrieden mit der Wahl des Russen. Von all den Autos, die verlassen auf der Straße standen, war der Moskwitsch der billigste, farbloseste und unauffälligste. Auf Moskaus Straßen fuhren zehntausende davon herum. Selbst wenn jemand sie am Steuer dieses kleinen Wagens entdeckte, würde es der
Polizei sehr schwer fallen, ihn zwischen all den anderen herauszupicken.
Fiona kletterte auf den schmalen Rücksitz, während Smith und Kirow vorn Platz nahmen, der ältere Mann auf dem Fahrersitz. Krachend legte der Russe den Rückwärtsgang ein, setzte zurück und riss das Steuer hart herum. Der Moskwitsch wendete in einem Halbkreis.
Mit absichtlich gemäßigtem Tempo, deutlich unterhalb der angegebenen Höchstgeschwindigkeit, fuhr Kirow nach Osten.
»Oleg«, sagte Fiona plötzlich warnend. Sie beugte sich vor und deutete über die kräftige Schulter des Russen hinweg durch die schmutzige Windschutzscheibe nach draußen. Blinkende Blaulichter kamen in Sicht und näherten sich in hohem Tempo auf der Gegenfahrbahn. »Wir bekommen Besuch.«
Die ersten Polizeiautos trafen an dem Ort ein, von dem ein Unfall und eine Schießerei gemeldet worden waren.
Kirow nickte ungerührt. »Das sehe ich.« Er kurbelte am Lenkrad und bog umgehend in eine schmalere Seitenstraße ein. Ein kleines Stück fuhr er noch weiter, dann hielt er am Bordstein, direkt vor der Botschaft der Mongolei. Auf der anderen Straßenseite, in einem eleganten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert, war die litauische Botschaft untergebracht. Der ehemalige FSB-Offizier griff nach unten und schaltete die Scheinwerfer des kleinen Autos ab. Den Motor ließ er laufen.
Smith drehte sich auf seinem engen Sitz um und verrenkte sich den Hals, um durch die winzige Heckscheibe des Moskwitsch spähen zu können.
Sekunden später raste der erste Polizeiwagen an der kleinen Seitenstraße vorbei; ohne das Tempo zu drosseln jagte er westwärts die Powarskaja entlang.
Hinter ihm kamen noch mehr, mit heulendem Martinshorn flitzte ein Auto nach dem anderen vorüber.
Alle atmeten erleichtert aus. Langsam griff Kirow nach unten
und legte den Gang ein. Dann fuhr er los und steuerte den Moskwitsch nach Süden, tiefer in den Arbat-Distrikt hinein.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Smith leise.
Der Ältere zuckte die Achseln. »Zuerst suchen wir uns einen Platz, an dem wir dieses gestohlene Auto so unauffällig wie möglich loswerden können. Und dann finden wir einen Unterschlupf für Sie und Ms. Devin.«
»Und danach?«
»Ich versuche, mir etwas einfallen zu lassen, um Sie beide schnellstmöglich aus Russland hinauszuschaffen«, erwiderte Kirow ausdruckslos. »Nach dem, was heute Nacht geschehen ist, wird der Kreml den gesamten Sicherheitsapparat mobilisieren, um Sie zu jagen.«
»Wir werden nicht gehen, Oleg«, sagte Fiona Devin nachdrücklich. »Noch nicht, jedenfalls.«
»Fiona!«, protestierte Kirow. »Sei doch nicht dumm! Was glaubst du, was du erreichst, wenn du in Moskau in bleibst?«
»Ich weiß es noch nicht«, entgegnete sie störrisch. »Aber ich weiß, dass wir immer noch einen Auftrag zu erledigen haben. Und solange das so ist, werde ich nicht den Schwanz einziehen und verschwinden.«
Fiona hielt die blutbespritzte Mappe hoch. »Die Verbrecher da hinten haben Elena
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